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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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irgendwo in den Tiefen meines ... seines ... unseres ... Hirnes. Es war ihm gegönnt, auch für ihn waren diese Zeiten mit mir sicherlich anstrengend. Ich hoffte nur, dass er den Rest der gestrigen Nacht wirklich nur zum Waschen und Klamottenwechseln genutzt hatte und nicht zu irgendeiner Defloration.
    Die Kutsche fuhr aus der Stadt hinaus, und die Luft wurde gleich viel besser. Die Wiesen blühten mit wunderbaren gelben und roten Blumen, denen es sichtlich gut tat, dass saurer Regen und Kohlenmonoxid-Ausstoß noch nicht erfunden waren. Der Anblick dieser Wiesen war wunderschön und lenkte mich von den abgeschlagenen Köpfen ab. Leider brachte er mich auch dazu, mir auszumalen, wie schön es wäre, durch sie mit Jan/Essex zu lustwandeln. Selbstverständlich besaß ich in dieser Phantasie meinen Rosa-Körper. Ansonsten hätte sie ja auch eine -Anmutung gehabt.
    Nach einigen Kilometern Fahrt durch diese wunderschöne Landschaft erreichten wir ein kleines Schloss. Es war ein richtiges Schloss, nicht so ein englisches Landhaus, wie man es aus den Jane-Austen-Filmen kennt. Wir fuhren über die Zugbrücke, durch das offene Tor hindurch und an einem wunderschönen Garten vorbei, in dem ein Hecken-Labyrinth stand. Die ganze Anlage wirkte bezaubernd, und ich dachte mir: Wenn ich eine Gräfin wäre, würde ich auch so ein Schloss haben wollen.
    Die Kutsche hielt vor der Pforte, ich stieg aus und klopfte an die schwere Eichentür. Nach einigen Augenblicken öffnete ein älterer Herr in weißen Strumpfhosen, blauer Jacke, roter Weste und einer Kappe, die entfernt an die Dinger erinnerte, die die Menschen bei «Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht» trugen. Der Mann wirkte sehr steif und näselte: «Mein Name ist Malvolio, und ich bin der Majordomus des Hauses.»
    «Okay...», antwortete ich, ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben, was ein Majordomus eigentlich ist.
    «Und wer sind Sie?», wollte der Mann nun wissen.
    «Ich heiße William Shakespeare.» Es war das erste Mal, dass ich den Namen ganz ohne Zögern über die Lippen brachte.
    «Und was ist Ihr Begehr?», fragte er.
     «Ich möchte zur Gräfin.»
    «Gerne, Sie müssen sich nur ein kleines bisschen gedulden.»
    «Wie lange?»
    «Sieben Jahre», lächelte er und schloss die Tür vor meiner Nase.
    Sieben Jahre? Diese Frau meinte es wirklich ernst mit ihrem Gelübde, das Andenken ihres verstorbenen Bruders zu bewahren und während dieser langen Trauerphase keinen Mann sehen zu wollen.
    Kurz entschlossen ging ich um das Schloss herum, fand ein offenes Fenster und stieg ein. Drinnen war es viel ungemütlicher als im Garten. An den Wänden hingen mehr ausgestopfte Tiere als in einer Tiroler Schankwirtschaft. Und zwischen den ganzen Tierkadavern hingen lauter Gemälde von einem jungen, etwas gedrungen wirkenden Mann. Man sah ihn bei der Jagd, beim Fechten oder beim albernen Starren durch die Gegend, wie man es nur von Leuten kennt, die auf Ölgemälde gebannt wurden. Höchstwahrscheinlich war dieser Mann der verstorbene Bruder, um den Maria so sehr trauerte. Ich hoffte mal, dass sich dies nicht um eine Geschwisterliebe handelte, bei der man als normal sozialisierter Mensch «verdammte Inzucht» ausrief.
    Am Ende des Ganges entdeckte ich eine offene Tür, die aus dem Landhaus heraus in den hinteren Bereich des Anwesens führte. Plötzlich hörte ich hinter mir Schritte und das Schnaufen des Majordomus. Ich hastete aus der Tür heraus und auf einen kleinen Seerosenteich zu. Der Majordomus folgte mir nicht, hatte mich also nicht gehört. Ich atmete auf, da hörte ich erneut andere Schritte, leichtere diesmal. Ich blickte mich um, und die Gräfin kam heraus. Sie sah genauso aus wie Olivia, hatte ihr Haar hochgesteckt, ein Handtuch in der Hand, aber vor allen Dingen: Sie war splitterfasernackt. Anscheinend wollte sie in ihrem kleinen See baden. Noch hatte sie mich nicht entdeckt, aber wenn die Gräfin mich jetzt sähe, würde sie sicherlich um Hilfe schreien. Und dann wäre sie bestimmt nicht so offen für mein Anliegen, und der Boss des Geheimdienstes Walsingham würde seine Drohung wahr machen, mir an den Kragen zu gehen.
    Auf der anderen Seite, wäre dieser Essex für mich frei und wir könnten uns wieder küssen ... mein Gott, was dachte ich da für einen Quatsch?
    Ich wollte schnell verschwinden, doch wohin? Ich sah mich panisch um und sah nur einen einzigen Ausweg: Ich sprang in den See. Kaum war ich unter die Seerosen-Oberfläche getaucht,

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