Polgara die Zauberin
Vielleicht altere ich dann auch.«
»Darauf würde ich nicht setzen, Pol. Der Mrinkodex sagt eine Menge über dich – und was du im Laufe der Zeit noch alles tun wirst.«
»Ich werde mein Leben nicht von den Fieberträumen eines Irren abhängig machen, Vater. Nebenbei bemerkt, du hast geheiratet, erinnerst du dich noch? Was für dich gut war, ist bestimmt auch für mich gut.« Bewußt ging ich über Mutters Eigenarten hinweg. »Außerdem wird Ontroses Lebensspanne, wenn er mich heiratet, möglicherweise auch verlängert.«
»Warum sollte es? Er ist ein gewöhnlicher Mensch, du bist es nicht. Sein Leben wird ihm aber möglicherweise länger erscheinen. Es gibt Menschen, mit denen man einfacher auskommt als mit dir. Wenn dieser Ontrose kein Heiliger ist, wird er vermutlich mehr als genug schlechte Tage sehen.«
»Meine Verhältnisse gehen dich gar nichts an, alter Mann.«
»Bitte, Pol. Wirf nicht so mit dem Wort ›Verhältnis‹ um dich. In diesem speziellen Fall macht mich das ziemlich nervös.«
»Du weißt, wo die Tür ist, Vater. Benutz sie.«
Und das beendete das Gespräch zunächst.
K APITEL 21
Der Kronrat Herzog Andrions von Wacune traf sich an einem strahlenden Nachmittag in einem luftigen Gemach hoch oben in einem der Palasttürme. Unser Sitzungszimmer war mit Teppichen und Vorhängen in dunklem Kastanienbraun ausgestattet, was einen schönen Kontrast zu den Marmorwänden bildete. Die massiven Möbel verliehen dem Ganzen einen Anstrich von Beständigkeit. »Unsere Alternativen, so will es mir scheinen, werden im Laufe der Zeit immer geringer«, sagte Herzog Andrion niedergeschlagen. Herzog Andrion war ein dunkelhaariger Mann Mitte Dreißig, und er saß erst seit kurzem auf dem Herzogsthron zu Wacune. Meine Anwesenheit auf der Sitzung des Kronrats in Vo Wacune mag ein wenig seltsam erscheinen, aber ich hatte vor Jahren schon dafür gesorgt, daß ich Mitglied in allen vier Kronräten Arendiens war. Ich wollte sicherstellen, daß kein arendischer Herzog etwas Bedeutendes ohne meine Erlaubnis unternahm.
»Fürwahr, Euer Gnaden«, pflichtete Ontrose seinem Herrscher bei. »Die Orimanfamilie richtet bereits seit Jahren all ihr Trachten auf unsere Vernichtung. Ich fürchte, daß ein Krieg unvermeidlich ist.«
»Es gibt Alternativen, Mylords«, verkündete ich ihnen entschlossen. »Nerasin war ein zumindest ebenso großer Schurke wie diese vielen Garteons, und ihn konnten wir auch zur Vernunft bringen.«
»Die Orimanfamilie besitzet nicht mehr Vernunft als Ehre, Lady Polgara«, behauptete Baron Lathan. Lathan schien sich von seiner Niederlage gegen Ontrose auf dem Turnier erholt zu haben, und sie waren wieder Freunde. »Mich dünket, Arendien muß einmal mehr unterjochet werden, auf daß erneut Frieden einzukehren vermag.«
»Laßt uns das vermeiden, falls es irgend möglich ist, Mylord Lathan«, schlug ich vor. »Laßt mich zu Garteon gehen, ehe wir die Männer zu den Waffen rufen. Kriege zehren am Haushaltsbudget!«
»Und ob!« stimmte Andrion mir eifrig zu.
Dann warf ich Ontrose einen raschen Blick zu. »Nein«, sagte ich entschieden.
»Ich vermag den Sinn Eurer Rede nicht zu verstehen, Euer Gnaden«, gestand er.
»Ihr könnt nicht mitkommen, Ontrose. Ich werde mit Garteon in einer Sprache reden, von der ich nicht möchte, daß Ihr sie mitanhört.«
»Ich kann Euch nicht gestatten, Euch ohne Begleitung dorthin zu begeben, Mylady.«
»Gestatten?« fragte ich drohend.
»Unglückliche Wortwahl möglicherweise«, gab er zu.
»Sehr unglücklich, Ontrose. Ihr seid Dichter, deshalb sollten Euch keine solchen sprachlichen Entgleisungen unterlaufen.« Ich legte liebevoll meine Hand auf seine. »Ich necke Euch nur, Ontrose.« Dann schaute ich Herzog Andrion an. »Laßt mich mit Garteon reden, ehe Ihr die Armee mobilisiert, Euer Gnaden. Sein Großvater hat sich nach einer Unterhaltung mit mir einsichtig gezeigt. Vielleicht hat sich dieser Funken gesunden Menschenverstands in der Familie vererbt.«
Baron Lathan sah aus, als wolle er Einspruch erheben.
»Sollte ich scheitern, so besteht nach wie vor die Möglichkeit, die Männer zu den Waffen zu rufen«, beschied ich ihn. »Im Grunde genommen ist die Feindseligkeit der Orimans gegen mich gerichtet, nicht gegen Wacune. Ich habe nun schon seit geraumer Zeit die asturischen Ränke durchkreuzt, und gedenke, dies auch weiterhin zu tun. Da Wacune und Erat wie Bruder und Schwester sind, weiß Garteon, daß ich ihn angreife, sobald er in Wacune einmarschiert. Vermutlich
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