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Polarsturm

Polarsturm

Titel: Polarsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
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kamen.

DRITTER TEIL
    VERFOLGUNGSJAGD IM NORDEN



57
    Im Hochsommer sieht die Inselwelt der kanadischen Arktis ein paar Wochen lang wie eine gescheckte Wüstenei aus. Denn wenn Schnee und Eis weichen, tritt die ganze karge Schönheit dieser Landschaft zutage, die sonst unter dem Dauerfrost verborgen bleibt. Goldene, rote und lila Streifen durchziehen das felsige, baumlose Terrain, Flechten und eine erstaunliche Vielzahl von Blumen leuchten im Schein der Sonne. Hasen, Moschusochsen und zahllose Vögel erfüllen die trostlose Weite der Polargebiete mit Leben. Es ist eine wahrlich üppige Flora und Fauna, die in den hellen Sommermonaten hier gedeiht, nur um in den langen, dunklen Wintertagen wieder zu verschwinden.
    In den übrigen Monaten wirken die Inseln wie eine Ansammlung unwirtlicher Hügel, gesäumt von Küsten, die mit Steinen übersät sind – eine gottverlassene, öde Landschaft, die die Menschen seit Jahrhunderten wie ein Magnet angezogen hat, manche auf der Suche nach Ruhm, andere auf der Suche nach sich selbst. Als Pitt von der Brücke der
Narwhal
aus einen Streifen Packeis an der zerklüfteten Küste der Victoria-Insel betrachtete, kam es ihm so vor, als sei dies einer der einsamsten Orte, die er je gesehen hatte.
    Er ging zum Kartentisch, wo Giordino in eine große Karte der Viktoriastraße vertieft war. Der stämmige Italiener deutete auf die offene See östlich der Victoria-Insel.
    »Wir sind nur noch knapp fünfzig Meilen von der King-William-Insel entfernt«, sagte er. »Wo sollen wir deiner Meinung nach mit der Suche anfangen?«
    Pitt zog einen Hocker an den Tisch, setzte sich und musterte die Karte. Die birnenförmige King-William-Insel lag genau östlich von ihnen. Er nahm einen Stift und zeichnete fünfzehn Meilen nordwestlich der Nordspitze der Insel ein X ein.
    »Dort wurden die
Erebus
und die
Terror
offiziell aufgegeben«, sagte er.
    Giordino fiel auf, dass Pitt seltsam desinteressiert klang.
    »Aber du glaubst nicht, dass sie dort gesunken sind?«, fragte er.
    »Nein«, erwiderte Pitt. »Der Bericht der Inuit, der allerdings ziemlich ungenau ist, scheint darauf hinzudeuten, dass sich die
Erebus
weiter südlich befand. Vor meiner Abreise aus Washington habe ich von ein paar Leuten von der klimatologischen Abteilung einige Modelle für mich errechnen lassen. Sie haben versucht, die Witterungsbedingungen im April 1848 nachzustellen, als die Schiffe aufgegeben wurden, um etwas über die Entwicklung des Meereises sagen zu können.«
    »Die Schiffe sind also nicht einfach an der Stelle mit dem X gesunken, als das Eis schmolz?«
    »Möglich wäre es, aber wahrscheinlich ist es kaum.« Pitt deutete auf einen großen Meeresabschnitt nördlich der King-William-Insel, den sogenannten Larsensund.
    »Im Winter treibt das Packeis von Nordosten den Larsensund herab. Wenn es im Sommer 1848 nicht geschmolzen ist, was die Klimatologen vermuten, dann müssten die Schiffe im Winter 1849 nach Süden geschoben worden sein. Möglicherweise waren sogar ein paar Überlebende wieder an Bord gegangen – und wir wissen das nur nicht. Aber dies würde sich mit dem Bericht der Inuit decken.«
    »Na klasse, ein bewegliches Ziel«, sagte Giordino. »Mit einem kleinen Suchgebiet ist es da nicht getan.«
    Pitt fuhr mit dem Finger an der Westküste der King-William-Insel entlang und hielt an einer Reihe von Inseln inne, die zwanzig Meilen vor deren Südwestküste lagen.
    »Ich nehme an, dass diese Inseln, die Royal-Geographical-Society-Inseln, das südwärts driftende Packeis wie eine Art Bollwerk aufgehalten haben. Vermutlich ist es nach links und rechts abgedrängt worden und hat sich an der Nordküste aufgetürmt.«
    »Von deinem X aus ist es ein ziemlich direkter Weg dorthin«, stellte Giordino fest.
    »Das ist nur eine Vermutung. Ich habe keine Ahnung, wie weit sich die Schiffe tatsächlich von der Stelle bewegt haben, bevor sie im Eis versunken sind. Ich würde gern mit einem zehn Meilen großen Suchgebiet oberhalb dieser Inseln anfangen, und dann weiter nördlich gehen, wenn wir nichts finden.«
    »Klingt nicht schlecht«, pflichtete Giordino bei. »Wollen wir hoffen, dass sie in einem Stück gesunken sind, damit wir ein schönes Sonarbild bekommen.« Er blickte auf seine Uhr. »Ich wecke lieber Jack und lasse das AUV vorbereiten, bevor wir vor Ort sind. Wir haben zwei an Bord, können also auch zwei Suchgebiete gleichzeitig abfahren.«
    Während Pitt die Koordinaten für zwei aneinandergrenzende Suchgebiete

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