Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Monza auf der Homepage einige Tage in »Sebastian-Vettel-Gymnasium« umbenannte, und hier erwog der Bürgermeister bei der gleichen Gelegenheit, eine »Sebastian-Vettel-Allee« auszuweisen. Ganz offiziell. Hier steht sein Elternhaus. Nicht direkt im Zentrum, etwas außerhalb, in einem Gewerbegebiet. Hier hingen Michael-Schumacher-Poster im Kinderzimmer. Und der Spruch von Radprofi Lance Armstrong: »Jede Trophäe und jeden Dollar, den ich bekomme, habe ich mit Fässern Schweiß erkauft.« Hier strampelte Sebastian Vettel mit dreizehn auf dem Ergometer vor dem Fernseher, in dem die Tour de France lief, weshalb er es gelegentlich erst ins Freibad schaffte, kurz bevor die anderen zum Abendessen nach Hause mussten. Hier probierte er auch Fußball und Tischtennis aus, aber das gab ihm nicht so viel wie das Im-Kreis-Fahren. Hier saß er nachts vor dem Computer und ging die technischen Daten seines Rennwagens durch. Hier hat er dank einer Ausnahmegenehmigung schon mit siebzehn den Führerschein gemacht, in einem BMW X3. Null Fehler in Theorie und Praxis. Natürlich. Hier ließ sich auch die anschwellende Euphorie, die Formel-1-Erfolge bringen können, besonders gut nachvollziehen. Als Sebastian Vettel das erste Mal für Furore sorgte, trug die Begeisterung schnell bunte Blüten in Heppenheim. Nach dem ersten Formel-1-Sieg gab es beim Metzger die »Racerwurst« und in einem italienischen Restaurant »Spaghetti alla Vettel«: Parmaschinken, Artischocken, Kapern, Oliven, dazu frisch geriebener Parmesan. Beim nächsten Rennen wurde auch gleich Public Viewing inszeniert, in der Stadionkneipe »Sportlertreff«. Dazu spielte eine Blues-Band, unter anderem einen Song, den sie eigens gedichtet hatte: »Vettel, fahr vor!« Und es gab den Vettel-Teller: Steak auf Bratwurst-Rädern über Pommes-Asphalt. Kosten: vier Euro.
Zwei Jahre später war dafür nicht einmal mehr eine Eintrittskarte zu bekommen. Zum Großen Preis von Ungarn im Juli 2011 zog der TV -Sender RTL ein professionelles Public Viewing in Heppenheim auf, in der Freilichtbühne: Niki Lauda und Florian König moderierten auf einer 80 Quadratmeter großen, ausfahrbaren Bühne. Dabeisein kostete fünf Euro. Trotzdem strömten mehr als viertausend. Als sich Sebastian Vettel später im Jahr den zweiten Titel sicherte, brachen zweitausend Fans zu einem Autokorso auf; die finalen Runden des Rennens in Japan hatten sie zuvor im »Lacktempel« verfolgt – einem Autohaus. Der Soundtrack dazu: »Highway to Hell« von AC / DC . Es ist eine Welt, die auch eng wirken kann. Manch einer strebt deshalb weg. Sebastian Vettel aber kehrt immer wieder zurück. Nach jedem WM -Titel kam er nach Heppenheim, und jedes Mal geriet der Besuch zum Happening. Im Winter 2011 war es eine Party mit 30000 Gästen. »Die Söhne Mannheims« traten auf. Für den Anlass nannten sie sich »Die Söhne Heppenheims«. Sie spielten auch Sebastian Vettels Lieblingssong: »Das hat die Welt noch nicht gesehen.« In dem heißt es unter anderem: »Doch es ist gut, wie es ist. Der Mensch lernt nur, wenn er Scheiße frisst, sonst reift er nicht.« Für den schnellsten Sohn der Stadt war eine vierhundert Meter lange »Hero Lane« ausgeflaggt, eine »Heldenspur«. Die großen und die kleinen Gesten – an solchen Tagen kommen sie zusammen. Die hessische Landesregierung hatte ein Nummernschild als Präsent vorbereitet. Aufschrift: » HEL - VETTEL «. Die Stadt Heppenheim übergab ein Mountainbike, und ein Schreinermeister überraschte den Formel-1-Weltmeister mit einem selbst gezimmerten Schlüsselkasten. Im Jahr zuvor, nach dem ersten Titel, hatten ihn zehntausend empfangen. »Mit so viele Leud häd’ isch net gerechnet«, bekannte Sebastian Vettel. Der Comedian Bülent Cheylan trat mit auf die Bühne, ein Mannheimer. Und natürlich wurden Witze gerissen über die Rivalität der Städte. »Ich bin das Boxenluder von Sebastian«, behauptete Cheylan, der seine Haare lang trägt. Sebastian Vettel konterte: »Da gibt es hübschere.« Andere wirken in solchen Momenten verkrampft, peinlich. Sebastian Vettel aber hat den Witzbold lange geübt. Manche haben das Zeug zum Klassensprecher, andere zum Klassenclown. Als ihm ein Ortsschild übergeben wurde, das die Aufschrift »Vettelheim« trug, verkündete: »Ab sofort sind alle Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben!«
Heimatkunde
Wenn Sportler nach außergewöhnlichen Erfolgen an die Orte zurückkehren, wo sie aufwuchsen, ist das häufig spannend. Weil dann meist sehr
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