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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star
Autoren: Martin Cruz Smith
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schon regelmäßig an der Reling und wartete auf die Eagle. Sie gehörte Ihnen.«
    »Das stimmt.« Karp sagte es stolz. »Sie sind gar nicht so dumm.«
    Arkadi stellte sich vor, wie die Amerikaner über ihnen an Deck gegen die schrillen atmosphärischen Störungen ihrer Funkanlage ankämpften, er lauschte auf das Hämmern, mit dem die Matrosen das Eis zerschlugen. Er und Karp besprachen sich so leise wie Verschwörer, niemand wußte, daß sie an Bord waren.
    »Wolowois große Angst«, sagte Arkadi. »Schmuggelei. Er mußte jedes Päckchen inspizieren, selbst die, welche ein russisches Schiff einem anderen zuwarf. Wie lautet übrigens die Parole?«
    »Wachsamkeit.« Karp konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Er hob die Axt auf seine Schulter. »Lassen Sie Ihre Hände da, wo ich sie sehen kann.«
    »Das einzige, was der gute Wolowoi nicht verhindern konnte, war das Hin und Her der Netze zwischen uns und den Trawlern. Woran erkannten Sie denn, ob ein Päckchen mitkam?«
    »Das war einfach«, sagte Karp. »Ridley winkte, wenn sie außer Fisch noch was anderes lieferten, und Coletti winkte, wenn nichts weiter im Netz war. Ich vergewisserte mich, wo Sina sich an der Reling postiert hatte, ob an der Steuerbordseite oder an Backbord. Je nachdem sagte ich dann den Männern an der Rampe, sie müßten sich in acht nehmen, das Netz sei sehr schwer - oder auch nicht.«
    »Und im ersten Fall fanden Ihre Männer ein wasserdichtes Päckchen am Netz befestigt?«
    »Gut kombiniert! Ja, Pawels Aufgabe war es, das Päckchen loszuschneiden und unter seiner Schwimmweste zu verstecken. Dann signalisierten wir Ridley, ob wir eine Lieferung zurückschickten. Renko, warum interessieren Sie sich immer noch so lebhaft für das alles? Sie kommen doch nicht lebend von hier weg.«
    »Wenn man sich ums Überleben keine Sorgen mehr macht, kann man eine Menge lernen.«
    »Ach so.« Der Gedanke schien Karp einzuleuchten.
    »Und ich interessiere mich wirklich sehr für Sina«, setzte Arkadi hinzu.
    »Jaja, ich weiß. Die Männer haben sich immer für Sina interessiert. Sie war wie eine Königin.« Karps Blick wanderte nach oben, von wo der Hammerchor mit unverminderter Lautstärke ertönte, doch schon im nächsten Moment konzentrierte er sich wieder auf Arkadi, der sich nicht erinnern konnte, je so wachsame Augen gesehen zu haben.
    »Hätten Sie mich einholen können, vorhin auf dem Eis?« fragte Arkadi.
    »Wenn ich gewollt hätte.«
    »Sie hätten mich also schon vor fünf oder gar vor zehn Minuten töten können?«
    »Jederzeit.«
    »Also wollen auch Sie herausfinden, was mit Sina passiert ist.«
    »Ich will bloß wissen, was Sie meinten, als Sie gestern abend auf der Rampe sagten, Sina sei ins Wasser gestoßen worden.«
    »Und das interessiert Sie einfach so aus Neugier?«
    Karp stand unbeweglich wie eine Bildsäule. Nach einer langen Pause sagte er: »Fahren Sie fort, Genosse Chefinspektor. Sina war also auf dem Fest und hat getanzt …«
    »Sie hat nicht nur getanzt, sondern auch sehr heftig mit Mike geflirtet. Trotzdem verabschiedete sie sich nicht von ihm, als er auf die Eagle zurückkehrte. Sie war nämlich schon eine Dreiviertelstunde zuvor ans Heck gegangen. Dafür gibt es Zeugen: Martschuk, Lidia, Susan. Die letzte halbe Stunde, bevor Mike übersetzte, wurde Sina dann nicht mehr auf der Polar Star gesehen. Und als er übersetzte, war sie bereits tot.« Langsam zog Arkadi ein Blatt Papier aus der Tasche, entfaltete es und hielt es Karp hin. Es war eine Kopie des ärztlichen Befundes. »Sina wurde durch einen Schlag auf den Hinterkopf getötet. Hinterher brachte man ihr vorsorglich noch eine Stichwunde bei, damit die Leiche nicht an der Wasseroberfläche treiben würde. Irgendwo hier auf diesem Schiff wurde ihr Körper verstaut, zusammengekrümmt auf engstem Raum, daher rühren die in gleichmäßigem Abstand verteilten Male an ihrem Körper. Um diesen Platz zu finden, bin ich hier. Es könnte alles mögliche sein: ein Schrank, ein Spind, ein Laderaum, irgendein größerer Behälter.«
    »Ein Stück Papier, weiter nichts.« Karp drückte ihm das Blatt wieder in die Hand.
    »Alles hängt davon ab, daß ich dieses Versteck finde. Ich muß in der anderen Kabine nachsehen«, sagte Arkadi, der sich allerdings nicht zu rühren wagte.
    Karp nahm die Axt von der Schulter und rollte sie nachdenklich zwischen den Händen. Die Schneide glänzte wie eine polierte Münze. Der Trawlmaster stieß die Tür auf. »Wir werden es gemeinsam suchen.«
    Als sie
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