Polgara die Zauberin
einstigen Leibeigenen gegen Lohn einstellen, um diese Arbeiten für mich zu tun.«
Die Augen traten ihm aus dem Kopf, und vor Staunen blieb ihm der Mund offenstehen. »Ihr wollt einem Leibeigenen wahrhaftig Geld geben?« rief er aus.
»Es sei denn, er möchte etwas anderes«, entgegnete ich. »Einen guten Ochsen beispielsweise oder neue Kleidung.« Ich runzelte die Stirn. »Das einzige Problem, das ich bezüglich des Geldes sehe, ist, daß die Leibeigenen nur bis zehn zählen können – bis neun, wenn sie zufällig einen Finger verloren haben. Das dürfte die Zahltage sehr schwierig gestalten. Ich denke, ich werde ein paar Schulen auf meinen Gütern einrichten müssen, um meinen ehemaligen Leibeigenen Grundkenntnisse in der Arithmetik und eine flüchtige Bekanntschaft mit den Geheimnissen der Schrift zu vermitteln.«
»Ungeheuerlich!« rief Nerasin aus. »Ihr könnt Leibeigenen nicht Lesen und Schreiben beibringen!«
»Warum nicht? Gut ausgebildete Arbeiter sind doch aller Wahrscheinlichkeit nach tüchtiger als ungelernte, würdet Ihr das nicht auch sagen?«
»Lady Polgara, da draußen gibt es Hitzköpfe, die jede Menge aufrührerischen Unfug geschrieben haben. Wenn die Leibeigenen lesen können, könnte ihnen ein Schriftstück in die Hand fallen, das eine Revolution auslöst!«
»Revolutionen sind gesund, Nerasin. Sie reinigen die Luft. Ihr säßet vermutlich heute nicht hier, wenn Graf Mangaran, Baronin Asrana und ich Euren Onkel nicht vom Thron von Vo Astur entfernt hätten, glaubt Ihr nicht auch? Zufriedene Arbeiter rebellieren aber nicht. Erst wenn Ihr sie mißhandelt, kommen sie Euch mit Mistgabeln. In meinem Herrschaftsgebiet wird das nicht passieren.«
»Ich würde mir lieber die Zunge abbeißen, als das zu versuchen, was du uns rätst, Tante Pol«, meldete Alleran sich zu Wort. »Glaubst du nicht, daß du die Dinge etwas übereilst?«
»Ich mache Hausputz, Alleran«, beschied ich ihn, »und es ist ein sehr schmutziges Haus. Ich werde nicht um der alten Zeiten willen irgendwelche Schmutzhaufen in den Ecken liegenlassen.«
An all den leeren Blicken rings um mich konnte ich sehen, daß meine Ausführungen nicht in die Köpfe gingen – besser gesagt, sie gingen zum einen Ohr hinein und zum anderen hinaus. »Du liebe Güte«, seufzte ich. »Also gut, laßt es mich so ausdrücken. Letzten Sommer wolltet Ihr drei mich unbedingt in Euren eigenen Rang erheben. Das war doch Eure Absicht, oder?«
»Ähm –«, machte Alleran unsicher, »ja, das nehme ich an.«
»Berichtige mich, falls ich mich irre, aber bedeutet das nicht, daß mir das Herzogtum Erat gehört – voll und ganz und ohne Einschränkungen?«
»Dahin ging unsere Absicht, Euer Gnaden«, gestand Corrolin.
»Ist er nicht ein lieber Junge?« sagte ich, an die beiden anderen gewandt. »Nun also, da das Herzogtum Erat mir gehört – uneingeschränkt –, kann ich dort oben alles tun, wonach mir der Sinn steht, nicht wahr? Und keiner von Euch – weder einzeln noch gemeinsam – kann irgend etwas dagegen tun, habe ich recht?«
»Es gibt jedoch Regeln und Gepflogenheiten, Tante Pol«, rieb mir Alleran unter die Nase.
»Ja, ich weiß – schlechte Regeln und schlechte Gepflogenheiten. Sie gehören zu jenem Schmutz und Müll, den ich gerade aus den Ecken kehre.« Ich blickte den Herzog von Astur mit strengem Blick an. »Erzählt ihnen, was geschah, als Ihr den kleinen Kathandrion entführt hattet, Nerasin«, verlangte ich. »Schildert es in allen Einzelheiten – und falls Ihr es vergessen haben solltet, kann ich es jederzeit wiederholen – nur um Euer Gedächtnis aufzufrischen.« Dann weitete ich die Warnung auf alle aus. »Sollte es Euch Herren nicht zusagen, was ich innerhalb der Grenzen meines Hoheitsgebiets tue, dann ist das Euer Problem. Und falls es Euch wirklich stört, steht es Euch frei, mir den Krieg zu erklären. Das aber laßt Euch gesagt sein: Der erste, der mein Reich überfällt, wird sehr, sehr krank werden. Ich werde nicht Eure Ritter verstümmeln oder Eure Fußsoldaten abschlachten oder über die Grenze reiten und die Dörfer Eurer Leibeigenen niederbrennen. Ich werde gegen Euch persönlich vorgehen. Meine Vergeltung wird geradewegs auf Euch zielen. Falls Ihr Euch dazu entschließen solltet, mich anzugreifen, werde ich ein Feuer in Eurem ganz persönlichen kleinen Bauch entzünden. Was ich auf meinen Besitzungen mache, ist meine Sache. Nun denn, ich bin dieses Jahr überaus beschäftigt, was steht auf der Tagesordnung? An die Arbeit!«
Hegt
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