Ploetzlich Shakespeare
beschwichtigen.
«Aber ich!»
«Ich glaube, wir müssen uns dringend mal unterhalten», sagte ich nun völlig genervt zu Shakespeare.
«Worüber?», fragte Malvolio.
«Dich hab ich nicht gemeint, du Idiot.»
«Ähem... wen denn dann?», fragte er irritiert, nachdem er sich umgesehen hatte und niemanden entdecken konnte.
«Einen anderen Idioten», erwiderte ich und ging von dannen. Mir war klar, dass ich hier nicht in Ruhe Shakespeare zusammenstauchen konnte. Ich eilte also aus dem Gebäude, sah das Hecken-Labyrinth und dachte mir, der perfekte Ort für ein ungestörtes Gespräch. Nur wenige Minuten später sollte sich herausstellen, dass es sich bei diesem Gedanken um eine völlige Fehlannahme handelte.
Ich ging in das Labyrinth, von einem verschlungenen Weg in den nächsten, und schon schnell verstand ich, warum einige reiche Leute sich so ein Ding in den Prachtgarten stellten: Man fühlte sich darin ganz schnell der normalen Welt entrissen. Als wäre man in einem anderen, abgeschiedenen Land.
An einer der akkurat geschnittenen Hecken stand eine Holzbank. Keine schlichte, wie man sie bei uns in öffentlichen Parks fand, sondern eine handgeschnitzte mit vielen Verzierungen, die allesamt den Bruder der Gräfin abbildeten. Man konnte fast den Eindruck bekommen, dass es sich bei dem Verstorbenen um den Heiland handelte. Ich setzte mich darauf und atmete erst einmal tief durch. Nachdem ich meine Gedanken etwas sortiert hatte, wandte ich mich an Shakespeare: «Ich sag es noch ein letztes Mal: Du musst diese Frau vergessen.»
«Weißt du, was ich allmählich vermute, Rosa?»
«Nein, aber du wirst es mir sicherlich gleich sagen.»
«Du bist eifersüchtig auf die Gräfin.»
«Ich soll eifersüchtig sein?», rief ich empört aus.
«Du liebst Essex, das liegt auf der Hand, leugnen ist da zwecklos.»
Ich schwieg weiter.
«Du hast ihn geküsst! Und zwar leidenschaftlich.»
Er pampte mich regelrecht an, man konnte fast glauben, dass er genauso auf Essex eifersüchtig war wie ich auf die Gräfin.
Meine Stimme war viel zu barsch. Doch ich verstand einfach nicht, warum Frauen sich zu solch tumben Toren wie Essex hingezogen fühlten. Besonders wenn es sich um so geistreiche Wesen wie Rosa handelte. Da sie immer noch schwieg, stichelte ich weiter:«Und am liebsten hättest du mit ihm zu Bett gelegen.»
Jetzt mochte ich nicht mehr länger schweigen und protestierte: «Ich wollte nicht mit Essex schlafen!»
«Das ist aber sehr erfreulich zu hören», kommentierte eine weibliche, frostige Stimme. Ich sah erschrocken auf und sah direkt vor mir ... die Queen. Es war die verdammte Queen!
«Fuck!», rief ich gedankenlos aus.
«Das ist sehr rüde, Shakespeare», rügte die Queen, die ein blau-goldenes Kleid an hatte und eine kleine Ausgehkrone auf dem Kopf trug.
«Rosa», erklärte ich panisch, «die Queen hat schon Menschen aus viel nichtigeren Anlässen lebendig begraben lassen.»
Lebendig begraben? Mich fröstelte bei der Vorstellung. Ich musste mich irgendwie rausreden: «Ich ... ich ... ich hab nicht gesagt...»
«Was denn dann?», wollte die Queen wissen.
Gute Frage.
Während ich nachdachte, legte die Queen den Kopf leicht zur Seite wie ein Raubvogel. «Ähem ... ich meinte Fagott», stammelte ich leise.
«Fagott?»
«Fagott?», fragte auch die Queen irritiert, und ich erklärte schwach: «Das Instrument...»
«Sie weiß, was ein Fagott ist», seufzte ich.
«Ich weiß, was ein Fagott ist», erwiderte die Queen scharf.
«Was habe ich gesagt?»
Die Königin sah jetzt nicht nur so aus, als ob sie mich lebendig begraben lassen möchte, sondern als ob sie mir auch noch als Dreingabe einen Schwarm Termiten mit in den Sarg legen wollte. Dann stellte sie, nicht ganz zu Unrecht, fest: «Hier ist weit und breit kein Fagott zu sehen.»
«Ähem», stammelte ich, «ich meinte, ...ich würde gerne mal Fagott spielen.»
«Sie sehen mich und rufen bei meinem Anblick aus, dass Sie gerne Fagott spielen würden?» Die Königin hatte nun einen -Gesichtsausdruck.
«Ähem, ja... Ihnen zu Ehren», antwortete ich kleinlaut.
«Sie wünschen sich also, mir zu Ehren Fagott zu spielen?»
Ich grinste als Antwort etwas debil.
«Was Besseres fällt Ihnen als Ausrede für Ihren üblen Fluch nicht ein?»
«Das wollte ich auch gerade fragen.»
«Leider nein», antwortete ich noch viel kleinlauter. Die Königin legte den Kopf noch ein bisschen mehr zur Seite, und man konnte fast
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