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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Hause das Bild ihres Mannes zu küssen, als mit ihm auf der Polar Star zu fahren, die zwingen Sie dann, unseren Kopf zu fordern.«
    Lidia nippte damenhaft an ihrem Wein. »Mit Sina war das eine andere Geschichte. Sie war nicht unbedingt ein Flittchen, es war bloß so, daß es ihr nicht das geringste bedeutete, mit einem Mann zu schlafen. Sie war eiskalt. Ich glaube nicht, daß sie je öfter als einmal mit ein und demselben geschlafen hat. So war sie nun mal. Als ich begriffen hatte, wie der Hase lief, habe ich natürlich dafür gesorgt, daß sie gewisse Leute nicht länger in Versuchung führen konnte.«
    »Und wie?« fragte Arkadi.
    »Zu Anfang hat sie in der Offiziersmesse gearbeitet. Ich habe sie zu den Mannschaften versetzt.«
    »Das hört sich eher so an, als hätten Sie der Versuchung noch mehr Spielraum gegeben.«
    »Wie dem auch sei, sie hat sich dann schon sehr bald auf die Amerikaner kapriziert«, sagte Lidia. »Sie sehen also, es besteht kein Grund, unsere guten russischen Männer überhaupt zu erwähnen.«
    Arkadi fragte: »Hat sie sich ganz allgemein auf die Amerikaner kapriziert oder auf jemand bestimmten?«
    »Da siehst du, wie scharfsinnig er ist!« rief Natascha stolz.
    Lidia antwortete ausweichend. »Wer wußte das bei Sina schon so genau?«
    Arkadi tippte sich an die Stirn, als könne er so einen Gedanken hervorlocken. Lidias Botschaft hatte er sehr wohl verstanden - er sollte die Schiffsoffiziere aus seinem Bericht herauslassen -, was er nicht begriff war, warum ihr soviel daran lag.
    »Er denkt nach«, sagte Natascha.
    Arkadi hatte eher das Gefühl, aufs neue seine Kopfschmerzen geweckt zu haben. »Waren Sie auch auf der Feier?« fragte er.
    »Nein«, sagte Lidia. »An dem Abend mußte ich in der Offiziersmesse ein Büfett für die Amerikaner vorbereiten. Würstchen, Gepökeltes, Leckereien, die sie auf ihrem eigenen Boot nicht bekommen. Wir hatten keine Zeit zum Tanzen.«
    »Wir?«
    »Kapitän Martschuk, Kapitän Morgan, Kapitän Thorwald und ich. Die Mannschaften von den amerikanischen Schiffen gingen runter zum Fest, aber die Kapitäne haben Karten studiert, und ich hab bedient und abgeräumt.«
    »Den ganzen Abend?«
    »Ja. Oder nein, einmal habe ich kurz Pause gemacht und an Deck eine Zigarette geraucht.«
    Arkadi erinnerte sich, daß Skiba sie um 11 Uhr 15 beobachtet hatte, wie sie nach mittschiffs ging. »Es hat Sie jemand gesehen.«
    Lidia strengte sich mächtig an, um ihre Antwort hinauszuzögern, sie klimperte mit den Wimpern, und ihr gelang sogar ein schwermütiger Seufzer. »Nun ja, ich bin sicher, daß es nichts zu bedeuten hatte, aber ich habe Susan an der Heckreling gesehen.«
    »Was hatte sie an?«
    Diese Frage überraschte Lidia. »Also, ich glaube, eine weiße Bluse und Jeans.«
    »Und Sina? Was hat sie angehabt?«
    »Eine weiße Bluse, wenn ich mich recht erinnere, und eine blaue Hose.«
    »Also haben Sie auch Sina gesehen.«
    Lidia blinzelte, verwirrt, wie jemand, der unversehens aus dem Tritt gekommen ist. »Ja.«
    »Und wo?«
    »Am Heck.«
    »Haben die beiden Sie auch gesehen?«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Was denn, Sie waren den beiden nahe genug, um im Dunkeln sehen zu können, was sie anhatten, und keine von beiden hat Sie bemerkt?«
    »Ich habe ausgezeichnete Augen. Der Kapitän sagt oft, er wünschte sich einen Offizier mit Augen wie meinen.«
    »Wie oft sind Sie schon mit Kapitän Martschuk gefahren?«
    Lidias ausgezeichnete Augen leuchteten auf wie zwei Kerzen. »Das ist meine dritte Reise mit Viktor Sergejwitsch. Auf unserer ersten Fahrt wurde er in die Reihen der führenden Flottenkapitäne aufgenommen. Auf der zweiten konnte er das Soll um vierzig Prozent übererfüllen, und zum Dank ernannte man ihn zum Helden der Sowjetunion. Außerdem wurde er als Delegierter in den Parteikongreß entsandt. Er ist bekannt in Moskau, man hat dort große Pläne mit ihm.«
    Arkadi trank seinen Wein aus und stand auf. Seine Beine fühlten sich nicht sonderlich standfest an, aber immerhin halbwegs brauchbar. Sein Verstand arbeitete endlich wieder normal.
    »Ich danke Ihnen.«
    »Ich kann Ihnen ein bißchen geräucherten Fisch anbieten«, meinte Lidia diensteifrig. »Wir könnten noch ein Gläschen trinken und eine Kleinigkeit dazu essen.«
    Zaghaft machte er ein, zwei Schritte. Mit etwas Glück würde er es bis zur Tür schaffen.
    »Arkadi«, sagte Natascha bittend, »passen Sie auf, wohin Sie den ersten Stein werfen.«
     
    Die Brücke war dunkel bis auf das grünliche Flimmern

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