Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
rutscht. Im Jahr 2000 war das in Monza so. Michael Schumacher hatte gerade im Ferrari den Großen Preis von Italien gewonnen. Es war sein 41. Sieg. Die Marke bedeutete Schumacher viel. 41 Siege – so viel hatte auch Ayrton Senna geholt. Die erste Frage, wie viel ihm der Erfolg bedeute, konnte Schumacher auf der Pressekonferenz noch parieren: »Mir fehlen die Worte.« Doch als der Name »Senna« fiel, kamen ihm die Tränen, und er versuchte, sie zu verbergen, indem er den Kopf schüchtern senkte und sein Gesicht unter der Schildkappe verbarg. Mikka Häkkinen, der Zweitplatzierte, legte dem Rivalen tröstend die linke Hand auf die Schulter. »Es ist nicht leicht, in den Weltmeister-Modus umzuschalten«, bekennt Sebastian Vettel in Suzuka. Alle Gedanken an die große Chance auszublenden, im Rennen zu versinken – der Vorsatz war ihm gelungen: »Das Rennen war schwierig für uns. Es hat nicht viel zwischen uns gelegen. Es war extrem spannend. Ich habe gehofft, am Ende noch einmal die Zähne zusammenbeißen und angreifen zu können. Leider hat das Rennen dann aufgehört.« Weiter, weiter, immer weiter – ein Getriebener. Als alle Interviews absolviert sind, ist die Sonne schon einige Zeit untergegangen und Dunkelheit hat sich über den Suzuka International Racing Course gelegt. Erst jetzt stößt die Hauptfigur zum bereits feiernden Team. Ein gemeinsames Foto wird gemacht. Sebastian Vettel verneigt sich vor der Mannschaft, die geschlossen T-Shirts trägt, auf denen sein Fahrertitel gefeiert wird. Teamkollege Mark Webber ist nicht mit im Bild. Auch die Fans werden erneut bedacht: Sebastian Vettel springt auf die Boxenmauer und präsentiert den Tausenden, die in der Dunkelheit ausgeharrt haben, noch einmal seinen Zeigefinger und seinen Pokal. Die Aktion ist nicht ganz uneigennützig: »Es verleiht einem eine ungeheure Kraft, wenn einem so viele Leute zujubeln«, findet Sebastian Vettel. Selbst in der Stunde des Triumphes gibt es eine Nachbesprechung mit den Ingenieuren. Solange die Eindrücke noch frisch sind, werden sie gesammelt – in aller Ruhe. Die Red-Bull-Runde in Suzuka dauert zwei Stunden. Erst danach geht es zum Feiern in einen Irish Pub nach Yokaichi.
Sebastian Vettel hatte sich zuvor um die Art, wo und wie er den Erfolg begehen will, keine Gedanken gemacht. Auch das wäre Gedankenballast gewesen. Beatles-Klassiker, Karaoke zu Frank Sinatras »I did it my way«, hundert Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon – es sind wilde, bunte Stunden, auf die wenig Schlaf folgt. Bereits am nächsten Morgen geht es weiter, per Helikopter nach Yokohama, ins Hauptquartier des Nissan-Konzerns, eines wichtigen Sponsors. Wieder sind Erklärungen gefragt: »Das ganze Jahr war ein Traumjob«, offenbart Sebastian Vettel. Aber trotz der kurzen Nacht ist er ausgeschlafen genug, um zur Wachsamkeit zu mahnen: »Wir müssen sehr hart arbeiten, um dort zu bleiben, wo wir sind.«
Wegmarken
Früher an später denken. Die Konkurrenz nie aus den Augen lassen. Stets das Team einbeziehen. Bescheiden bleiben. Den Kontakt zu den Fans halten. Hart arbeiten, analysieren, planen, simulieren. Sich konzentrieren. Die Technik verstehen. Und sie für sich nutzen. Technik-Schwächen erkennen. Und versuchen, sie auszugleichen. Im entscheidenden Moment zur Stelle sein, ohne viele Aufwärmrunden. Eigene Fehler zugeben und bereit sein, dafür einzustehen. Die Ideallinie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Sich öffentlich geschickt präsentieren. Anerkennen, wenn andere knapp besser sind. Aber es nicht akzeptieren. Bis zur letzten Runde kämpfen. Und darüber hinaus. Der Große Preis von Japan, das Rennen, in dem er sich zum zweiten Mal den Formel-1-Titel sicherte, sagt viel darüber aus, wie Sebastian Vettel ist.
KINDERSPIELE
Geburtsort Heppenheim
»Formel aans«: Wer mit Norbert Vettel spricht, bekommt schnell einen Eindruck davon, woher Sebastian Vettel stammt. Sein Vater ist Zimmermann. In Heppenheim an der Bergstraße. Gut 25 000 Einwohner, neun Kirchen, fünf Grundschulen, drei Gymnasien, ein Freibad. Eine Stadt in Hessen, die nicht wie eine echte Stadt wirkt und auch nie eine große werden wird. Der Charme des Kleinen, des Alten ist immer noch präsent, im Kern mit viel Fachwerk vor den Ausläufern des Odenwaldes. Es ist eine Kulisse, in der schon Bollywood-Filme gedreht wurden. Hier wurde Sebastian Vettel geboren. Hier ging er zur Grundschule. Hier besuchte er das Starkenburg-Gymnasium, das sich nach seinem ersten Formel-1-Sieg 2008 in
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