Polar Star
wo sich jeder einzelne in der Nacht von Sina Patiaschwilis Verschwinden aufgehalten hat. Diese kolossale Aufgabe war auch tatsächlich in zwei Stunden beendet. Wir haben erfahren, daß niemand die Genossin Patiaschwili nach dem Fest gesehen hat und daß niemand bei ihr war, als sie über Bord fiel. Wir haben eingehende Verhöre mit den Arbeitskameradinnen der Genossin Patiaschwili durchgeführt, sowohl um eventuelle Gerüchte im Keim zu ersticken als auch um endgültig Klarheit zu schaffen. Es gibt nämlich Leute, die eine natürliche Begabung dafür haben, einen Unfall zum Skandal aufzubauschen.«
»Außerdem«, sagte Wolowoi, »mußten wir unsere heikle Lage berücksichtigen, daß wir nämlich hier mit ausländischen Staatsangehörigen in ausländischen Gewässern zusammenarbeiten. Wäre es möglich, daß übermäßiges Fraternisieren mit den Amerikanern beim tragischen Tod dieser Genossin eine Rolle spielte? Es galt, den Fakten ins Auge zu sehen und unerbittliche Fragen zu stellen.«
Na großartig, dachte Arkadi. Da war er auf dem Schiff herumgehetzt, während Slawa und der Invalide an ihrer Rede gefeilt hatten.
»Wieder und wieder«, fuhr Slawa fort, »sind diese Verdachtsmomente von den Befragten für null und nichtig erklärt worden. Genossen, kein Zeugnis könnte mehr Gewicht vor einem sozialistischen Gericht haben als die Aussagen dieser Arbeiter, die Seite an Seite neben der Verstorbenen Dienst taten. In der Küche habe ich es ein ums andere Mal gehört: >Die Patiaschwili war eine unermüdliche Kraft, die keine Arbeit scheute.< >Die Patiaschwili hat nicht einen Tag krankgefeiert.< Und …«, Slawa senkte respektvoll die Stimme, »>Sina war ein braves Mädchen.< Ihre Kabinenkolleginnen haben sich in ähnlicher Weise geäußert. Ich zitiere: >Sie war eine rechtschaffene sowjetische Arbeiterin, wir alle werden sie sehr vermissen.< Und das von Natascha Tschaikowskaia, einer Parteigenossin und dekorierten Heldin der Arbeit.«
»Die Leute werden für ihre freimütigen Erklärungen belobigt«, sagte Wolowoi.
Bisher hatte niemand Arkadi begrüßt. Er fragte sich, ob er wieder gehen oder weiter wie ein Möbelstück herumstehen sollte. Ein freier Stuhl wäre ihm in dieser Situation sehr gelegen gekommen.
»Sodann habe ich erneut die Hilfe des Genossen Wolowoi in Anspruch genommen«, erklärte Slawa dem Kapitän. »Ich fragte Fedor Fedorowitsch: >Was war Sina Patiaschwili für ein Mädchen?< Und er antwortete: >Jung, voller Leben, aber politisch reif.<«
»Typisch für die sowjetische Jugend«, sagte Wolowoi. Er trug zu diesem Anlaß einen abgetragenen Trainingsanzug, die gängige Kleidung der Politoffiziere. Es war Arkadi bis dahin noch nicht aufgefallen, daß das kurzgeschorene rote Haar des Ersten Maats aussah wie die Stoppeln auf einem Schweinerüssel.
Slawa sagte: »Der Trawlmaster, der ihre Leiche entdeckt hat, war völlig mit den Nerven runter.«
»Korobets«, brachte Wolowoi den anderen in Erinnerung. »Seine Deckbrigade ist führend im sozialistischen Wettstreit unseres Schiffes.«
»Ich habe auch ihn und seine Leute befragt. Obwohl er ihr nie außerhalb der Cafeteria begegnet ist, hat auch er sie als eine Arbeiterin in Erinnerung, die freigebig und großzügig war.«
Mit Kartoffelpüree? überlegte Arkadi.
Als könnte er Gedanken lesen, warf der Invalide Arkadi einen mißgünstigen Blick zu, ehe er seinen Teil des Duetts anstimmte.
»Trotzdem mußten wir uns dem Rätsel stellen, um herauszufinden, was in der Nacht ihres Todes geschehen ist. Nicht nur um ihretwillen, sondern auch zum Wohle all ihrer Kameraden, damit sie diesen unglücklichen Vorfall hinter sich lassen und aufs neue ihre ganze Kraft unserer produktiven Zielsetzung widmen können.«
»Sehr richtig.« Slawa war rundum einverstanden. »Und genau das haben wir heute erreicht. Und zwar haben wir festgestellt, daß Sina Patiaschwili in der fraglichen Nacht auf dem Fest in der Cafeteria war. Ich selbst habe in der Band gespielt, und ich kann bezeugen, daß sich durch das lebhafte Treiben in dem geschlossenen Raum eine ziemliche Hitze entwickelt hat. Daher habe ich mich bei den weiblichen Besatzungsmitgliedern erkundigt, ob sie sich irgendwann einmal unwohl gefühlt hätten, weil es so drückend war in der Cafeteria. Eine Reihe von ihnen bejahte das; sie hatten kurzzeitig hinausgehen und an Deck frische Luft schöpfen müssen. Daraufhin bin ich in den Krankentrakt gegangen und habe unseren Schiffsarzt gefragt, ob Sina Patiaschwili je
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