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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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einem Objekt von archäologischem Wert geworden. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass die Vermessung die Leiche gern in Besitz genommen hätte; aber Alex wollte nichts davon wissen. »Ich mag keine Mumien«, erklärte er. »Niemand sollte nach seinem Tod einfach ausgestellt werden. Mir egal, wie lange sie schon tot ist.«
    Manchmal war er wirklich sentimental.
    Also sahen wir zu, wie sie davonschwebte, ehe wir wieder hineingingen. Die besten Stücke fanden wir in einem der Speiseräume. Glücklicherweise war dort alles gesichert worden und in recht gutem Zustand. Wir brachten zwei Stunden damit zu, Gläser, Teller und Stühle einzusammeln, bevorzugt Gegenstände, die mit dem Namen der Station, Engel der Nacht, beschriftet waren. Das war wie bares Geld. Alles, was ein Siegel trug. Wir bargen auch einige Schaltkästen, Schalter, Tastaturen, deren Shenji-Beschriftungen nach einer vorsichtigen Reinigung wieder erkennbar waren. Wir bauten Ventilatoren und Gebläse aus, schnappten uns die KI (ein paar graue Zylinder), einen Wassertank, ein Thermometer und hundert andere Dinge. Dies war für uns der bei weitem beste Tag auf dieser Außenstation.
    Wir entdeckten ein Set aus siebzehn Weingläsern, alle sorgfältig verpackt, jedes versehen mit einer Gravur des Bergadlers. Allein das war in Sammlerkreisen ein kleines Vermögen wert. Wir brauchten zwei weitere Tage, um all unsere Schätze auf die Belle-Marie zu schleppen.
    Alex, der unseren Erfolg feierte, gab mir einen Bonus und lud mich ein, mir ein paar Andenken zu nehmen. Ich entschied mich für einige Teller, Untertassen, Tassen und etwas Tafelsilber. Bis auf das Tafelsilber war alles aus billigem Plastik gefertigt, doch das machte unter diesen Umständen natürlich nichts aus.
    Als wir den Frachtraum der Belle vollends gefüllt hatten, waren noch immer einige bescheidene Gegenstände übrig. Nichts Großartiges, aber ganz in Ordnung. Wir hätten noch einmal herkommen können, einen weiteren Flug unternehmen, aber Alex war dagegen. »Das werden wir der Vermessung überlassen.«
    Bei Gott, er war wahrhaftig ein großzügiger Mann.
    »Wir müssen uns um unsere Handelsware kümmern«, fuhr er fort. »Die Vermessung wird den Rest davon jedem wichtigen Museum der Konföderation zur Verfügung stellen. Das Zeug wird überall zu besichtigen sein. Und Rainbow wird dann auch Erwähnung finden.«
     
    Als wir die Platzform verließen, fragte Alex mich, was ich über die Leiche dächte.
    »Vielleicht wurde sie von einem Liebhaber zurückgelassen«, mutmaßte ich, »oder von einem Ehemann.«
    Alex musterte mich, als hätte ich irgendetwas vollkommen Unangemessenes von mir gegeben.

 
ZWEI
     
     
Geschichte ist eine Sammlung weniger Fakten und ein bemerkenswertes Sortiment aus Gerüchten, Lügen, Übertreibungen und Selbstverteidigung. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es, die einzelnen Kategorien auseinander zu halten.
    Anna Greenstein
Der Drang zur Ausbreitung
     
    Kurz nach dem Frühstück am zwanzigsten Tag verließen wir die Shenji-Außenstation. Wir brauchten neun Stunden, um den Quantenantrieb zu laden; also waren wir rechtzeitig zu einem späten Abendessen wieder zu Hause. Natürlich brauchten wir weitere zwei Tage für die Reise von unserem Ankunftspunkt nach Skydeck, der Orbitalstation von Rimway.
    Ich schlug vor, eine Pressekonferenz einzuberufen, um unseren Fund bekannt zu geben, aber Alex fragte mich nur kühl, was ich mir einbilde, wer da denn kommen solle.
    »Na, alle«, antwortete ich ehrlich überrascht darüber, dass er nicht erkannte, welchen Vorteil wir erringen könnten, würden wir unsere Entdeckung einer breiten Öffentlichkeit verkünden.
    »Chase, niemand interessiert sich für eine zweitausend Jahre alte Raumstation. Du interessierst dich aus offensichtlichen Gründen dafür. Und eine Hand voll Sammler. Vielleicht auch ein paar Forscher. Aber die Öffentlichkeit hält so etwas nicht für sexy. Für die ist das nur ein übrig gebliebener Haufen Schrott.«
    Also schön. Ich gab auf, wenn ich auch ein wenig über die verlorene Gelegenheit grummelte, mit den Medienvertretern zu reden. Ich gestehe, ich liebe es, im Rampenlicht zu stehen und interviewt zu werden. Während wir aber nun ins innere System flogen, beschäftigte ich mich damit, ein Inventar anzufertigen und ein Begleitschreiben zu verfassen, in dem unsere Funde im Detail aufgeführt wurden. Alex änderte hier und dort eine Hervorhebung, und wir schickten das Anschreiben an unsere

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