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P.M. Manetti lesen oder Vom Guten Leben

P.M. Manetti lesen oder Vom Guten Leben

Titel: P.M. Manetti lesen oder Vom Guten Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
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Integration: Abwehr des Kommunismus, Abwehr des Terrorismus, Abwehr des Fremden. Doch im Zeitalter der Globalisierung gibt es kein Außen mehr, alles ist drinnen. Und jetzt haben wir das Problem des Zuviel: zu viel Arbeitsstress, zu viel Konsum, zu viel Information, zu viel Unterhaltung, zu viele, die nicht mehr mitkommen. Das vorherrschende Syndrom ist jetzt Verstopfung, Ermüdung, Überdruss. Wir ersticken im eigenen Krempel.«
    »Und sind trotzdem nicht glücklich«, bestätigte ihn Augusta.
    »Wir brauchen ein neues Design«, meinte Aldo, »nicht einfach weniger, sondern besser designt. Haltbarer, brauchbarer, vielleicht sogar schöner.«
    »Wenn Güter haltbarer werden, dann stoppt man das Wachstum«, erklärte ich.
    »Selbstverständlich«, stimmte mir Aldo zu, »wir lassen den Konsumismus hinter uns und haben nur noch nützliche Sachen. Wir befreien uns vom Modezwang. Wir schaffen eine Art neuer Klassik.«
    »Die ökologisch-klassische Periode, das gefällt mir«, sagte Nora.
    Ich hatte schon bemerkt, dass Stühle, Tische, die Gebäude in Alívio irgendwie solider und unaufdringlicher waren. Nichts war wirklich altmodisch, aber die Materialien waren robust und auf eine unbeschreibbare Weise freundlich. Der Designer Prouvé kam mir in den Sinn. Im Kontrast zum schrillen Shopping-Center-Stil herrschte hier eine bescheidene, fast aristokratische Zurückhaltung. Es war, als ob eine Waffenruhe verordnet worden wäre.
    Mein Eindruck bestätigte sich, als ich nach Mitternacht mit Augusta, Aldo und Nora durch die Straßen ging. Die Architektur war luftig, die Materialien natürlich, ich bemerkte keine Coca-Cola-Werbung mehr, es gab keine Läden, es eröffneten sich Einblicke in lauschige Innenhöfe. Die recht hohen Wohngebäude waren keine abweisenden Festungen. Überall standen Fahrräder eines einzigen, modular variierbaren Typs. Sie waren nicht abgeschlossen. Die Straßen waren sauber, keine Autos fuhren vorbei. Es war sehr ruhig. Nur Kreuzungen waren schwach beleuchtet. Aus den
habicombis
drang kaum Licht. Die Nächte waren sehr dunkel in Alívio.
    Mein Zimmer – ein Gästezimmer direkt über einer Café-Lounge – war einfach und geschmackvoll eingerichtet. Es gab keine Klimaanlage, dafür eine durchdachte Querbelüftung und für Notfälle einen Ventilator an der Decke.
    Vielleicht war Alívio doch echt und nicht nur eine Kulisse.

30.
    Als ich am Morgen meine Fensterläden öffnete, blickte ich in einen dicht begrünten Hinterhof hinunter, wo Menschen unter Arkaden und um einen Swimmingpool herum frühstückten. Ich dachte schon, ich sei in einem Resort-Hotel einquartiert worden, aber es war nichts anderes als eine der dreißig
habicombis
von Alívio.
    Mein geräumiges Zimmer – Schreibtisch, Schrank, Bücherregal, Fauteuil – verfügte über Dusche/WC, aber über keine Kochnische und keinen Kühlschrank.
    Als ich mich frischgemacht hatte, begab ich mich in ein labyrinthartiges Erdgeschoss, wo ich Restaurants, Cafés, Sitzecken, Bibliotheken, Wäscherei, Leih-Garderobe, einen Kiosk mit Zeitungen und Raucherwaren, öffentliche Laptops usw. vorfand. Mit ein paar Reais in der Hand näherte ich mich einer Theke, wo Kaffee, Früchte und Gebäck verkauft wurden.
    »Ah, Paulo!«, rief der junge Mann hinter der Theke und überreichte mir eine Art Kreditkarte, die er als Gästekarte bezeichnete. Damit hatte ich ein Gratis-Pauschalarrangement für Alívio in der Tasche.
    Ich setzte mich mit meinem Frühstückstablett an ein Tischchen im kühlen Schatten, blieb jedoch nicht lange allein. Erica, die Generalmanagerin der Anlage, begrüßte mich. Hatte ich gut geschlafen? War das Zimmer okay, oder wollte ich ein anderes? Brauchte ich etwas?
    Mir fiel nichts ein.
    Erica klärte mich über die Computer-Situation auf. Es gab hier kein WiFi, sondern nur wenige Terminals, die über ein Intranet via Stromnetz verbunden waren.
    »Computer verbrauchen Strom, und es steckt viel graue Energie drin«, betonte sie, »darum garantieren wir den Internet-Zugang für alle, bestehen aber darauf, dass man Maß hält und sich die Hardware teilt.« Stundenlange Computer-Spiele waren damit praktisch out.
    Sie erklärte mir dann noch, wie diverse Infrastrukturdienste wie Wäsche, Essen und Kochen, Werkzeug- und Maschinenverleih,Notfalldienste usw. funktionierten. Es war alles da. Doch vieles, was bei uns in Privatwohnungen vorhanden war, wurde hier in einem ausgeklügelten System gemeinschaftlich genutzt. Es gab ein Einrichtungslager, wo man

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