Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Vettel eilt bereits ein mächtiger Ruf voraus. Auch 2008 ist er an Toro Rosso gebunden, wie Gerhard Berger mit einem Satz verrät: »Wir wollen Sebastian in den nächsten eineinhalb Jahren zu einem Top-Piloten ausbilden.« Zu tun gibt es einiges. Die Sitzposition im Toro Rosso ist eine ganz andere als im BWM . Sebastian Vettel kennt noch nicht einmal die Funktionen am Lenkrad des Toro Rosso. Er hat ein dickes Handbuch bekommen. Ohne Testfahrten geht er das Wochenende an. Sein erstes Ziel: Schneller sein als Liuzzi, der das gleiche Auto bewegt. Der Teamkollege – das Wort ist irreführend. Ein Miteinander ist die Beziehung nur, solange die Daten ausgewertet und die Autos abgestimmt werden. Sobald der Motor läuft, wird aus dem nächten Kollegen der erste Rivale. Er hat die gleichen Möglichkeiten. Die gleichen Bedingungen. Er ist der erste Maßstab. Wer im Vergleich zu seinem Teamkollegen schlecht aussieht, dessen Karriere bleibt kurz. Das Gegeneinander hat auch einen psychologischen Aspekt. Es geht darum, das Revier zu markieren. Wer hat das Sagen? Auf wen hört das Team im Zweifelsfall? Wer bekommt das bessere Material, wenn nicht genügend Teile für beide da sind? Wer wird in der Qualifikation im günstigeren Moment auf die Strecke geschickt? Und wer im Rennen im strategisch besten Augenblick zum Boxenstopp einbestellt? Es gibt Fahrer, die besiegen ihren Teamkollegen nicht nur, sie demoralisieren ihn. Eddie Irvine erging das so. Über einige seiner Erfahrungen bei Ferrari von 1996 bis 1999 meinte der Nordire: »Neben Michael Schumacher zu fahren, ist, wie alle zwei Wochen einen Baseballschläger über den Kopf gezogen zu bekommen.« Sebastian Vettel weiß, dass er schnell auf Touren kommen muss. Im ersten Training ist er nach 26 Runden sieben Hundertstelsekunden schneller als Liuzzi, im zweiten am Nachmittag nur zwölf Hundertstel langsamer. Wie weit die Rivalität zwischen zwei Fahrern eines Teams gehen kann, ist einen Tag später zu besichtigen. Bei McLaren. In der Qualifikation.
Nie Dagewesenes
Für das britische Team fahren in jenem Jahr Fernando Alonso und Lewis Hamilton. Alonso ist als Weltmeister von Renault gekommen. Zweimal nacheinander hat er Michael Schumacher besiegt. Der Weltmeister bekommt die Startnummer eins, egal, für wen er fährt. Alonso hat die begehrte Startnummer mitgebracht zu McLaren, das seit Mika Häkkinens Triumph 1999 keinen Weltmeister mehr stellte. Teamchef bei McLaren ist der Miteigentümer Ron Dennis. Der Brite, Jahrgang 1947, begann als Mechaniker in der Formel 1. Er schraubte an den Autos von Jochen Rindt und Jack Brabham. Sein größtes Talent war das Schraubenanziehen aber nicht. Sein größtes Talent war es, Gelegenheiten zu erkennen. Anfang der siebziger Jahre ergriff er die Gelegenheit, ein eigenes Team in der Nachrückserie Formel 2 zu gründen, das zügig zu Erfolgen kam – mit Hilfe der Zigarettenfirma Philip Morris als Sponsor. Als Dennis vierunddreißig war, tat sich die nächste Gelegenheit auf: Mit Hilfe von Philip Morris übernahm er das schwächelnde McLaren-Formel-1-Team. Dennis ist ein Pedant. Wenn er ein Hotelzimmer betritt, richtet er als Erstes die Bilder und die Handtücher. Als er ein Kind war, saugte seine Mutter, wenn er im Bett lag, jeden Abend die Wohnung. Das Erlebnis hat ihn nicht nur geprägt. Es hat ihn fast traumatisiert. Das McLaren-Technology-Center, die Rennwagenfabrik, die er in seiner Heimatstadt Woking errichten ließ, ist eines der feinsten Stücke britischer Industrie-Architektur. Entworfen hat sie Norman Foster. Zur Eröffnung im Mai 2004 kam die Queen. In der Kantine im Erdgeschoss treffen sich alle Mitarbeiter. Auf dem Weg zurück zum Arbeitsplatz geht es an der Pokalsammlung vorbei. Als Erinnerung, wofür sie arbeiten. Dennis ist ein Fetischist des sorgfältigen Planens.
Nicht jeder kommt damit zurecht. Der überaus talentierte, aber auch überaus schweigsame Finne Kimi Räikkönen kam es nicht. Der überaus talentierte, aber auch überaus impulsive Kolumbianer Juan Pablo Montoya noch weniger. Die Wege trennten sich wieder. 2007 will Dennis zurück in die Erfolgsspur. Mit Alonso, dem Weltmeister, und Lewis Hamilton, dem 22-Jährigen, dessen Karriere Dennis selbst früh mitplante. Ein Meister und ein Novize – die Rollen sind eigentlich klar verteilt. Denkt zumindest Alonso. Die Präsentation des Autos findet nicht zufällig in Valencia statt, in seiner Heimat Spanien. 150000 schauen zu. Artisten des Cirque du Soleil treten auf. Als
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