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Polarrot

Polarrot

Titel: Polarrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Tschan
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Bretter der Weltbühne gelegt hatte. Seit dieser Nacht, seiner schmerzlichsten Niederlage in seinem bisherigen Leben, wusste er, dass er dazugehören könnte, dass er mit all diesen Honoratioren und teuren Damen mithalten, ja sie sogar übertrumpfen könnte. Wenn er nur ein Schlupfloch aus den Zwischengängen fände, er würde mit ganz großer Geste in den Gemächern, Speisesälen, Bibliotheken und Rauchersalons aufspielen, die Damen würden schmelzend zu seinen Füßen liegen und die Männer ihn geradewegs zum Partner machen. Ja, Jacques Breiter würde ganz rasch dort ankommen, wo er seit Geburt hingehörte.
    Ein großer Hispano-Suiza fuhr vom überdachten Eingang weg, direkt in die große Pfütze, die sich am Gehsteigrand gebildet hatte und das hochgespritzte Wasser holte Breiter wieder in die feuchte Gegenwart durchnässter Hosenbeine zurück.
    Wo, Heilandsack, blieb Hebeisen?
    Im Gegensatz zum Regen nahmen der Strom der Konzertbesucher und die Anzahl der wartenden Automobile ab. Doch der beige-schwarze Bentley war nicht auszumachen. Als der große Lincoln K wendete und mit dem weichen Brummen des seitengesteuerten Achtzylinders den Steinenberg hochfuhr, blickte ihm Breiter mit großer Enttäuschung nach. Hebeisen hatte ihn versetzt, hatte ihm das Autofahrenlernen verwehrt und setzte kein Vertrauen in ihn, dass er den Bentley bei seinem ersten Fahrversuch nicht an den nächsten Laternenpfahl setzen würde.
    Breiter wollte sich bereits davonmachen, um seine Enttäuschung mit ein, zwei Gläsern Bier ein wenig wegzuschwemmen, als das Licht der runden Scheinwerfer des nigelnagelneuen Bentley Derby oben am Steinenberg auftauchte und der Wagen langsam zum Konzertsaaleingang hinunterschwebte, davor stoppte. Die Fahrertüre sprang auf, Hebeisen stieg aus, spannte einen Schirm auf und geleitete ein mageres Bürschchen im Frack zum Eingang.
    Hebeisen hatte Breiter nicht bemerkt, was dieser nutzte, um ins Auto zu springen und es sich im Fond des Wagens bequem zu machen. Der 3,5-Liter brummelte im Leerlauf ruhig vor sich hin, die Nadeln der verschiedenen Anzeigen zitterten leicht, hielten aber die Stellung, nur die kleinen Scheibenwischer flogen nervös und arhythmisch von links nach rechts über die nasse Frontscheibe. Breiter staunte über die Größe des Wagens, die Bequemlichkeit der Leder-bank, streckte mühelos seine langen Beine und strich mit der rechten Hand versonnen über das wunderbar glatte Rosenholz des Fensterrahmens.
    Die Tür sprang auf, Hebeisen stieg hinter das Steuerrad, warf den ersten Gang ein und fuhr los.
    „Junger Mann, zum Mustermesseparkplatz, bitte“, wendete sich Breiter in gestelztem Hochdeutsch an Hebeisen.
    Hebeisen trat abrupt auf die Bremse und schrie nach hinten: „Raus!“
    Breiter erschrak einen Augenblick, fasste sich aber sofort wieder, setzte sein unwiderstehlichstes Lächeln auf und sagte leise: „Komm, Willy, du willst doch nicht, dass ich vom rechten Weg abkomme. Zeig mir, wie das geht, ich muss Auto fahren können.“
    „Raus!“
    „Willy …“
    „Raus!“
    Breiter öffnete die Knöpfe seines Hosenschlitzes und griff in seine Hose hinein.
    „Was machst du?“
    „Ich pinkle dir jetzt gleich in den schönen Wagen deiner Chefin, wenn du nicht auf den Mustermesseparkplatz fährst.“
    „Spinnst du?“
    „Nein, ich will Autofahren lernen und du willst mir das nicht beibringen, also muss ich dich dazu bringen, dass du mir das beibringst.“
    „Und warum ich, gerade ich?“
    „Du bist der Einzige, den ich kenne, der Auto fahren kann und ab und zu auch einen Wagen hat. Und einen schönen dazu, wie es sich für uns gehört, nicht wahr, Willy?“
    „Warum fragst du nicht in der Firma?“
    „Weil ich hingehen, es anbieten und es können will. Das macht sich viel besser so.“
    „Aha, Breiters nächster großer Auftritt. Du kannst mich mal.“
    Breiter nahm sein Glied aus der Hose.
    Hebeisen schaute ihn entsetzt an. „Das machst du nicht!“
    „Doch, das mach ich!“
    „Du verdammter Hurensohn, das machst du nicht!“
    „Doch!“
    „Nein!“
    „Dann fahr zur Mustermesse! Oder du und deine Chefin haben ein Problem.“
    Willy Hebeisen wusste sich angesichts von Breiters entblößtem Glied und der damit an den Tag gelegten Entschlossenheit nicht zu helfen, drehte sich um, löste Bremse und Kupplung und fuhr über Marktplatz und Rheinbrücke zur Mustermesse.
    Der riesige, schwach beleuchtete Platz vor den backsteinroten Gebäuden war menschenleer. Vereinzelt stand da und dort

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