Polgara die Zauberin
hatten, lag es auf der Hand, daß ich in Arendien bleiben mußte, damit sie nicht wieder auf dumme Gedanken kamen. Und so kehrte ich im Frühling des Jahres 2313 zu Vaters Turm zurück, um ein paar Sachen zu packen, die ich vielleicht benötigen würde. Ich vermute, ich hätte alles, was ich brauchte, auch mit dem Willen erschaffen können, aber aus irgendeinem Grund wäre das einfach nicht dasselbe gewesen.
Vater war bereits im Verlauf des vorangegangenen Winters ins Tal zurückgekehrt. Als ich im Turm angelangt war, rief er die Zwillinge herüber, und wir vier besprachen uns. »Ich hatte eigentlich gehofft, Onkel Beldin anzutreffen«, gestand ich.
»Er ist noch in Mallorea, Pol«, klärte Belkira mich auf. »Was geht in Arendien vor?«
»Was geht wohl schon in Arendien vor?« schnaubte Beltira.
»Pol hat Schritte unternommen«, ließ Vater sie wissen. »Im Augenblick ruht eine unnatürliche Stille über Arendien. Ich glaube, man nennt es für gewöhnlich Frieden.«
»Du übertreibst, Vater«, widersprach ich, während ich nach dem Schinken sah, den ich für unser Abendessen garte. »Ctuchik entfachte das Feuer, und die Arender hatten viel Spaß mit den kleinen Bränden. Nun, da wir sie mit kaltem Wasser gelöscht haben, fehlen den Arendern die Vorwände, einander abzuschlachten. Ich würde dennoch nicht so weit gehen, es Frieden zu nennen. Sie sitzen herum und warten auf jemand, der ihnen neue Gründe für einen Krieg liefert.«
»Sicherlich finden sie irgend etwas«, sagte er säuerlich.
»Darum gehe ich ja auch dorthin zurück«, eröffnete ich ihnen. »Ich möchte den Arendern unmißverständlich klarmachen, daß ich ihnen den Hintern versohle, wenn sie sich nicht benehmen.«
»Sie sind doch keine kleinen Kinder, Pol«, widersprach mir Belkira.
»Ach, nein? Du bist schon lange nicht mehr dort gewesen, Onkel. Arender sind sehr charmant, aber ein großer Teil ihres Charmes beruht darauf, daß sie nie erwachsen geworden sind.«
»Wirst du dich an einem Ort niederlassen, Pol?« wollte Beltira von mir wissen. »Oder planst du eine Existenz als mobile Feuerwehr?«
»Ich habe Einladungen von allen drei Herrschern Arendiens erhalten, Onkel, aber ich denke, ich werde nach Vo Wacune ziehen. Es ist wesentlich anziehender als Vo Astur oder Vo Mimbre, und Herzog Kathandrion besitzt zumindest ansatzweise Verstand. Zumindest vermag er über die Grenzen seines Herzogtums hinauszusehen. Ich glaube nicht, daß Mangaran und Corrolin dazu in der Lage sind. Ich werde wahrscheinlich trotzdem viel umherreisen müssen, bis sich die Arender an den Frieden gewöhnt haben. Aber es ist immer gut, einen Ort zu haben, den man Zuhause nennen kann.« Dann kam mir etwas in den Sinn, das die Zwillinge wissen sollten. »Ctuchik war sehr geschickt darin, seine Spione zu tarnen«, erzählte ich ihnen. »Es gibt einen quasireligiösen Orden, der seinen Stammsitz in der Großen Wüste von Araga südöstlich von Nyissa hat. Sie nennen sich Dagashi, und sie sind Halbblutmurgos. Ihre Mütter – und vermutlich auch Großmütter – sind Sklavinnen aus anderen Rassen. Die Dagashi sind das Ergebnis einer Züchtung, der alle angarakanischen Merkmale fehlen und sie sind als Spione und Meuchelmörder ausgebildet. Geht also nicht davon aus, daß jemand, der nicht wie ein Angarakaner aussieht, auch kein Angarakaner ist. «
»Das könnte uns eine Menge Ärger bereiten«, meinte Beltira stirnrunzelnd.
»Das hat es bereits mehrmals«, antwortete ich. »Ich dachte, wir sollten das wissen. Oh, da wäre noch etwas. Offensichtlich haben die Murgos in ihren Bergen Gold gefunden. Sie können nun großzügig Bestechungsgelder bezahlen. Vermutlich befinden sich in der Nähe ihrer Minen Eisenerzablagerungen, denn das Murgogold schimmert stets rötlich. Das könnte uns dabei helfen herauszufinden, wer sich hat bestechen lassen.« Ich lehnte mich in meinen Sessel zurück. »Ctuchik mischt sich jetzt verstärkt in die Angelegenheiten hier im Westen ein«, sinnierte ich. »Das könnte bedeuten, daß Torak sich darauf vorbereitet, seinen Schlummer in Ashaba zu beenden, es könnte indes auch etwas anderes bedeuten. Ich versuche, die Dinge in Arendien streng unter Kontrolle zu halten, aber ihr Herren werdet über die anderen Königreiche Wacht halten müssen.«
»Danke«, sagte Vater mürrisch.
»Keine Ursache.« Ich schenkte ihm mein süßestes Lächeln.
Am folgenden Morgen packte ich zusammen, was ich für Vo Wacune brauchte, und verließ das Tal.
Es war im Spätfrühling
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