Polgara die Zauberin
daß er Blut spuckt?«
»Wenn es nötig ist ja.«
»Wozu braucht Ihr dann mich? «
»Ich habe das Vergnügen Eurer Gesellschaft, mein lieber Torgun. Laßt uns jetzt weiterreiten. Es ist fast Erntezeit, und es gibt jede Menge Dinge, die meine Aufmerksamkeit erfordern.«
Garteon von Asturien wurde ein paar Jahre später von seinen Baronen aus dem Fenster gestürzt. Das ist einer der Nachteile, wenn man in einem Palast mit hohen Türmen wohnt. Es besteht immer die Möglichkeit, ›zufällig‹ aus einem Fenster zu fallen, das sieben Stockwerke über einem mit Steinplatten gepflasterten Hof liegt.
Sein Sohn, der gleichfalls Garteon hieß, war womöglich ein noch größerer Schurke als sein Vater. Asturien wurde langsam zum Problem.
Das dreißigste Jahrhundert brach an, und mir wurde bewußt daß ich seit nunmehr sechs Jahrhunderten die Geschicke Arendiens lenkte. In Wahrheit genoß ich es. In vielerlei Hinsicht sind die Arender wie Kinder, und mich betrachteten sie mit der Zeit als eine Art weise Mutter, zu der sie mit den meisten ihrer Probleme laufen konnten. Noch wichtiger war aber vielleicht die Tatsache, daß sie sich mit mir absprachen, bevor sie etwas Wichtiges in Angriff nahmen. Aus diesem Grunde war ich in der Lage, jede Menge möglicher Katastrophen im Keim zu ersticken.
Im Frühling des Jahres 2937, tat ich meinen Mitherrschern kund, daß Torguns Nachfolger, ein mimbratischer Ritter namens Anclasin, allmählich in die Jahre komme und nicht mehr allzu gut höre. Darüber hinaus hatte er eine Reihe von Enkeln in Mimbre, mit denen er mehr Zeit verbringen wollte. Kinder zu haben ist nett, aber Enkel zu haben ist phantastisch.
Das machte das jährliche Turnier auf dem Großen Arendischen Markt natürlich noch spannender. Dem Gewinner, den man gemeinhin als ›mächtigsten unter den lebenden Rittern‹ bezeichnete, winkte das zweifelhafte Vergnügen, die nächsten Jahrzehnte unter meiner Fuchtel zu verbringen.
Ich traf in jenem Jahr ein paar Tage früher auf dem Markt ein, und mein Seneschall, einer von Killanes Nachkommen, hörte sich um und brachte mir einige ziemlich beunruhigende Nachrichten. Es schien, als nehme ein geschäftstüchtiger drasnischer Händler Wetten auf den Ausgang des Turniers an. Naja, wenn irgend jemand unbedingt sein Geld für Wetten ausgeben will, geht mich das nichts an. Aber ich wollte nicht, daß jemand auf die verschiedenen Veranstaltungen Einfluß nahm, und die jeweiligen Gewinner im voraus bestimmte. Ich unterhielt mich mit dem Drasnier, und diktierte ihm die Regeln, die er bei seinem Unternehmen beachten mußte. Diese Regeln waren ziemlich einfach. Keine Bestechungsgelder. Kein Manipulieren an der Ausrüstung. Kein Beimischen von exotischen Kräutern in die Nahrung der Wettkämpfer oder deren Pferde. Als er meinen Pavillon verließ, wirkte der drasnische Händler irgendwie gequält. Ganz offensichtlich hatte er sich das alles anders vorgestellt.
Ein richtiges Turnier ist wie ein Veredelungsprozeß, in dessen Verlauf die Schlacke weggebrannt wird und nur das reine Gold übrigbleibt. Das ist für jene, die auf dem Schlackehaufen gelandet sind, vermutlich eine etwas kränkende Metaphorik, aber das Leben ist manchmal hart, nicht wahr? Die Ausscheidungskämpfe dauerten mehrere Wochen, und am Ende blieben nur zwei Kämpen über, ein Paar wacitischer Edelleute, Lathan und Ontrose, die Jugendfreunde von Herzog Andrion gewesen waren. Baron Lathan war ein dicker, polternder Bursche mit dunkelblondem Haar, und Graf Ontrose hingegen, eher ein gebildeter und feiner Mann mit schwarzem Haar und tiefblauen Augen. Ich kannte sie beide von Kindesbeinen an und hatte sie wirklich gerne. Offen gesagt erstaunte es mich ein wenig, daß der kultivierte Graf Ontrose in einem Wettbewerb, der doch größtenteils auf brutaler Kraft beruhte, so weit gekommen war.
Der abschließende Waffengang fand an einem windigen Morgen statt, als dicke weiße Wolken wie eine Herde Schäfchen über ihre blaue Weide hüpften. Die Zuschauer hatten sich alle auf den Tribünen eingefunden und wurden schon unruhig, als endlich ein langgezogener Fanfarenklang verkündete, daß die ›Unterhaltung‹ beginnen werde. Ich saß auf einem königlichen Thron, flankiert von Andrion von Wacune, Garteon von Asturien und dem betagten Moratham von Mimbre, als das Freundespaar vorritt, ganz in schimmernden Stahl gehüllt und mit lustig im Wind peitschenden Wimpeln an den Fahnenspitzen, um meinen Segen und meine Anweisungen entgegenzunehmen.
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