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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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nicht finde. Da ich selten rauche, brauche ich das Päckchen auch nicht jeden Tag, weswegen es dann schon mal verschwindet. Andererseits ist mir jetzt nach Rauchen, und so werde ich wohl zum Automaten müssen, neue ziehen. Vorm Automaten an der Schlossstraße stelle ich dann fest, dass ich nur noch einen Zwanzigeuroschein bei mir habe, und auf gar keinen Fall drei Euro in Münzen. War doch irgendwie klar. Zum Glück ist direkt hinter der Rückseite unseres Hauses, ein paar Meter die Schlossstraße hinab, eine Tankstelle. Von da aus brauche ich bloß über ein kleines Mäuerchen zu steigen, über eine Wiese und durch den Hof in unser Haus zu gehen, also ist es nicht mal ein Umweg. Also machen wir eben British Petrol ein bisschen reicher.
    »Drei Euro.« Die Frau hinter dem Tresen ist abgestumpft. Kein Wunder, wenn sie jeden Tag arbeiten muss. Ich reiche ihr den Zwanziger, bedanke mich, bekomme siebzehn Euro zurück und will gerade die Tankstelle verlassen, als Brix auf mich zuschwankt, mich entweder nicht erkennt oder ignoriert. Eher Ersteres, so zugedröhnt, wie er aussieht. Natürlich mache ich mir Sorgen um ihn, und natürlich gehe ich wieder in den Verkaufsraum, beobachte, was er tut.
    »Johnny Walker, Jack Daniels, Jim Beam und drei Flaschen Coke«, verlangt er am Tresen. »Die Cola können Sie sich selbst holen«, mault die Frau hinter dem Tresen und deutet auf die Kühltruhe. Brix dreht sich um und sackt ohne ein weiteres Wort in sich zusammen, rührt sich nicht mehr. Die Frau schaut über den Tresen und nimmt den Telefonhörer ab, ohne sich zu bewegen oder nach ihm zu schauen.
    »Warten Sie mal«, rufe ich ihr zu, und renne die drei, vier Meter zur Kasse, gehe in die Hocke, beuge mich zu Brix und fühle seinen Puls, kontrolliere seine Atmung, die vorhanden ist, wenn auch rasselnd. Eine saubere Lungenentzündung, so hört es sich zumindest an.
    »Das geht auch ohne Notarzt«, beruhige ich die Frau. Dann lege ich mir Brix’ Arm um die Schulter und stehe mit ihm auf. Zum Glück erwischen wir nur ein paar Zeitschriften, die sich auf dem Boden verteilen, nichts Teures. Das passt zwar der Bedienung nicht, aber sie traut sich anscheinend nicht, irgendetwas zu sagen, oder sie hat meinen wütenden Blick gesehen, jedenfalls hält sie uns sogar die Tür auf. Und wohin jetzt mit ihm? Zu mir? Ich habe keinen Aufzug, da müsste ich ihn in den zweiten beziehungsweise dritten Stock tragen. Verdammt, also zu ihm. Fünfhundert Meter.
    Okay, ich zücke das Handy und rufe ein Taxi. Zwei Minuten später ist die Droschke da, ich packe Brix auf den Rücksitz, wir fahren schnell in der Apotheke vorbei und dann zu ihm, wo ich ihn in den Aufzug schiebe, in sein Loft bringe und auf seine Couch lege. Dann räume ich seine Klamotten auf, stelle die leeren Flaschen auf die Spüle und ziehe ihn aus. Ganz, versteht sich. Ich klappe seine Couch auf, sodass man sie als Bett benutzen kann, packe ein paar Decken auf die Liegefläche, decke sie mit zwei Laken ab, beziehe ihm ein Kissen und mummele ihn gut ein, dass er sein Fieber ausschwitzen kann. Brix ist immer noch nicht wirklich bei Bewusstsein. Stöhnt, faselt irgendwas von »portugiesischen Affen« und Briefträgern, und wälzt sich bis zum späten Abend auf seinem Lager hin- und her. Dann schläft er endlich ein, und ich kann ihn mit der gekauften Salbe einreiben. »Sachmedia, hilf uns!«
    Ich entzünde Kerzen, räuchere ein bisschen Minzweihrauch – gut für die Atemwege – und reibe Brix immer wieder mit der Salbe ein. Also komme ich auch nicht wirklich zum Schlafen, mache bei ihm sauber, putze nachts die Fenster, damit er keimfrei gesunden kann, und finde dabei den Brief mit der Kündigung. Ups. Von Carlos unterschrieben, klingt nicht nett. Ich nehme mir vor, Carlos bei nächster Gelegenheit danach zu fragen, und lege den Brief wieder auf den Schreibtisch.
    Als ich mich wieder zu Brix umdrehe, sehe ich eine ältere durchscheinende Dame neben seiner Couch stehen, die mit besorgtem Blick auf ihn herabschaut.
    »Ein Schutzgeist«, sagt mir Sachmedia in meinem Kopf. Also lasse ich die beiden alleine, gehe in seine Küche, schaue in seinen Kühlschrank und in die Vorratsschränke. Fast leer, ein paar Fertigpizzen, eine seit einem Jahr abgelaufene Lasagne, Nudeln, Brühwürfel. Brühwürfel sind gut, auch wenn frisches Gemüse oder so besser wäre. Hauptsache, er isst überhaupt etwas. Ein Blick auf meine Uhr sagt mir, dass es drei Uhr nachts ist. Mariannes Arbeitszeit. Also rufe ich sie

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