Polarsturm
Motor abgestellt, als ihm auch schon der Duft des Old Bay Seasoning in die Nase stieg.
»Hier gibt’s die besten Krabben weit und breit, sehr pikant«, versprach er.
Das Restaurant war ein altes, am Flussufer errichtetes Haus, das zu einem Café umgebaut und schlicht eingerichtet, aber sehr gemütlich war. Sie wurden gerade zu einem Tisch mit Blick auf den Potomac gebracht, als eine Schar Einheimischer hereinkam.
»Loren hat mir erzählt, dass Sie Biochemikerin an der GWU sind«, sagte Pitt zu Lisa, nachdem er eine Runde Bier und Krabben bestellt hatte.
»Ja, ich gehöre zu einer Umweltstudiengruppe, die sich mit der globalen Erwärmung befasst«, erwiderte sie.
»Falls Sie sich mal langweilen sollten, kann die NUMA Sie mit einem wichtigen Meeresforschungsprojekt betrauen«, bot er lächelnd an. »Wir haben ein großes Team, das die Auswirkungen der Erwärmung und Übersäuerung der Ozeane untersucht. Ich war gerade bei einer Projektbesprechung mit einer Gruppe, die sich mit der Kohlendioxidsättigung der Ozeane und der Möglichkeit, absorbiertes CO2 in der Tiefsee einzulagern, befasst.«
»Da sich fast alle auf die Atmosphäre konzentrieren, freut es mich, dass auch jemand auf die Meere achtet. Klingt so, als gäbe es da Parallelen zu meiner Arbeit. Ich bin mit einem Projekt zur Reduzierung des Kohlendioxids in der Luft befasst. Ich würde gern die Ergebnisse Ihres Teams sehen.«
»Bislang liegt nur ein erster Bericht vor, aber vielleicht finden Sie ihn ja ganz nützlich. Ich schicke Ihnen eine Kopie. Oder noch besser, ich bringe ihn morgen bei Ihnen vorbei. Ich muss auch bei den Abgeordneten antreten«, fügte er hinzu und verdrehte die Augen in Richtung Loren.
»Alle Regierungsbehörden müssen Rechenschaft über ihren Jahresetat ablegen«, erwiderte Loren. »Vor allem diejenigen, die von ehemaligen Piraten geleitet werden.«
Sie lachte, umarmte Pitt und wandte sich dann an ihre Freundin. »Lisa, ich hatte den Eindruck, dass du nach der heutigen Anhörung unbedingt über deine Forschungen sprechen wolltest. Erzähl mir mehr davon.«
Lisa trank einen kräftigen Schluck Bier, dann schaute sie Loren vertrauensvoll an.
»Ich habe bislang nur mit meinem Assistenten darüber gesprochen, aber ich glaube, wir sind auf eine wichtige Entdeckung gestoßen.« Sie sprach leise, als habe sie Angst, die Gäste an den Nachbartischen könnten etwas hören.
»Erzähl weiter«, drängte Loren und beugte sich zu Lisa hin.
»Bei meinen Forschungsarbeiten geht es um die molekulare Beeinflussung von Kohlenwasserstoffen. Wir haben einen wichtigen Katalysator gefunden, der meiner Meinung nach eine künstliche Photosynthese in großem Maßstab zulässt.«
»Meinst du, wie bei Pflanzen? Licht in Energie umwandeln?«
»Ja, kannst du dich noch an deinen Botanikunterricht erinnern? Nur zur Sicherheit … Nimm die Pflanze da drüben«, sagte sie und deutete auf einen großen Schwertfarn, der in einem Topf am Fenster hing. »Er nimmt Sonnenlicht auf, Wasser aus dem Erdreich und Kohlendioxid aus der Luft, um Kohlenwasserstoffe herzustellen, den Brennstoff, den er zum Wachsen braucht. Das einzige Abfallprodukt ist Sauerstoff, den wir alle zum Überleben brauchen. Das ist der Grundzyklus der Photosynthese.«
»Doch der eigentliche Vorgang ist so kompliziert, dass ihn noch kein Wissenschaftler nachstellen konnte«, sagte Pitt, der zusehends gespannter wurde.
Lisa saß schweigend da, als die Bedienung kam, einen braunen Pergamentpapierbogen auf dem Tisch ausbreitete und dann einen Haufen dampfender Blaukrabben vor ihnen hinkippte. Als sich alle drei mit einem Holzhammer über die pikanten Krabben hermachten, fuhr sie fort.
»Im Allgemeinen haben Sie Recht. Teilabläufe der Photosynthese ließen sich zwar nachstellen, aber bei weitem nicht so effizient wie in der Natur. Es ist äußerst kompliziert. Deswegen konzentrieren sich Hunderte von Wissenschaftlern, die weltweit mit künstlicher Photosynthese befasst sind, auf die einzelnen Bausteine des Vorgangs.«
»Dich eingeschlossen?«, fragte Loren.
»Mich eingeschlossen. Unser Labor hat sich auf diejenige Fähigkeit der Pflanzen konzentriert, Wassermoleküle in ihre einzelnen Bestandteile zu zerlegen. Wenn wir diesen Vorgang nachstellen können, und eines Tages werden wir so weit sein, dann stehen uns unbegrenzte Mengen an billigem Wasserstoff als Treibstoff zur Verfügung.«
»Dein Projekt zielt aber eigentlich in eine andere Richtung?«, fragte Loren.
»Ich habe mich auf eine
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