Poison (German Edition)
klarer, wenngleich etwas unsicherer Stimme. »Das hat doch alles sowieso keinen Sinn, was wir hier machen.«
Ich schaue ihn an, mir schwant Übles. »Solange du mich behandelst wie den letzten Müll, kannst du nicht erwarten, dass ich es dir noch leichter mache. Ich bin nicht dein Fußabtreter. Dass ich akzeptiert habe, dass du mir wichtiger wirst, als ich es mir wünschen würde, ist eine andere Sache. Was ich nicht akzeptieren werde, ist, dass du mich zerstörst. Entweder du hörst auf damit, oder ich muss selbst dafür sorgen.« Bei diesen Worten funkelt er mich entschlossen an, ein bisschen traurig zwar, aber fest entschlossen, ein für alle Mal ein paar Dinge klarzustellen.
»Warum hast du dich nicht küssen lassen?«, bricht es aus mir heraus. Ein bitteres Lächeln umspielt Shahins Mund.
»Küssen ist ein Zeichen der Liebe und des Gefühls«, antwortet er mir ruhig. »Würdest du Gefühle empfinden wollen, wenn dich jemand dafür bezahlt, Dinge zu tun? Würdest du Gefühle wollen, wenn es um deinen Job und nicht um dich geht?«
Mir fällt Carlos ein, seine furchtbare Behaarung, und ich schüttele mich. »Aber ... ich ... mir ist kein anderer Grund eingefallen, dich zu treffen.«
Shahin grinst. »Du meinst, die vorherigen Treffen wären noch nicht genug gewesen?«
Ich zucke schuldbewusst mit den Schultern. »Verdammt, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich ... du ... du ... hast mir Angst gemacht, du bist schuld daran, dass mein Leben völlig aus der Bahn geworfen worden ist.«
Shahin lächelt eins seiner wundervollen Lächeln. »Glaubst du, es geht mir besser? Das alles belastet mich auch, es tut weh und ist nicht einfach für mich. Deswegen auch der Wunsch nach mehr. Weil ich eben nicht mehr benutzt werden möchte wie von all den Typen zuvor. Weil ich einen Freund möchte, auf den ich mich genauso verlassen kann, wie er sich auf mich 100%ig verlassen kann. Und vor allem, weil ich mich genauso nach Nähe, nach Wärme und besonders nach Geborgenheit sehne. Nach einem Menschen, mit dem ich alles teilen kann. Dass ich gedacht habe, du könntest dieser Mensch sein, mag ein Irrtum oder ein Fehler gewesen sein ...« Er hält kurz in seiner Rede inne, schluckt, und fährt dann fort, »aber damit muss ich selbst klarkommen. Was ich dann aber absolut nicht brauchen kann, ist Einmischung von dir. Weil... ich habe wirklich versucht, mich auf dich einzustellen, dir entgegenzukommen, dir zu helfen oder was auch immer – aber ich habe genug. Verzeih mir, aber mein Entschluss steht fest: Entweder es wird etwas nach meinen Regeln oder es wird nichts. Ende, aus. Lass mich durch.« Shahin stutzt einen Moment, sagt: »Und geh zum Arzt«, und drückt sich dann an mir vorbei, in Richtung Umkleide.
Wie hat er DAS jetzt gemeint? »Geh zum Arzt«, hat er gesagt. Egal. Was mir viel mehr Sorgen macht, ist dass ich eigentlich keinen Bock mehr auf diesen Mann habe. Die Sehnsucht nach ihm artet in Stress aus. In sinnlosen Stress übrigens. Pfff. Als ob ich das nötig hätte, mir Mühe zu geben, wenn ich einen Typen will. Wenn er nicht will, hat er eben schon. Das Einfachste wird sein, wenn ich einfach aufhöre, ihm zu begegnen. Oder noch einmal, denn ich schulde ihm etwas. Und er mir. Das regeln wir, und dann gehen wir unsere eigenen Wege. Ich beginne ... mit dem Weg in die Umkleidekabine. In der Dusche finde ich ihn. Vollkommen nackt, nicht dass dieser Anblick mir neu wäre, aber er erregt mich schon wieder ... als eine cremig-blasse Versuchung, die er immer wieder ist, wie er sich dem Wasser entgegenreckt, jeden Tropfen aufzusaugen versucht, verheißungsvoll in dieser alltäglichen Situation, sodass ich mich kaum beherrschen kann. Wie als gehörte ich dorthin, komme ich zu ihm, schiebe ihn sanft beiseite, damit ich auch unter den Wasserstrahl kann, und wie durch ein Wunder lässt er sich es gefallen, seift mir den Rücken ein und tut, als wäre nichts gewesen. As if! Das Wort »Shahin« ist alles, was mir einfällt, dann lasse ich mich waschen und nehme wie selbstverständlich die Seife in die Hand, um ihn ebenfalls zu säubern, zu helfen, ach, was weiß ich.
Als wir fertig geduscht haben, trocknen wir uns gegenseitig ab, und Shahin mustert mich, wieder ein Stück misstrauischer.
»Warum tust du das?«
Mhm, keine Ahnung. Zinsen? »Weil ich dir was schulde. Und weil es notwendig ist. Wie sollst du dich sonst am Rücken waschen?« – »Na und? Ich schulde dir auch noch was, wenn du es so siehst«, entgegnet er,
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