Poirots erste Fälle
antwortete er. Dann wünschte er uns be i den eine gute Nacht.
›Einen Moment noch‹, sagte ich und trat an den Schreibtisch. ›Vie l leicht brauche ich noch etwas, das ich bisher vergessen habe.‹
Rasch schaute ich die Papiere durch, die dort lagen.
›Das Wichtigste von allem haben Sie vergessen, Fit z roy‹, sagte ich. ›Die Pläne für das U-Boot!‹
›Die Pläne liegen oben auf, Lord Alloway.‹
›Aber nein, da sind sie nicht‹, sagte ich und wühlte in den Unterl a gen.
›Aber ich habe sie doch vor einer Minute dort hing e legt!‹
›Nun, sie sind nicht da‹, stellte ich fest.
Mit fassungsloser Miene stürzte Fitzroy vor. Das Ganze schien unglaublich. Wir durchwühlten die Unte r lagen auf dem Tisch, durc h suchten den Tresor und mussten uns am Ende doch eing e stehen, dass die Pläne verschwunden waren – und zwar verschwunden in dem ku r zen Zeitraum von drei Minuten, in denen Fitzroy nicht im Zimmer gewesen war.«
»Warum hatte er das Zimmer verlassen?«, fragte Poirot prompt.
»Genau das habe ich ihn auch gefragt!«, rief Sir Ha r ry.
»Allem Anschein nach«, sagte Lord Alloway, »wurde er gerade, als er die Unterlagen auf meinem Tisch ausgebre i tet hatte, von dem Schrei einer Frau aufg e schreckt. Er eilte in die Eingangshalle hinaus und traf auf der Treppe Mrs Conrads französisches Mä d chen an. Sie wirkte sehr bleich und aufgewühlt und erklärte, sie haben einen Geist gesehen: eine große, ganz in Weiß gehüllte Gestalt, die sich vollkommen lautlos b e wegt habe. Fitzroy lachte sie wegen ihrer Ängste aus und rief sie mit mehr oder wen i ger freundlichen Worten zur Vernunft. Dann kehrte er ins Zimmer zurück, gerade als auch wir von draußen h e reinkamen.«
»Der Fall scheint eindeutig«, sagte Poirot nachden k lich. »Die einzige Frage ist nur, ob das Mädchen eine Helfer s helferin ist. War ihr Schrei mit ihrem Komplizen, der draußen lauerte, ve r einbart, oder wartete er dort lediglich auf eine Gelegenheit, die sich ihm bieten mochte? Ich nehme doch an, dass es ein Mann war, den Sie gesehen haben, und nicht eine Frau?«
»Das kann ich unmöglich sagen, Monsieur Poirot. Es war nur ein… ein Schatten.«
Der Admiral gab ein so eigenwilliges Schnauben von sich, dass er alle Aufmerksamkeit auf sich zu zog.
»Mir scheint, Monsieur l’Admiral hat etwas zu s a gen«, begann Poirot ruhig und mit einem sanften L ä cheln. »Haben Sie diesen Schatten gesehen, Sir Ha r ry?«
»Nein, habe ich nicht«, entgegnete dieser. »Genauso wenig wie A l loway. Da hat sich ein Zweig bewegt oder etwas in der Art, und erst später, als wir den Diebstahl entdeckten, kam Alloway plöt z lich zu dem Schluss, dass er jemanden über die Terrasse hatte laufen s e hen. Seine Fantasie hat ihm einen Streich gespielt, mehr nicht.«
»Man schreibt mir nur selten besonders viel Fantasie zu«, b e merkte Lord Alloway lächelnd.
»Unsinn, wir haben alle Fantasie. Wir können uns a l le einbilden, mehr gesehen zu haben, als wir gesehen haben. Ich habe mein Leben auf See verbracht, und meine A u gen sind besser als die einer jeden Landratte. Ich habe doch in die gleiche Richtung geschaut, und ich hätte es bemerkt, wenn es da etwas zu sehen gegeben hä t te.«
Er wirkte recht aufgebracht. Poirot erhob sich und trat mit schnellen Schritten zur Terrassentür.
»Sie erlauben?«, fragte er. »Wenn möglich, müssen wir diesen Punkt klären.«
Er trat auf die Terrasse hinaus, und wir folgten ihm. Er hatte eine elektrische Taschenlampe hervorgez o gen und führte den Lichtkegel an dem Rasenstreifen entlang, der an die Terrasse grenzte.
»Wo hat er die Terrasse überquert, Mylord?«, fragte er.
»Ungefähr gegenüber der Tür, würde ich sagen.«
Minutenlang führte Poirot den Lichtkegel der Tasche n lampe über den Rasen und lief dabei die gesa m te Länge der Terrasse auf und ab. Dann schaltete er die Lampe aus und richtete sich auf.
»Sir Harry hat recht – und Sie haben unrecht, M y lord«, sagte er in aller Ruhe. »Es hat heute Abend stark gere g net. Wäre hier jemand über den Rasen g e laufen, er hätte unweigerlich Fußspuren hinterla s sen. Aber es gibt keine – überhaupt keine.«
Sein Blick wanderte von einem zum anderen. Lord A l loway schaute konsterniert und wenig überzeugt drein; der Admiral brachte geräuschvoll seine Befried i gung zum Ausdruck.
»Wusste ich doch, dass ich mich nicht irre«, verkü n dete er. »Auf meine Augen kann ich mich verlassen.«
Er war so sehr das Inbild
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