Polgara die Zauberin
Handel mit Arendien. Wenn wir jetzt alles verkaufen, erzielen wir hübsche Gewinne, und wenn Ihr danach alle arendischen Grenzen zu Tolnedra schließt, wird all dieser Besitz seinen Wert verlieren. Wir scheffeln haufenweise Geld, und die nördlichen Familien – die ohnehin nicht zu meinen liebsten Freunden zählen – erhalten eine lehrreiche Lektion.«
»Eine wahre Schande«, seufzte ich.
»Nicht wahr? Und da ich die Legionen befehlige, wird das Heer wohl anderweitig zu beschäftigt sein, um nach Norden an die arendische Grenze eilen zu können.«
»Ist das nicht tragisch?« Ran Borune und ich verstanden uns prächtig.
»Einen Gefallen, Polgara – im Austausch dafür, daß ich den nördlichen Familien meine Legionen vorenthalte.«
»Sprecht, mein lieber Junge.«
»Ihr werdet mich doch benachrichtigen, wenn Ihr gedenkt, die Grenzen wieder zu öffnen, nicht? Vielleicht eine Woche davor? Früh genug jedenfalls, damit ich die Schuldverschreibungen der Vorduvier, Honetither und Horbiter aufkaufen kann. Ich dürfte sie zu einem sehr niedrigen Preis bekommen. Wenn wieder normale Handelsbeziehungen mit Arendien aufgenommen werden, werden sie Millionen wert sein.«
»Ich würde einem Freund, der in der Welt vorankommen will, nie meine Hilfe versagen«, erklärte ich.
»Polgara, ich liebe Euch!« rief er begeistert.
»Ran Borune! « erwiderte ich mit gespielter Empörung. »Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt!«
Er lachte, und dann vollführte er einen kleinen Freudentanz. »Ich zieh ihnen das Fell ab, Polgara!« krähte er. »Ich zieh ihnen bei lebendigem Leib das Fell ab! Ich mache diese hochmütigen Nordlichter für Generationen zu meinen Schuldnern!«
»Nachdem Ihr ihnen das Fell über die Ohren gezogen habt, besteht keine Notwendigkeit mehr, meine Rolle in unserer kleinen Vereinbarung geheimzuhalten. Ich hielte es für angebracht, wenn ganz Nordtolnedra kollektiv erschauern würde, sobald mein Name auch nur geflüstert wird.«
»Ich werde dafür sorgen«, versprach er. Dann zeigte er auf seinen kränkelnden Rosenbusch. »Was für einen Fisch?« fragte er.
»Karpfen, denke ich«, riet ich ihm. »Sie sind größer – und fetter.«
»Ich kümmere mich sofort darum. Hättet Ihr Lust, mit mir angeln zu gehen?«
»Ein andermal vielleicht. Ich mache mich wieder auf den Weg zurück nach Arendien. In zwei Wochen werde ich die Grenzen schließen. Das sollte Euch genügend Zeit geben, den Familien aus dem Norden das Wasser abzugraben.«
»Ihr dürft mich jederzeit besuchen, Polgara. Meine Tür steht Euch stets offen.«
Da wechselte ich meine Gestalt. Ran Borune und ich kamen famos miteinander aus, aber ich wollte ihn nicht vergessen lassen, wer ich wirklich war. Ich flog im Kreis um ihn, strich ihm mit meinen Federspitzen über das verdutzte Gesicht und flog davon.
Es gibt sicher viele Wege, einen Krieg zu verhindern, aber auf diesen bin ich noch immer besonders stolz. Ich trieb nicht nur eine Bande, die mich tief beleidigt hatte, in den Ruin, sondern gewann dabei auch noch einen Freund.
Danach blieb es friedlich in Arendien, und ich begann sogar ein paar Mischehen zu stiften. Das trug dazu bei, jene Unterschiede, die den Ausbruch neuer Kriege immer so begünstigt hatten, zu verwischen.
Es war zu Beginn des achtundzwanzigsten Jahrhunderts – etwa um das Jahr 2710, glaube ich –, als die Herzöge Gonerian von Wacune, Kanallan von Asturien und Enasian von Mimbre einen Vorschlag vorbrachten, den ich ein ganz klein wenig lächerlich fand. Aber sie waren so begeistert von der Idee, daß ich mich, wenn auch widerwillig, darauf einließ. Ich glaube, Enasian war der Urheber des Plans, weil die Mimbrater geradezu süchtig nach Heldendichtung und ihren hochtrabenden Konventionen waren. Was sie vorschlugen, war nicht weniger als ein gewaltiges Turnier für den Adel aller vier Herzogtümer, und der Gewinner dieses Turniers – vorausgesetzt, einer überlebte diese Woche ritualisierten Gemetzels – sollte zu meinem Kämpen erklärt werden.
Wozu brauchte ich einen Kämpen?
Aber sie nahmen es alle so entsetzlich ernst. »Hochgeschätzte Lady«, sagte Enasian, und ihm standen tatsächlich Tränen in den Augen, »Ihr müsset einen Recken haben, des starker Arm Euch vor Kränkung und Ärgernis schirmt. Ungehobelte Schurken, welche Euren schutzlosen Stand erspähen, möchten die Grenzen höfischen Betragens überschreiten und Euch unziemliche Anträge unterbreiten. Selbstverständlich werden meine Brüder, die Herzöge, und ich zu
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