Polarsturm
President, die Arktis wird auch künftig ein wichtiges Einsatzgebiet zum Zweck unserer Landesverteidigung sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass Seewege gesperrt werden, die sich in der Nähe unserer Landesgrenzen befinden.«
Schweigend ging der Präsident zum Ostfenster und blickte auf den Rosengarten. »Ich nehme an, wir können uns nicht einfach zurückziehen. Aber wir müssen das Misstrauen auch nicht weiter schüren. Lassen Sie uns das angekündigte Verbot unsererseits freiwillig für neunzig Tage einhalten. Ich möchte, dass in diesem Zeitraum kein unter amerikanischer Flagge fahrendes Schiff, die U-Boote eingeschlossen, in die Gewässer der kanadischen Arktis vordringt. Das sollte allen Beteiligten die nötige Zeit verschaffen, um sich wieder zu entspannen. Danach lasse ich vom Außenministerium eine Zusammenkunft mit Premierminister Barrett vorbereiten, bei dem man sich vielleicht auf vernünftige nachbarschaftliche Beziehungen einigen kann.«
»Ein ausgezeichneter Vorschlag«, räumte Meade ein. »Ich werde den Außenminister sofort anrufen.«
»Mr. President, da wäre noch etwas anderes«, sagte der Verteidigungsminister. »Ich würde gern ein paar Gegenschlagsmöglichkeiten in Planung geben, falls dies durch den weiteren Verlauf der Ereignisse erforderlich werden sollte.«
»Guter Gott«, rief der Präsident. »Es handelt sich hier um Kanada.«
Niemand sagte etwas, während der Präsident den Verteidigungsminister anfunkelte. »Tun Sie, was Sie tun müssen. Wie ich Sie kenne, haben Sie wahrscheinlich schon einen vollständigen Einmarschplan ausarbeiten lassen.«
Der Verteidigungsminister saß mit versteinerter Miene da, ohne die Vorhaltung des Präsidenten zu dementieren.
»Meiner Meinung nach sollten wir uns darauf konzentrieren festzustellen, wer die Kanadier in Unruhe versetzt und warum«, schaltete sich Sandecker ein. »Was genau wissen wir über die beiden zur Debatte stehenden Vorfälle.«
»Leider nur sehr wenig, da sich beide in abgelegenen Gegenden ereigneten«, erwiderte Moss. »Der erste Zwischenfall ging von einem unter amerikanischer Flagge fahrenden Handelsschiff aus, das einen Kutter der kanadischen Küstenwache rammte. Wir haben von den Kanadiern lediglich erfahren, dass es sich um ein kleines Containerschiff namens
Atlanta
handelte. Die Kanadier dachten, sie könnten sie weiter westlich in der Passage, bei der Somerset-Insel, abfangen, aber das Schiff ist nie wieder aufgetaucht. Sie meinen, dass es möglicherweise gesunken ist, aber unsere Analytiker halten es für möglich, dass es eher in den Atlantik zurückgekehrt sein kann, ohne gesehen zu werden. Im Schiffsregister sind ein Dutzend Schiffe namens
Atlanta
verzeichnet, aber nur eines kommt vom Aussehen und der Größe her infrage. Es liegt seit drei Wochen in Mobile, Alabama, im Trockendock.«
»Vielleicht haben die Kanadier Recht, und es ist aufgrund der Schäden, die es sich bei dem Rammen zugezogen hat, gesunken«, sagte der Präsident. »Ansonsten müssen wir davon ausgehen, dass ein Irrtum bei der Identifikation vorliegt.«
»Schon seltsam, dass es die Passage befahren wollte und dann einfach verschwunden ist«, stellte Sandecker fest. »Was ist eigentlich mit dem Eiscamp in der Beaufortsee? Man hat mir mitgeteilt, dass keines unserer Schiffe in der Nähe war.«
»Ganz recht«, erwiderte Moss. »Die drei Überlebenden des Eiscamps behaupten, sie hätten ein graues Kriegsschiff unter amerikanischer Flagge gesehen, das durch das Lager pflügte. Einer der Männer erkannte die Nummer 54 am Bug des Schiffes. Zufällig ist FFG-54 derzeit auf Station in der Beaufortsee.«
»Eine unserer Fregatten?«
»Ja, die
Ford
aus Everett, Washington. Sie sollte zum Zeitpunkt des Zwischenfalls allerdings ein U-Bootmanöver bei Point Barrow unterstützen, aber das ist über dreihundert Meilen entfernt. Abgesehen davon ist die
Ford
nicht für den Einsatz im Eis geeignet, daher könnte sie gar nicht durch das dicke Packeis pflügen, auf dem sich das Camp befand.«
»Ein weiterer Irrtum bei der Identifikation?«, fragte der Präsident.
»Genaues weiß keiner. Aber so viel Verkehr herrscht in der Gegend nicht, außerdem tobte zum fraglichen Zeitpunkt ein schwerer Sturm, sodass die Sichtverhältnisse sehr schlecht waren.«
»Wie sieht’s mit Satellitenaufnahmen aus?«, fragte Sandecker.
Moss blätterte in einem Ordner, dann entnahm sie ihm einen Bericht.
»Die Satellitenüberwachung dieser Region erfolgt aus ersichtlichen Gründen eher
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