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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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festgemacht und die wieder an Steuerbord unseres Schiffes?« fragte Arkadi.
    »Wir möchten lieber dem Dritten Maat Rede und Antwort stehen«, entgegnete Skiba.
    »Ich kann dem Kapitän melden, daß Sie sich geweigert haben, meine Fragen zu beantworten.«
    Skiba und Slesko sahen in die Runde, wechselten dann einen Blick und kamen offenbar telepathisch zu einer Entscheidung.
    »Reden wir weiter, wo wir ungestört sind«, sagte Slesko. Er ging voran, unter Deck, vorbei an der Maschinenwerkstatt und durch eine Tür in einen dumpfigen, schummrigen Raum mit Waschbecken und Klos. Die Waschbecken waren braun vom Schiffswasser, die Klos hatten Betonsitze mit Löchern in der Mitte. In Moskau wählten die Spitzel stets öffentliche Toiletten als Treffpunkt; und noch in der Wüste hätten sie eine Toilette ausgehoben, um sich dort mit ihren Auftraggebern zu besprechen.
    Skiba verschränkte die Arme und stellte sich mit dem Rücken zur Tür, so als sei er vorübergehend in der Hand des Feindes.
    »Also schön, ein oder zwei Fragen werden wir Ihnen beantworten.«
    »Die Schiffe waren so gruppiert, wie ich es vorhin beschrieben habe?« fragte Arkadi.
    »Ja.« Slesko schloß das Bullauge.
    »Schön, und wann sind die Amerikaner wieder von Bord gegangen? In chronologischer Reihenfolge, bitte, und zwar nach unserer Zeit.« Arkadi machte das Bullauge wieder auf.
    Skiba blätterte in einem Notizbuch. »Der Kapitän und die Mannschaft von der Alaska Miss sind um 23 Uhr auf ihr Boot zurückgekehrt und haben sofort abgelegt. Ein Mann von der Eagle ist um 23 Uhr 29 zurück auf sein Schiff, die beiden anderen und der Kapitän gingen um 23 Uhr 54. Die Eagle hat 00 Uhr 10 abgelegt.«
    »Und als die Trawler abgelegt hatten, wie weit haben Sie sich da von unserem Schiff entfernt?« fragte Arkadi. »Hundert Meter? Oder außer Sichtweite?«
    »Es war zu neblig, als daß wir das hätten feststellen können«, sagte Slesko nach längerem Nachdenken.
    »Als die Amerikaner von Bord gingen, hat sie da von uns einer verabschiedet?« fragte Arkadi.
    Während Skiba erneut sein Notizbuch konsultierte, fiel Arkadis Blick auf die Zeitungen, die in Körben neben den Klos steckten. Zerknitterte Schlagzeilen verkündeten: »Kühne Refor …« und »Neue Ära …« Skiba räusperte sich. »Die Chefbevollmächtigte Susan hat sie an Deck begleitet. Kapitän Martschuk verabschiedete Kapitän Morgan und wünschte ihm einen guten Fang.«
    »Keine übertriebene Verbrüderung also«, sagte Arkadi. »Und sonst war niemand dabei?«
    »Nein, niemand«, sagte Skiba.
    »Und wen haben Sie ab 22 Uhr 30 sonst noch an Deck gesehen?«
    »Oh.« Skiba blätterte in seinem Notizbuch, nervös, aber auch ärgerlich, als hätte er vorausgesehen, daß eine Überraschungsfrage kommen würde. »Den Kapitän habe ich schon erwähnt. Um 22 Uhr 40 gingen die Amerikaner Lantz und Day nach achtern.«
    Er tippte mit dem Finger aufs Papier, wie um sich zu vergewissern. »Um 23 Uhr 15 kam die Genossin Taratuta.« Sie betreute Kapitänskajüte und Offiziersmesse.
    »Und wo ging sie hin?«
    Als Slesko erst die linke und dann die rechte Hand hob, sah Skiba zur Tür und blickte rasch wieder weg.
    »Von achtern .« begann Slesko.
    »Zum Bug«, ergänzte Skiba.
     
    »In neuen Kategorien denken. Was heißt das eigentlich?« fragte Guri. »Der alte Kurs, das war Breschnew …«
    »Nein«, widersprach Arkadi. »Sie meinen vielleicht Breschnew, aber man nennt seinen Namen nicht. Breschnew existiert nicht mehr, geblieben sind nur die Probleme des alten Kurses, Obstruktionspolitik und Schlamperei.«
    »Ganz schön verwirrend.«
    »Um so besser. Ein guter Politiker führt das Volk mindestens die Hälfte der Zeit hinters Licht.«
    Guri hatte einen ganzen Monat darauf verwandt, zwei amerikanische Bücher zu lesen, In Pursuit of Excellence und The One-Minute-Manager, eine Bravourleistung an Konzentration, gemessen an seinen kümmerlichen Englischkenntnissen. Allerdings hatte Arkadi einen Großteil dieser Chroniken der Profitgier für ihn übersetzt, und die Zusammenarbeit hatte sie, wenigstens in Guris Augen, Freunde werden lassen.
    Jetzt sah Arkadi zu, wie Guri Kondome in einer Wanne testete. Benutzer hatten ihnen den Spitznamen »Galoschen« gegeben, und sie wurden, in Talkum gewälzt, jeweils paarweise in einer Papiertüte geliefert. Eine Puderwolke breitete sich aus, während Guri die Kondome eins nach dem anderen aufblies, abband und unter Wasser tauchte. Weißes Talkum rieselte auf seine

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