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Polarfieber (German Edition)

Polarfieber (German Edition)

Titel: Polarfieber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Henry
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auch dann nicht wenn sie nicht mehr dampfte und blutete. Bedächtig kaute sie, atmete durch die Nase und hoffte, das s Silas ihr Schauspiel nicht durchschaute. Als sie heruntergeschluckt hatte, hob sie eine Auge n braue.
    Geschlagen ließ er den Kopf gegen die Wand sinken und schloss die Augen. „ Okay, okay. Du hast gewonnen. “ Folgsam öffnete er die Lippen und erwartete sein Schicksal.
    Plötzlich wollte sie es ihm leichter machen. Behutsam achtete sie darauf, ein möglichst faserarmes Stück aus der Leber zu schneiden. „ Es wird dich gesund machen. Halt dir die Nase zu und stell dir vor, es wäre ein Steak. Dann ist es gar nicht so schlimm. “
    „ Ribeye, oder T-Bone? “
    „ Wie du es magst. “
    Seine Lippen schlossen sich um ihre Finger, pickten vorsichtig das Fleisch aus ihrem Griff. Sie zog ihre Hand zurück. Ihr Zeig e finger streifte seine Unterlippe und verweilte dort. Einen Moment länger, als es eigentlich nötig gewesen wäre. Er war über den Berg.

8
     
    Knapp vierzig Stunden später meldete sich Silas’ Hunger zurück.
    „Hast du noch mehr von der Suppe?“, fragte er und stemmte sich auf die Ellenbogen.
    „Du sollst doch liegen bleiben.“
    „Kaya … ich kann nicht ewig hier rumliegen. Außerdem würde mir schneller warm werden, wenn ich mich bewege.“
    Er angelte nach seinem Backpack, der in Reichweite an der Bretterwand lehnte. Dabei streifte sein Blick die Hose aus Eisbärenfell, die jetzt zotteliger war als vorher und wahrscheinlich noch lange nicht trocken. Er seufzte leise. Die war verdorben. Und der dazu passende Anorak auch. Also, zurück in den Polaranzug, darunter lange Thermo-Unterhosen. Selbst in dreifacher Ausführung konnte das Zeug nicht halb so gut den schneidenden Wind abhalten wie der Pelz. Er wühlte im Backpack, fischte nach Unterwäsche und Uniform. Als er den Kopf hob, stand Kaya mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm.
    „Was hast du vor?“
    „Ein lauschiger Sonntagspaziergang. Kommst du mit?“ Er blinzelte sie an und grinste.
    „Du bist krank, Silas.“
    „Nicht mehr so schlimm. Ich sollte schnellstmöglich wieder auf die Beine kommen. Auf die Dauer wird es unangenehm, in Plastiktüten zu pinkeln, Baby. Hey, hast du nicht gesagt, der Jäger hat …“
    „Er heißt Issitoq“, warf sie ein.
    „Ja, das weiß ich. Issitoq hat Fangleinen zum Fischen ausgelegt, richtig? Er freut sich sicher, wenn wir die kontrollieren. Kann ja nicht so weit sein bis zu den Eislöchern.“ Einladend wackelte er mit den Augenbrauen. Nach Astronautenpaste, Energieriegeln, Walfleischsuppe, Streifen von Robbenfett und einer noch vor Leben bebenden Rentierleber war ihm nach etwas Normalität auf dem Speiseplan. Ein, auf einem Stück Blech über Tran gegarter, ungewürzter Heilbutt schien ihm plötzlich wie die feinste Delikatesse.
    „Das gefällt mir nicht.“ Sie zögerte. „Wenn du zusammenklappst … ich kann dich nicht tragen, Silas.“
    „Dann krieche ich. Darin bin ich gut. Hey, es geht mir schon viel besser. Vertraue mir, ich kenne mich mit meinem Körper aus.“
    Eine halbe Stunde später hockten sie in der Dämmerung einträchtig nebeneinander auf dem Eis und holten Issitoqs Fangleinen ein, nur um festzustellen, dass nichts gebissen hatte.
    „Das wird ihm nicht gefallen“, meinte Kaya. „Vielleicht beißen die Butts nicht mehr, wenn zu sehr an den Leinen gefummelt wird. Lassen wir das bleiben. In der Hütte ist noch etwas von der Suppe übrig.“
    „Aber die Leinen müssen ohnehin bewegt werden, damit sie nicht einfrieren“, hielt er dagegen. „Da drüben ist noch eine, sieh. Das ist die letzte. Ich wette, da hängt ein fetter Fisch dran.“
    „Den du nicht essen wirst. Das ist Issitoqs Fang, sein Lebensunterhalt. Er hat uns nicht gestattet, uns daran zu vergreifen.“
    Er holte ein Stück Walspeck aus der Hosentasche, das Zeug, das der Inuit als Köder benutzte. „Er merkt es doch gar nicht. Ich wette, einen Heilbutt esse ich zur Not ganz allein. Wir hängen einen neuen Köder an die Leine, und keiner hat was gesehen.“
    „Du bist ein Dieb.“
    „Ein hungriger. Wir zahlen es ihm doch zurück. Sobald wir in Nuuk sind und ich mit meiner Kreditkarte wieder was anfangen kann, danken wir ihm für die Hütte und das Essen und …“
    „Ich glaube nicht, dass er darauf Wert legt.“
    „Er vielleicht nicht, aber ich schon.“
    Die letzte Leine war schwerer herauszuziehen als die anderen. Das Loch im Eis war fast zugefroren, aber dann merkte Silas, dass es

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