Polgara die Zauberin
»Brillant, Pol!« beglückwünschte er mich. »Du hast die arendischen Bürgerkriege mit Sodbrennen beendet!«
»Fürs erste jedenfalls. Und jetzt mach dich frisch, Vater. Wir haben heute abend eine Gesellschaft.«
»Eine Gesellschaft?«
»Einen großen Ball, um genau zu sein. Herzog Alleran liebt Tanz und Musik, aber ich vermute, daß du der absolute Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sein wirst.«
»Albernheiten!« schnaubte er.
»Nein, Vater – Politik. Im Augenblick habe ich Arendien in der Hand. Um aber ganz sicher zu gehen, soll jeder wissen, daß du meine Trumpfkarte bist, falls ich dich wirklich brauche. Sei hoheitsvoll, Vater, und einschüchternd. Mach sie glauben, du könntest Berge versetzen, wenn du willst. Ich möchte, daß sie alle sehen, was für eine Waffe du bist und wieviel Schaden ich mit dir anrichten kann, falls ich mich entscheiden sollte, dich zu ziehen und mit dir um mich zu schlagen.«
»Willst du damit sagen, daß ich dein Kämpe bin?« fragte er.
»Du wirst immer mein Ritter ohne Fehl und Tadel sein, Vater. Und jetzt geh bitte und nimm ein Bad, stutz deinen Bart und zieh dir eine weiße Robe an. Mach mir keine Schande.«
Mein Vater ist der geborene Schauspieler. Das habe ich vermutlich schon erwähnt. Eine kurze Regieanweisung und eine grobe Charakterbeschreibung seiner Rolle genügt, und er wird eine wahrhaft meisterhafte Vorstellung bieten. Zuerst brummte er ein bißchen – genau wie vor jener Rede, die er für mich in Vo Astur gehalten hatte –, aber schon bald begann der Sirenenruf der Melodramatik ihn in den Bann zu ziehen, und als wir zu Allerans Palast aufbrachen, war er vollständig in seiner Rolle als ›Belgarath der Zerstörer‹ aufgegangen. Die Aufrichtigkeit zwingt mich zuzugeben, daß er seine Rolle an jenem Abend schauderhaft überspielte, aber schließlich agierte er ja vor Arendern.
Arender sind nicht die größten Theaterkritiker, deshalb scheint ihnen Übertreibung auf der Bühne nichts auszumachen.
Das hat getroffen, nicht wahr, alter Wolf?
Nach Vaters Besuch gingen die Jahre gemessenen Schritts ins Land. Von Zeit zu Zeit flackerten kleine Fehden auf, aber es gelang uns, sie auf unserer jährlichen Zusammenkunft des Arendischen Rats rasch beizulegen. Meine gelegentlichen Ausflüge als mobile Feuerwehr wurden immer seltener, während die Arender sich allmählich an die Idee des Friedens gewöhnten. Meine Vasallen begannen widerwillig zuzugeben, daß es ihnen nun tatsächlich besser ging als in ›der guten alten Zeit‹ der Leibeigenschaft, und Geld begann die zuvor herrschende Naturalwirtschaft zu ersetzen. In einigen Städten meines Reichs hatte ich ein paar Probleme mit tolnedrischen Händlern, aber sie lösten sich größtenteils in Wohlgefallen auf, nachdem ich Gewichte und Maße standardisiert und das Strafrecht verbessert hatte, indem ich ziemlich harte Bußen für unbeschränkte Kreativität im Umgang mit Pfund und Zoll einführte. Zunächst dachten die Tolnedrer, ich würde es nicht ernst meinen, daher überstiegen meine Einnahmen aus dem Bußgeldbereich ein paar Jahre lang die Einkünfte aus meinen Ländereien. Das Geld war ohnehin Überschuß, und ich verwandte es dazu, überall in meinem Herzogtum Schulen zu bauen. Die umfassende Alphabetisierung gelang mir nicht gänzlich, aber die Fortschritte waren beachtlich. Dann gründete ich zur Förderung einer meiner ältesten Liebhabereien ein Kolleg für praktische Medizin in Sulturn. Mein Ziel war eine gesunde, wohlhabende, gut ausgebildete Bevölkerung, und ich marschierte zielstrebig darauf zu und riß alles in meinem Herrschaftsgebiet mit meiner Begeisterung mit.
Herzog Borrolane, den Nachfolger des vorigen Herzogs Corrolin, schienen meine Unternehmungen und mein offensichtlicher Erfolg während unserer Zusammenkunft im Jahre 2340 ein wenig zu verblüffen.
»Es ist wirklich nichts Besonderes, Euer Gnaden«, ließ ich ihn wissen. »So seltsam Euch das auch erscheinen mag, Frauen sind viel praktischer veranlagt als Männer – vielleicht, weil sie stets den Haushalt führen müssen. Männer sind Träumer, und gleichgültig, wie hehr ein Traum ist, man kann damit keinen einzigen Laib Brot backen. Genau genommen ist jeder, der eine Küche führen kann, auch in der Lage ein Land zu beherrschen – ob groß oder klein.«
Die tatsächliche Arbeit der alltäglichen Regierungsgeschäfte im Herzogtum Erat ruhte hauptsächlich auf Killanes Schultern. Er war inzwischen Mitte Fünfzig, ein gewichtig aussehender Bursche mit
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