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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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einer nüchternpraktischen Ausstrahlung. Theoretisch war er mein Vogt, der Verwalter meiner persönlichen Güter, aber meine Vasallen, verschiedene Grafen und Barone, fanden bald heraus, daß mir seine Meinung viel galt, und so bemühten sich alle um gutes Einvernehmen mit ihm. Zu keiner Zeit jedoch mißbrauchte er seine Stellung, und nie gab sein Verhalten dem Adel Anlaß, sich vor den Kopf gestoßen zu fühlen. Petitionen, Beschwerden und Einwände nahm er stets mit denselben einfachen Worten entgegen: »'ch werd ihrer Gnaden Nachricht schick'n von Eurem Vorschlag, Melord. Wir werd'n seh'n, was sie dazu sagt.« Dann pflegte er einige Wochen zu warten und anschließend meine ›Entscheidung‹ in Angelegenheiten zu übermitteln, von denen ich nicht die geringste Ahnung hatte. Seine Rolle in meinem Reich war in etwa dieselbe wie Kamions auf der Insel der Winde. Er diente als Puffer – oder Filter, wenn ihr so wollt –, der mir unbedeutende Kleinigkeiten aus dem Weg schaffte. Im allgemeinen vermittelte ich ihm eine grobe Vorstellung von dem, was ich wollte, und er sorgte dann dafür, daß ich es bekam, ohne allzu viele Leute zu beleidigen. In mancher Hinsicht, obwohl er sich dessen vermutlich nicht bewußt war, war mein humorvoller Freund ein Verwaltungsgenie. Genau genommen regierte er Erat, während ich den Rest von Arendien regierte.
Um das Jahr 2350 aber begann das Alter ihm zuzusetzen. Seine Haarfarbe war nun ein sandiges Grau, und das Gehör ließ ihn im Stich. Er stützte seine unsicheren Beine mit einem Stock und benutzte eine Ohrtrompete, um besser zu hören. Meine Besuche im Landsitz am See wurden zunehmend zu ärztlichen Hausbesuchen. Ich verordnete ihm eine Diät und mischte Tinkturen exotischer Kräuter, um eine wachsende Zahl von Übeln im Zaum zu halten. »Du fällst auseinander, Killane«, schrie ich auf einem dieser Besuche im Herbst 2352 in seine Ohrtrompete. »Warum hast du nicht besser auf dich achtgegeben?«
»Wer hätt sich denk'n lass'n, daß ich so alt tät werd'n tun, Fräuleinchen?« sagte er mit wehmütiger Miene. »Keiner in meiner Familie ist älter als fünfzig geword'n, und hier sitz ich und bin achtundsechzig, 'ch sollt schon vor zwanzig Jährchen, ich will mal sagen, in die Grube gehüpft sein.« Dann blinzelte er zur Decke empor. »Trotzdem, wenn ich's recht bedenk'n tu, ist in 'ner Kneipenschlägerei zu sterb'n so was wie 'ne natürliche Todesursache in meiner Familie, und ich hab keine anständige Kneipenschlägerei mehr mitgemacht, seit ich Euer Gnaden das erstemal geseh'n hab. Ihr habt mir mein ganzes Leben verpfuscht, Lady Polgara. Schämt Ihr Euch denn gar nicht?«
»Nicht besonders, Killane«, antwortete ich. »Ich denke du solltest einige deiner Pflichten an jemand aus deiner Verwandtschaft abtreten, den du dafür geeignet hältst. Du ruhst dich nicht genug aus, und du verbringst zuviel Zeit damit, dir über unwichtige Kleinigkeiten den Kopf zu zerbrechen. Laß jemand anderen sich um die kleinen Dinge kümmern. Spar dir deine Kraft für die großen auf.«
»'ch bin noch nicht tot, Fräuleinchen«, verwahrte er sich, »'ch kann mein Teil noch immer beitrag'n tun.«
Und das tat er – weitere zwei Jahre lang. Dann fielen eine Reihe von Übeln, die ihn schon seit geraumer Zeit belauert hatten, mit einemmal über ihn her, und ich saß mehrere Monate an seinem Krankenbett. In jenem Sommer benachrichtigte ich Alleran, mich bei den anderen Herzögen zu entschuldigen. Ich würde meinen Freund nicht einmal für das alljährliche Treffen des Arendischen Rats verlassen.
Es war gegen Mitternacht in einer stürmischen Herbstnacht als Rana mich wachrüttelte. »Er will Euch seh'n, Euer Gnaden«, sagte sie, »und ich mein, Ihr solltet Euch beeil'n tun.«
Hastig streifte ich meinen Morgenrock über und folgte ihr durch die leeren Gänge in das Krankenzimmer.
»Ah, da seid Ihr ja, Fräuleinchen«, sagte der Sterbende mit schwacher Stimme. »Laß uns jetzt allein, Rana. 'ch hab uns'rer Lady noch was zu sag'n, was du nicht hör'n brauchst.«
Seine jüngste Schwester küßte ihn liebevoll und verließ traurig das Zimmer.
»So, jetzt laßt mich mal in Ruhe, Fräuleinchen«, sagte Killane. »'s gibt da was, was ich mir von Seele red'n muß, und ich will's ausspuck'n, bevor sie die Erde auf mich schmeiß'n tun für den langen, ich will sagen, Schlaf. Ihr und ich, wir sind 'nen langen Weg zusammen gegang'n, und wir haben's nie in uns reingefress'n, wenn wir was auf dem Herzen hatt'n, also rück ich

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