Poison (German Edition)
stehen. Sie dreht sich um, schaut mich herausfordernd an: »Oder doch zum »Turm«?«
Ich öffne die Tür, steige aus, und halte Shahin die Tür auf, reiche ihm meinen Arm und gehe demonstrativ an den Tucken vorbei, die vor dem »Peaches« stehen und glotzen. Selbstverständlich halte ich ihm die Tür auf, führe ihn zu einem der Tische, die im »Peaches« stehen, schiebe ihm den Stuhl unter und bestelle per Handzeichen. Paul, der Wirt, kommt mit einem Bier und einem Tequila zu uns.
»Hi, ich bin übrigens Paul«, stellt er sich Shahin dann auch »offiziell« vor, was er normalerweise nur selten macht. »Was trinkst du?« Shahin grinst. »Shahin. Kaffee.«
Paul zuckt mit den Schultern und geht. Als er mit dem Kaffee wiederkommt, frage ich ihn, ob ein Billardtisch frei ist. Es ist, weswegen ich zum Tisch gehe und die Kugeln platziere. Als ich fertig bin, schaue ich Shahin herausfordernd an. Spielt er mit oder nicht? Er kommt zu mir und grinst mich an.
»Das wäre unfair«, flüstert er. »Wenn ich mitmache, berechne ich die Winkel der Bahnen aus dem Augenmaß ... ich bin Mathematiker und Physiker, schon vergessen? Lass mal gut sein, ich hör mich hier ein bisschen um.«
Also such ich mir nen anderen Typen zum Spielen, der mich dann auch deutlich angräbt. Nicht, dass er nicht mein Typ wäre, aber ich habe Shahin nicht gefragt. Ich suche seinen Blick, aber er unterhält sich gerade angestrengt mit einem Typen. Ich unterbreche also kurz, gehe zu Shahin rüber, zwinkere ihm zu, frage: »Was dagegen?«, und nicke mit dem Kopf in Richtung des anderen. Shahin zuckt mit den Schultern und zwinkert zurück. Okay, also darf ich. Nach Beendigung des Spiels folge ich dem Typen auf die Damentoilette, denn ebenso, wie es hier keine Frauen gibt, gibt es keinen Backroom. Ich streife mir einen Gummi über und nehme den Fremden, den ich fast brutal gegen die Wand der Kabine stoße, schnell und heftig ran. Kurz, nachdem ich gekommen bin, bin ich schon wieder angezogen und am Gehen, auf dem Rückweg zu Shahin, der sich inzwischen mit jemand anderem unterhält. Okay, dann räume ich eben erst den Tisch ab und stelle die Queue in den Halter. Der Typ kommt nach einer Weile ebenfalls von der Toilette und gesellt sich zu einer Gruppe von anderen, von denen wir nach einer Weile ausgiebig gemustert werden, vor allem Shahin, wie mir auffällt.
Das kann ich nicht so ganz zuordnen, was mir überhaupt nicht gefällt, aber ich kann es nicht ändern, und so warte ich mit sinkender Laune, bis Shahin wieder an unseren Tisch kommt, nicht ohne vorher an der Theke noch ein Bier und einen Kaffee bestellt zu haben.
»Alles klar«, bemerkt er, als er zurückkommt. »Lies mal, was Marianne mir gegeben hat«, grinst er und hält mir den Zeitungsausschnitt entgegen. Berliner Zeitung, irgendwann vom Wochenende. »Schwuler Meditationskreis«. Der Artikel handelt von der ach so harmlosen Vereinigung Berliner Spiritueller Gays e.V., die zufälligerweise die gleiche Adresse wie die »Kinder der Isis« haben, was mir sofort auffällt. Des weiteren ist eine Telefonnummer angegeben, unter der man sich Infos holen kann, was Shahin wohl machen möchte, wie er sagt. Okay, deine Sache, wenn du dir über das Risiko klar bist ... aber wenn es wirklich nur Performance war, ist das doch eh hinfällig.
Shahin jedoch geht in Richtung Toiletten, zückt sein Handy und ruft anscheinend da an. Nach ein paar Minuten kommt er wieder, grinsend. »Ich hab morgen Abend einen Termin mit einem von denen gemacht ... im »Turm«. Kommst du mit?«
Klar mach ich das. Morgen Abend haben wir Zeit, und ich hab mit dir noch was vor ... im Backroom vom »Turm«. Du schuldest mir nämlich noch was, zumindest in dieser Lokalität. Und das werd ich mir nehmen, schon alleine, damit ich mir später nicht vorwerfen kann, ich würde unvollendete Dinge hinterlassen ... auch, wenn dieser Grund deutlich an den Haaren herbeigezogen ist. Aber die Idee an sich ...
82
Shahin
Am nächsten Morgen bin ich deutlich eher wach als Brix, was mir einen Zeitvorteil verschafft. Ich bin nämlich viel länger im Bad als er, und schon fast mit dem Frühstück fertig, als Brix völlig verschlafen im Rahmen der Küchentür steht. Inzwischen habe ich natürlich Kaffee besorgt, und ich habe sogar welchen gekocht, von dem ich ihm jetzt eine Tasse in die Hand und einen Kuss auf den Mund drücke.
Dann werfe ich mich in Schale, putze mich besonders heraus, weil ich weiß, worauf Carlos abfährt, und mache mich
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