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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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ich habe einen Sohn«, setzte Wolowoi hinzu. »Sie sehen also, meine Frau und ich, wir haben in die Zukunft investiert. Was man von Ihnen nun wirklich nicht behaupten kann. Sie sind der sprichwörtliche faule Apfel. Und ich möchte nicht, daß Sie die Genossin Tschaikowskaia anstecken.«
    Natascha war inzwischen von der Elektrifizierung des Geistes zur Evolution des Fleisches fortgeschritten, vom Homo erectus zum sozialistischen Tatmenschen. Ihr Auffrischungskurs in Atheismus war auf die Tagesordnung gesetzt worden, um der orthodoxen Kirche in Dutch Harbor Paroli zu bieten, indem man die Wissenschaft gegen die altvertrauten Geister ins Feld führte.
    »Wieso glauben Sie, daß ich Natascha anstecken könnte?«
    »Nun, Sie sind redegewandt und schlagfertig«, sagte Wolowoi.
    »Ihr Vater war ein großer Mann, Sie haben in Moskau die besten Schulen besucht, hatten alles, was wir übrigen uns nicht leisten konnten. Natascha könnten Sie durchaus beeindrucken - vielleicht mögen Sie sogar auf den Kapitän Eindruck machen -, aber ich sehe Sie so, wie Sie wirklich sind. Sie haben eine antisowjetische Einstellung, Renko. Ich kann das förmlich riechen.«
    »Es besteht kein Unterschied«, sagte Natascha, »zwischen dem Glauben an eine übergeordnete Intelligenz und dem modisch bedingten Interesse an außerirdischen Lebewesen von einem anderen Stern.«
    Irgend jemand wagte einen Einwand. »Statistisch gesehen, muß es auch auf anderen Planeten Lebewesen geben.«
    »Aber sie besuchen uns nicht«, sagte Natascha.
    »Wie sollen wir das wissen?« Es war Kolja, wer sonst? »Wenn ihnen der intergalaktische Flug gelungen ist, dann haben sie es bestimmt auch geschafft, sich unkenntlich zu machen.«
    Niemand brachte Natascha so in Rage wie Kolja Mer. Es spielte keine Rolle, daß sie beide in der Fabrik Seite an Seite arbeiteten. Sogar der Umstand, daß sie ihm zu Hilfe gekommen war, als er sich den Finger abgesägt hatte, schien sie ihm eher zum Feind als zum Freund gemacht zu haben.
    »Und warum sollten sie zu uns kommen?« fragte Natascha.
    »Um sich den wissenschaftlich fundierten Sozialismus in der Praxis anzusehen«, antwortete Kolja und erntete mit dieser Replik beifälliges Gemurmel, Arkadi hingegen kam der Gedanke so vor, als pilgerte jemand rings um den Erdball, nur um einen Ameisenhügel zu betrachten.
    »Ich stelle fest, daß Sie mich bisher noch nicht aufgesucht haben, um mir von Ihren Fortschritten zu berichten«, sagte Wolowoi.
    »Ich denke, Sie sind ausreichend informiert«, versetzte Arkadi und dachte dabei an Slawa. »Im übrigen würde ich Sie doch nur bitten, Ihre Akte über Sina Patiaschwili einsehen zu dürfen, und Sie würden mir diese Bitte verweigern.«
    »Da haben Sie allerdings recht.«
    »Aber ich kann erraten, was drinsteht: >Zuverlässige Arbeiterin, politisch gereift, stets hilfsbereite In Wirklichkeit allerdings hat sie ihre Arbeit alles andere als ernst genommen, sie war ein flatterhaftes Geschöpf, das mit jedem ins Bett ging, und Sie müssen das alles gewußt haben, woraus folgt, daß sie ein Spitzel war - nicht so wie Skiba oder Slesko, aber immerhin ein Spitzel. Entweder das, oder Sie haben selbst mit ihr geschlafen.«
    »Haben Sie die Bibel gelesen?« fragte Obidin.
    »Die brauche ich gar nicht erst zu lesen. Das ist das gleiche, als würden Sie sagen, man muß eine unheilbare Krankheit haben, um Arzt sein zu können«, sagte Natascha. »Ich kenne den Aufbau der Bibel, die Bücher und die Autoren.«
    »Und die Wunder?« fragte Obidin.
    »Pfui! Pfui!« Die Zuhörer rings um Obidin sprangen auf und versuchten, ihn zum Schweigen zu bringen. »Hör lieber auf Natascha! Sie ist die Expertin. Es gibt keine Wunder!«
    Obidin brüllte zurück: »Eine Frau wird ermordet, sie verschwindet auf dem Meeresgrund, kehrt dann aber auf eben das Schiff zurück, auf dem sie getötet wurde - und ihr behauptet, es gebe keine Wunder!«
    Immer mehr Leute erhoben sich von ihren Plätzen und schüttelten drohend die Fäuste. »Lügner! Fanatiker! Mit solchem Geschwafel wirst du uns noch Dutch Harbor vermasseln!«
    Slesko erhob sich und zeigte auf Arkadi. Der glaubte, er blicke in die Mündung eines Heckenschützen. »Da steht er, der Provokateur, der uns einen Strich durch Dutch Harbor macht.«
    »Wunder gibt es, die lassen sich nicht wegdiskutieren«, rief Obidin.
    »Ein Wunder wäre es, wenn Sie lebend von diesem Schiff herunterkommen«, sagte Wolowoi zu Arkadi. »Ich hoffe, daß es Ihnen gelingt. Ich möchte nämlich zu

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