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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Lederjacke.
    Der Schauplatz, den Guri sich für seine Verbraucherprüfung ausgesucht hatte, war ein leerer Benzinbunker. Obwohl der Bunker angeblich gründlich gereinigt worden war, lag ein beißender Geruch in der Luft, der Kopfschmerzen verursachte, wenn nicht Schlimmeres. Wenn es keinen Wodka mehr gab, verlegten sich viele Seeleute aufs Schnüffeln; dann sah man sie unbeherrscht lachen oder schluchzen oder gegen die Wände torkeln. Oder auch in neuen Kategorien denken, ging es Arkadi durch den Kopf.
    Als Guri sah, wie Bläschen wie Champagnerperlen an die Oberfläche stiegen und die Talkumschicht auf dem Wasser durchbrachen, schäumte er vor Wut. »So was nennt sich Qualitätskontrolle. Da fehlt doch jedes Engagement auf Seiten des Managements, von Integrität bei der Fertigung ganz zu schweigen.«
    Er warf das Kondom auf den wachsenden Haufen getesteter und aussortierter Proben, wickelte das nächste aus, blies es auf und hielt es unter Wasser. Er hatte sich nicht nur vorgenommen, in Dutch Harbor Radios und Kassettenrecorder zu kaufen, sondern auch so viele Batterien in elastischen, wasserdichten Behältern an Bord zu schmuggeln, wie sich in einem Ölfaß verstecken ließen.
    Kondome waren leicht zu beschaffen; jedenfalls für Guri, der den Laden an Bord verwaltete. Das Problem war, daß der KGB Spitzel hatte, die noch nicht einmal Wolowoi bekannt waren. Irgend jemand schien immer Wind zu bekommen von dem Buch im Sandeimer oder den Nylonstrümpfen in der Ankertrommel. Etwas anderes wäre es natürlich, wenn Guri selbst zu diesen heimlichen Informanten des Komitees für Staatssicherheit zählte. Wo immer Arkadi auch gewesen war, stets hatte sich ihm ein neuer Spitzel an die Fersen geheftet - in Irkutsk, in der Schlachterei, sogar auf Sachalin. Als er in Wladiwostok auf der Polar Star anheuerte, hatte er ganz einfach vorausgesetzt, daß einer seiner Kabinengenossen ein Spitzel war, aber wer es auch sein mochte - Guri, Kolja oder Obidin -, Paranoia konnte nicht ewig gegen Freundschaft ankämpfen. Mittlerweile hatte es den Anschein, als seien sie alle vier gute Kumpel.
    »Wie willst du die Batterien denn an Bord schaffen?« fragte Arkadi. »Die werden doch jeden filzen, wenn ihr zurück aufs Schiff kommt. Und manche werden sie bis auf die Haut ausziehen.«
    »Mir wird schon was einfallen.«
    Guri tüftelte ständig irgend etwas aus. Sein neuester Einfall war ein Buch, mit dem jedermann im Handumdrehen lernen würde, in neuen Kategorien zu denken. »Das Verrückte ist«, fuhr er fort, »daß ich wegen Umstrukturierung verurteilt wurde. Ich habe mich bemüht, mit diesem ganzen Krempel aufzuräumen - staatliche Planung, Initiativen .«
    »Du wurdest verurteilt, weil du dir auf illegalem Wege einen staatseigenen Kaffeeröster besorgt, privat Kaffee verkauft und die Bohnen mit fünfzig Prozent Getreide versetzt hast.«
    »Ich war eben ein Unternehmer, nur zu früh schon.«
    Blasen trudelten an die Oberfläche und zerplatzten dort. »Du hast Sina Kondome verkauft«, sagte Arkadi.
    »Sina war kein Mädchen, das Risiken einging.« Guri warf den defekten Gummi auf den Haufen, griff zum nächsten und nieste.
    »Jedenfalls nicht solche.«
    »Hat sie die Dinger regulär gekauft?«
    »Sie war kein Kind von Traurigkeit.«
    »Und mit wem hat sie was gehabt?«
    »Frag lieber, mit wem nicht. Sie war nicht unbedingt eine Nutte; sie hat kein Geld dafür genommen; sie wollte niemandem verpflichtet sein. Sie hat sich die Männer ausgesucht. Eine moderne Frau. Aha!« Er warf ein Kondom auf den guten Haufen. »Qualität ist im Kommen!«
    »Ist das wirklich das Ziel, auf das unser Land zusteuert?« fragte Arkadi. »Eine Nation von Unternehmern, die sich damit begnügen, Kondome auszusortieren oder Autos oder DesignerMöbel?«
    »Was ist denn daran schlecht?«
    »Gogols große Vision von Rußland war die einer Troika, die in wilder Fahrt durch den Schnee braust, daß die Funken stieben, während die anderen Völker der Erde voll Ehrfurcht auf uns schauen. Deine Vision ist ein Kofferraum vollgepackt mit Stereogeräten.«
    Guri zog die Nase hoch. »Ich denke eben in neuen Kategorien. Du offenbar nicht.«
    »Wer waren Sinas Freunde?« fragte Arkadi.
    »Männer. Sie schlief einmal mit dir, dann allerdings nicht mehr. Doch sie konnte nein sagen, ohne dich zu verletzen.«
    »Und wie stand sie mit Frauen?«
    »Mit Susan kam sie ganz gut aus. Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Ja.«
    »Tolles Weib, nicht?«
    »Ich fand sie ganz in Ordnung,

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