Polgara die Zauberin
Mode zu ernsthafteren Themen. Meine inoffizielle ›Damenakademie‹ brachte eine ganze Reihe von Frauen hervor, die bedeutenden Einfluß, auf das politische und gesellschaftliche Leben Wacunes nahmen. Frauen wissen instinktiv, wie sie ihre Ehemänner behutsam leiten und lenken können, und meine kleine Schule veränderte mit der Zeit einige Dinge, die ich zutiefst verabscheute.
Wir pflegten uns am Abend, wenn die Sterne herauskamen, in meinem Rosengarten oder auf der Terrasse zu treffen. Wir aßen gekühlte Früchte, die uns mein Küchenjunge brachte, und lauschten dem Gesang der Nachtigallen, die klangen, als bräche ihnen das Herz. Und da ich die schönsten und interessantesten Frauen des Hofes um mich versammelte, pflegten junge Männer sich auf der Straße vor meinem Haus einzufinden und uns mit klaren, vor Sehnsucht schmelzenden Tenorstimmen Serenaden zu singen. Es gibt unangenehmere Arten, einen Abend zu verbringen.
Das fünfundzwanzigste Jahrhundert war in Arendien eine Zeit relativen Friedens. Natürlich gab es noch hier und dort kleine Strohfeuer, meist uralte Fehden zwischen benachbarten Baronen. Aber die arendischen Herzöge konnten unter Anwendung süßer Überredungskunst und Androhung militärischer Übermacht mit minimaler Hilfe meinerseits die Flammen austreten. Allerdings machte ich einen Vorschlag, der sehr wirkungsvoll zu sein schien. Ein Vasall ist verpflichtet, seinen Lehnsherrn mit Kriegern zu unterstützen, wann immer dieser es verlangt. Die Herzöge fanden heraus, daß fast augenblicklich Frieden einkehrte, wenn sie einander befehdende Barone all ihrer kampftüchtigen Männer beraubten, indem sie den Heerbann einforderten.
Die Welt jenseits der Grenzen von Arendien bewegte sich weiter. Die cherekischen Piraten überfielen auch im fünfundzwanzigsten Jahrhundert die tolnedrische Küste, nachdem der Grund dafür längst in Vergessenheit geraten war. Niemand erinnerte sich mehr an Maragor, aber die Chereker, diese ursprünglichsten Alorner, fuhren fort, die tolnedrischen Küstenstädte zu plündern und zu brandschatzen. Ihre Barbareien begingen sie unter dem frommen Vorwand, lediglich Belars Anordnung zu folgen. All das endete ziemlich abrupt mit der Thronbesteigung der ersten Borunedynastie in Tol Honeth im Jahre 2537 Ran Borune I. war weitaus fähiger, als seine Vorgänger aus der zweiten vorduvischen Dynastie. Er jagte seine trägen Legionen aus ihren bequemen Kasernen in Tol Honeth und befahl ihnen jene großen Verbindungsstraßen zu bauen, die von der Mündung des Nedraflusses nordwärts nach Tol Vordue verläuft. Das Bauvorhaben führte zur Entstehung von Legionslagern entlang der Küste in Reichweite der traditionellen cherekischen Ziele, und so stießen die cherekischen Freibeuter bald auf erbitterteren Widerstand, sobald sie den Fuß an Land setzten. Etwa zu diesem Zeitpunkt befanden die Chereker, sie hatten ihren religiösen Verpflichtungen Genüge getan und es sei an der Zeit andere Plätze zum Spielen zu suchen.
Ran Borune war der erste seiner Familie auf dem kaiserlichen Thron, daher lebten in seinem Palast noch viele Vorduvier, sie waren unangenehme Zeitgenossen, vom kleinen Gauner bis zum richtigen Schwerverbrecher. Die Vorduvier hatten sich sehr von Ctuchiks ausgeklügeltem Komplott zu Beginn des vierundzwanzigsten Jahrhunderts beeindrucken lassen. Die anhaltenden arendischen Bürgerkriege hatten den Vorduviern jede erdenkliche Gelegenheit verschafft, unehrenhafte Gewinne einzustreichen – hauptsächlich im Waffenhandel. Was in Arendien als ›Polgaras Frieden‹ bekannt war, legte ihre Absatzmärkte lahm, und mein Name war Bestandteil ritueller Verwünschungen von Tol Vordue bis Tol Horb und Tol Honeth. Die Boruner stammten aus dem Süden, so daß sie schon rein geographisch nicht viel mit dem Waffenhandel in Arendien zu tun hatten. Ran Borune sah deshalb keinen Grund, sich für eine der eher exotischen Problemlösungen der Vorduvier, Horbiter und Honetither zu begeistern.
Im Jahr 2560, als die Chereker ihrer Überfälle auf die tolnedrische Küste überdrüssig waren, führte eine Kabale jener drei Familien zu Spannungen im Lande. Sie traten an den damaligen Herzog von Mimbre heran, einen jungen Burschen namens Salereon, und öffneten jene Büchse, von der ich angenommen hatte, sie sei auf ewig versiegelt. Sie begannen Salereon als ›Euer Majestät‹ zu titulieren, da Mimbre schließlich das größte der vier Herzogtümer und der Herzog von Mimbre infolgedessen der wahre
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