Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
wurde und die mit dem unbescheidenen Anspruch antritt, sie wolle »so schön wie der New Yorker sein und so witzig wie der Simplicissimus«. Das Werk überzeugt nicht jeden. McLaren-Chef Ron Dennis weist Besucher, die es in sein Motorhome tragen, entschieden vor die Türe. Die Autos von Red Bull und Toro Rosso unterscheiden bis auf die Motoren wenig. So lange das Reglement es erlaubt, werden sie beide in Milton Keynes entworfen und gebaut. Für die Präsentation der Kreationen für die Saison 2006 lässt sich Red Bull ebenfalls etwas Buntes einfallen: Auf einer kleinen Insel vor Bahrain steigt unter dem Motto »Die 1002. arabische Nacht« eine rauschende Party. Die Ergebnisse sind dann aber wieder nicht so berauschend. Bis auf David Coulthards dritten Platz beim Saisonhöhepunkt in Monaco – das Team wirbt für den Film »Superman«, weswegen Coulthard mit einem albernen Umhang zur Siegerehrung in die Fürstenloge schreitet –, gibt es wenig zu feiern. Weil die Zahl der Zylinder von zehn auf acht schrumpfte, hatten sich die Konstrukteure gedacht: Fein, dann können wir ja auch die Kühler 20 Prozent kleiner auslegen. Die Rechnung geht nicht auf, weil die Motoren viel häufiger mit Vollgas bewegt werden. Bis der Fehler korrigiert ist, vergeht viel Zeit, was in Fuschl wie so oft den Entschluss reifen lässt: Es wird Zeit, dass sich etwas ändert. Im Februar 2006 kommt ein Kopf, der den Spuk beenden soll: Adrian Newey.
Ein kluger Kopf
Newey, Jahrgang 1958, ist das beste Beispiel dafür, dass man in der Formel 1 nicht nur als Fahrer zum Star werden kann. Der Sohn eines rennsportbegeisterten Tierarztes ist vierzehn, als ihn sein Vater zum ersten Mal zu einem Formel-1-Grand-Prix mitnimmt: In Silverstone wird Adrian Newey Augenzeuge, wie sich kurz nach dem Start elf Autos ineinander verkeilen. Dass es ihn in das Metier zieht, steht früh fest. Newey wählt nicht nur sein Studienfach danach aus: Luft-und Raumfahrttechnik – weil ihm bewusst wird, dass Rennwagen mehr mit Flugzeugen als mit normalen Pkw gemein haben. Auch den Studienort wählt Newey mit Formel-1-Perspektive. An der Universität Southampton gibt es einen Windkanal, den die britischen Formel-1-Teams gerne nutzen. Sportwagen, IndyCars – nach dem Universitätsabschluss dauert es nicht lange, bis Newey beginnt, Rennwagen zu entwerfen. 1988 zeichnet er sein erstes Formel-1-Auto für das March-Team. Der Entwurf glückt für einen Berufseinsteiger erstaunlich gut: In Japan führt der Italiener Ivan Capelli darin überraschend eine Runde lang. 1990 wechselt Newey zum Williams-Team, wo er beginnt, Titel zu sammeln. 1992 fährt Nigel Mansell in einem Auto von ihm zum Titel. Im Jahr darauf Alain Prost. 1994 soll das Jahr für Ayrton Senna werden. Der wohl beste Fahrer im vermutlich stärksten Auto – so eine Kombination ist im Motorsport ein Traum. Der Newey-Senna-Traum endet aber schon im dritten Rennen, als der Brasilianer in Imola von der Strecke abkommt und stirbt. Die Unfallursache wird nie endgültig geklärt. Die Lenkstange, die Senna kurz zuvor noch hatte modifizieren lassen, könnte zu schwach ausgelegt gewesen sein. Fernsehbilder zeigen allerdings auch, dass sein Auto an jenem Tag auffällig häufig aufsetzte. Die italienischen Behörden strengen Verfahren wegen Totschlags gegen die Verantwortlichen bei Williams an. Verurteilt aber wird niemand. Eine Maschine zu entwerfen, die einen Menschen tötet – das muss der Albtraum für jeden Techniker sein. Neweys Zeit bei Williams endet aber aus einem anderen Grund: Als Obertechniker wirkt Patrick Head, der Mitbesitzer. 1997 zieht Newey weiter. Williams bleibt nach seinem Abschied 53 Rennen lang ohne Sieg, McLaren aber, Neweys neuer Arbeitgeber, steigt zur Gegenmacht des von Michael Schumacher angeführten Ferrari-Teams auf. »Wenn man Erfolg haben will, braucht man entweder Michael Schumacher oder Adrian Newey«, behauptet nicht nur Niki Lauda. Die britische Presse bringt das Duell auf die Zeile »Schuey or Newey«. 2001 verpflichtet Jaguar in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den schüchternen Mann mit dem Haarkranz, der seine Gedanken auch im Computerzeitalter noch immer am liebsten auf einem Zeichenbrett niedermalt. Doch McLaren glückt der Gegenschlag: Mit einem Millionen-Angebot wird Newey zurückgeholt. Als fünf Jahre später Red Bull lockt, sagt Newey nicht mehr »Nein«. Dietrich Mateschitz jubelt laut »Wir haben ihn!«, als der Coup eingefädelt ist. Einen Top-Fahrzeug-Bauer hat er jetzt. Fehlt nur noch
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