Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
machen für die Siegerehrung. In der Kammer, die dafür vorgesehen ist, treffen die ersten Drei des Rennens aufeinander. Eine mitunter spannende Begegnung. Auch in Suzuka liegt in dem Augenblick nicht nur Champagnerduft in der Luft, sondern auch Pulverdampf der gerade geschlagenen Schlacht. Mehr oder weniger freundlich weist Button Sebastian Vettel darauf hin, wie nahe der ihm am Start gekommen ist. Aber es bleibt beim Scharmützel. Sebastian Vettel ist verdient Weltmeister geworden. Das können auch die meisten Rivalen unumwunden zugeben. Lewis Hamilton, Weltmeister des Jahres 2008, meint: »Er war außergewöhnlich in diesem Jahr.« Ferrari-Fahrer Felipe Massa lobt in die Kameras: »Er ist ein toller Kerl und hat diesen Titel wirklich verdient.« Mercedes-Fahrer Nico Rosberg sagt: »Das Team hat perfekt zusammengepasst, und er war einfach unschlagbar.« Renault-Lenker Bruno Senna ist aufgefallen: »Er macht das Optimale aus seinen Möglichkeiten, ist unheimlich stark im Qualifying, sehr schnell, sehr präzise.« Sauber-Pilot Sergio Perez findet: »Ich halte ihn für einen kompletten Fahrer.« Daniel Ricciardo, eine der nächsten Hoffnungen aus dem Red-Bull-Juniorteam, verweist auf Vettels Vorbildwirkung: »Er gibt einen guten Fixpunkt für uns Jüngere ab.« Es sind Sätze, die über das normale Maß an Anerkennung hinausgehen. Der Respekt der Kollegen – aktueller wie ehemaliger – ist deutlich zu hören. Der ehemalige Formel-1-Fahrer Marc Surer aus der Schweiz lobt im deutschen Pay- TV -Sender Sky: »Er ist in der Liga der Prosts und Mansells angekommen. Vettel ist mit dem Erfolg gewachsen.« Niki Lauda spricht ins RTL -Mikrofon: »Er kann wirklich alles, er ist der absolut beste Rennfahrer, den es heute gibt.« Die britische BBC beschäftigt Martin Brundle als Experten. Sein Vettel-Verdikt: »Nach dem ersten Titel dachte ich, er könne jetzt wirklich durchstarten. Ich hatte aber keine Ahnung, wie sehr er das dann wirklich tun würde. Sebastian war absolut außergewöhnlich. Er hat einen ganz neuen Maßstab gesetzt, wie Formel-1-Fahrer ihren Beruf begreifen sollten.« Es dauert auch nicht lange, bis Glückwünsche aus der Politik und anderen Sportarten eintreffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt wissen, sie finde die Verteidigung des WM -Titels »eine großartige Leistung«, Joachim Löw, der Trainer der Fußball-Nationalmannschaft, teilt den Nachrichtenagenturen mit: »Es ist schon beeindruckend, mit welcher Souveränität und Natürlichkeit er immer wieder aufs Neue aktuelle Herausforderungen meistert.«
Feierstunde
In Suzuka muss Sebastian Vettel aber erst einmal die Herausforderung der Champagnerschlacht bestehen. Dabei wird der Weltmeister in Japan noch gar nicht gefeiert. Als Feierstunde für den Jahresbesten ist die Gala des Automobilweltverbandes zum Saisonabschluss vorgesehen, die 2011 erstmals in Neu-Delhi steigt. In Suzuka werden nicht die deutsche und die österreichische Nationalhymnen gespielt, für Jenson Button und sein McLaren-Team erklingt »God Save the Queen«. Sebastian Vettel bekommt nur den drittgrößten Pokal, aber er wirft ihn voller Freude in die Luft, und anschließend schwingt er ihn wie ein Zepter. Danach werden die großen Sektflaschen geschüttelt: Sebastian Vettel lässt sich einen Schwall des prickelnden Getränks direkt ins Gesicht zischen, so, als wolle er mit einer kalten Dusche ausprobieren, ob es vielleicht doch nicht nur ein Traum ist, den er da gerade erlebt. Als die Politiker, die die Pokale übergeben haben, als Jenson Button und Fernando Alonso die Bühne hoch über der Boxengasse verlassen haben, genießt Sebastian Vettel einen letzten, einsamen Moment auf dem Podium. Im linken Arm die Champagnerflasche, im rechten den Pokal, grüßt er noch einmal die Fans auf der Haupttribüne. Die jubeln zurück. Dann heißt es: sich erklären. Es gibt wohl keinen anderen Sport, in dem die Akteure so ausgiebig Rede und Antwort stehen wie in der Formel 1. Eine Minute fahren, zehn Minuten darüber reden – wer alles zusammenrechnet, kommt leicht auf solch ein Verhältnis. Weil das Interesse so groß ist. Aber auch, weil alle Finessen ohne Erklärung kaum zu verstehen sind.
Für die Fahrer ist das eine besondere Herausforderung: Gerade noch mit allen Emotionen mitten im Geschehen, sollen sie kurz darauf schon zurücktreten und das Erlebte einordnen. Nicht immer gelingt das. Sie sind selten, aber es gibt diese Momente, in denen die starre, professionelle Maske vom Gesicht
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