Ploetzlich verliebt
sich die Hände, als wären sie zwei Rumpelstilzchen, die aus Erdkundearbeiten Gold spinnen konnten, und freuten sich sogar schon auf die nächste Oberlippenbürsten-Stunde. Sie sprangen gleichzeitig auf, trafen sich in der Mitte des Zimmers und klatschten sich ab.
Nur mich überkam mal wieder ein ungutes Gefühl.
Ich war wirklich nicht gern der Spielverderber, aber ich fand schon, dass die beiden nicht mit dem nötigen Ernst an die Ring-Sache herangingen. Denn: Kann das, was wir mit den Ringen anstellen, wirklich alles sein?
»Habt ihr nicht manchmal das Gefühl, dass wir mit den Ringen auch mal was Wichtiges machen sollten?«, fragte ich jetzt laut. Seit ich meinen Geheimblog gestartet hatte, wollte mir diese Frage einfach nicht mehr aus dem Kopf. »Also so etwas für die Menschheit quasi. Meint ihr nicht, dass wir mit unseren Fähigkeiten auch so âne Art Pflicht übernommen haben?«
Luna sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Pflicht, pah, was für ein hässliches Wort«, sagte sie dann. »Darauf fällt mir nicht mal ein anständiger Reim ein.«
»Sicht«, sagte ich. »Und dicht.«
»Und Verzicht und Nachricht«, fügte Marli hilfsbereit hinzu.
»Und â¦Â«, setzte ich an, doch da winkte Luna ab.
»Jaja, es reicht, ich habâs kapiert.« Sie sah mich an. »Okay, Suse, was sollen wir deiner Meinung nach tun? Allen Hungernden zu essen geben oder was?«
»Warum nicht?«, fragte ich genervt. »Von deinem Ring hab ich eh nichts. Ich bin auch ohne ihn super in der Schule. Und du konntest mir nicht mal sagen, wann ich endlich einen Freund â¦Â«
Marli schnitt mir das Wort ab. »Suse hat recht. Aber bevor wir die Welt retten, wärâs meiner Ansicht nach wichtig, überhaupt herauszufinden, was es mit den Ringen auf sich hat. Wir wissen ja nicht mal, wie lange die noch funktionieren. Könnte ja sein, dass morgen schon alles vorbei ist, oder?«
Oh. Der Gedanke war mir noch gar nicht gekommen. Und Luna offenbar auch nicht.
»Wie bitte, was?«, fragte sie erschrocken. »Du meinst, die verlieren irgendwann ihre Kräfte?«
»Keine Ahnung, woher soll ich das wissen? Aber auf jeden Fall ist es höchste Zeit, endlich herauszufinden, was das alles soll. Und dann können wir über Charity -Kram reden.«
»Vielleicht sollten wir einfach noch einmal den Brief von Elsa LeMarr lesen. Könnte ja sein, dass uns bisher irgendwas entgangen ist«, sagte ich.
Luna und ich haben den Brief unserer Ururoma schon einige Male durchgeackert, aber nicht wirklich verstanden, was er uns sagen soll.
Marli zog den zerknitterten Brief aus ihrer Unterwäscheschublade heraus. Ein leichter Veilchenduft entströmte dem über fünfzig Jahre alten Briefpapier.
»Lies noch mal laut«, bat ich und schloss die Augen. Manchmal sieht man dann mehr.
»Okay.« Marli räusperte sich ein paar Mal. »Das Leben zerrinnt durch meine Finger, sprachlos und kalt im Winde bin ich verloren im ewigen Kreis der Zeit. Euch Mädchen habe ich gewählt, um die drei Ringe ihr Werk tun zu lassen. Doch, habt Acht! Ein Blick in die Zeiten kann Stürme entfesseln. Verweilt nie lange im Gestern und Heute und Morgen, seid achtsam und haltet zusammen im Dreierbund. Ihr Mädchen, seid füreinander unschätzbar wertvoll, bündelt eure Kräfte durch alle Zeiten und Räume hindurch. Dann wird es euch gelingen, das Gespinst der drei Moiren, der Töchter des Zeus, zu verändern und Atroposâ Bann zu zerschlagen, der mich bindet. Damit endlich süÃen Frieden ich finde und die Schmetterlinge wieder fliegen.« Marli schwieg einen Moment. Dann las sie die Unterschrift vor: »Elsa LeMarr, Juni 1962.«
»Tja«, sagte Luna, »ich kann mir nach wie vor keinen Reim darauf machen.«
»Manchmal vor dem Einschlafen muss ich darüber nachdenken, was seit unseren dreizehnten Geburtstagen alles passiert ist«, murmelte Marli. »Es ist, als ob mich der Ring hierher geführt hat, oder? An meinem dreizehnten Geburtstag hat mir mein Vater die frohe Kunde unseres Umzugs verkündet. Mann, bin ich sauer gewesen! Und jetzt sind wir drei hier, das ist doch der reine Wahnsinn. Da bekomme ich fast ein bisschen Angst.«
»Ich auch«, sagte ich.
»Angst?«, fragte Luna verblüfft.
»Natürlich.« Ich richtete mich etwas auf. »Ich meine, denkt doch an die ganzen Filme, in
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