Poison (German Edition)
unterbreiten und damit Schwäche zu demonstrieren. Nein, kein Stück. Der nächste Schritt ist es, den Berber so zu manipulieren, dass er glaubt, ich sei der Gute – was mich zum Grinsen bringt – und mein Opfer so weit zu ängstigen, dass es wieder macht, was ich von ihm verlange.
Also rufe ich meinen Kollegen in Paris an und frage ihn, ob er nicht ein paar spezielle Männer für mich hat, deren Spezialität genau dieser Job ist. Zu ängstigen, Terror auszuüben und für Loyalität gegenüber der Organisation zu sorgen. Vielleicht haben die beiden ja Glück, und es reicht, ihnen tüchtig zu drohen, meinetwegen, indem sie ein bisschen zusammengeschlagen werden, beziehungsweise so getan wird. Nicht, dass ich Shahin wirklich wehtun möchte, bei Mendelssohn wäre es mir egal, um ehrlich zu sein.
Wie gesagt, ich darf auch nicht übertreiben, denn es ist immer sehr riskant, wenn Männer in meinen Positionen Hilfe von außerhalb holen. Es zeigt Schwäche, und es gibt andere, auch in unserer Organisation, die auf Gelegenheiten warten. Sie warten auf Gelegenheiten, weil es ihnen deutlich zu riskant ist, in offene Kämpfe et cetera einzugreifen. Und meine Schwäche wäre eine solche Gelegenheit, in diesem Fall meine Position einzunehmen. Und ich kann absolut nichts machen, weil es zu spät ist. Das würde bedeuten, dass ich reagieren müsste, statt zu agieren. Also beginnen wir mit ein paar Skarabäus tragenden Männern in ihrer Nähe. Und wenn das nicht reicht, dann müssen sie eben bluten.
Hauptsache, sie machen, was ich will, der Rest ist mir eigentlich egal – ich erwähnte es bereits. Und solange mein Herr und Meister Seth mit mir zufrieden ist, so lange ist mir egal, wer dabei drauf geht und wer nicht. Hauptsache, es ist viel Blut dabei im Spiel. Aber mit meiner Wahl des Berbers zum Priester meines Herrn und Meisters wird Seth mehr als zufrieden mit mir sein, da bin ich mir einhundertprozentig sicher.
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Shahin
Die Telefonnummer herauszubekommen, ist eine meiner leichtesten Übungen, nachdem ich gegen Nachmittag wieder wach geworden bin und mich ziemlich gerädert fühle. Brix liegt neben mir, schläft noch, und so gehe ich nach unten ins Wohnzimmer und fange an, meinen Bekanntenkreis in Frankfurt durchzutelefonieren und zu fragen, ob jemand zufälligerweise weiß, welcher Makler das Poison’s verpachtet. Ich führe schätzungsweise dreißig sinnlose Gespräche mit ziemlich sinnlosen Leuten, die ich sowieso nur flüchtig kennengelernt habe, als ich beim einunddreißigsten Gespräch Volker an die Leitung bekomme. Volker, der von seinem Auftreten Ducky sehr ähnlich ist, kennt in Frankfurt Gott und die Welt. Und so wie der Zufall es will, hat er nicht nur den Namen des Maklers, sondern auch gleich noch die Telefonnummer von ihm anzubieten – und gibt sie mir gegen mein Versprechen, ihn auf dem Laufenden zu halten, sobald ich etwas Neues habe, damit er seine Quellen damit füttern kann. Hey, wenn das klappt, an was ich denke, brauch ich sowieso einen, der die Sache mit Mundpropaganda vorantreibt, weshalb ich ihm das locker versprechen kann.
Das nächste Gespräch führe ich mit dem Makler, der zum Glück – es ist Viertel vor sechs – noch in seinem Büro ist. Er erzählt mir viel, das ich schon weiß, weil ich den Laden ja in- und auswendig kenne. Die kleine Kneipe, die einmal zum »Poison’s« gehörte, und für die ich mich eigentlich interessiert habe, ist allerdings inzwischen zu einer Sauna umgebaut, weswegen meine Idee flachfällt. Außerdem will er für alles zusammen, denn er darf wohl nur alles zusammen vermieten, fast fünfzehntausend Euro Pacht im Monat. Das lohnt sich nicht, auf keinen Fall. Wenn ich nur wüsste, wem der Laden gehört!
Der Makler wird mir das unter Garantie nicht verraten, weil sonst die Chance besteht, dass er seine Provision verliert. Und jetzt an einem Montagabend beim Grundbuchamt anzurufen, ist ebenso aussichtslos wie die Hoffnung, dort telefonisch Auskunft zu erhalten. Die einzige Hoffnung, die ich noch habe, ist ein Anruf bei Peters Eltern, von denen ich aber ganz genau weiß, dass sie ein echtes Problem mit Schwulen haben und eigentlich ziemlich homophob sind. Und da sie wissen, dass ich schwul bin, und mich eigentlich immer nur verachtet haben, sehe ich da so gut wie keine Chance auf Unterstützung. Die Nummer müsste ich jedenfalls noch irgendwo haben.
Ich seufze. Irgendwo muss ich die Nummer haben, aber wo? Ich durchwühle meinen Schreibtisch, aber ich finde
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