Polgara die Zauberin
die meiste Zeit war es nichts als ein müder alter Witz. Was würde es auch nützen, so etwas zu tun? Diesmal jedoch kam mir die Vorstellung gerade recht. Ich mußte irgend etwas mit Alreg anstellen, damit er mir aufmerksamer zuhörte, und obwohl der ernste cherekische Edelmann, der mich erkannt hatte, die Krötengeschichte wahrscheinlich rein zufällig erwähnt hatte, hatte ich ihnen die Idee schließlich eingegeben. Je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel sie mir. Außerdem diente etwas völlig Abwegiges meinem Zweck genausogut oder sogar besser als etwas anderes.
Da ich wollte, daß der gesamte Verwandlungsprozeß sichtbar wurde, bewerkstelligte ich es diesmal auf eine etwas andere Art. Anstatt Alreg einfach in das Bild einer Kröte zu versetzen, änderte ich seine Züge einen nach dem anderen. Dabei wurde mir klar, daß ich wirklich nicht die ganze Kröte brauchte – Kopf, Hände und Füße reichten. Den Rest von Alreg würde ich unangetastet lassen.
Alregs Kopf begann langsam seine Umrisse zu verändern und sich abzuflachen, bis er ein reptilienartiges Aussehen annahm. Seine Augen saßen nun oben auf seinem Kopf und begannen sich nach außen zu stülpen. Da seine Augen ohnehin schon vorstanden, bereitete mir dieser Teil keine besonderen Schwierigkeiten. Dann löste ich seinen Bart auf und verlängerte seine Mundwinkel.
»Nein!« Der Aufschrei entrang sich seinem lippenlosen Mund als eine Art quakendes Krächzen. Ich hatte entschieden, daß es nützlich sein könnte, wenn er die Fähigkeit zu reden behielt. Dann verwandelte ich seine Hände und Füße in die flossenähnlichen Auswüchse eines Amphibiums. Ich wandelte Hüften, Knie und Ellbogen leicht ab, und der König von Cherek sackte mit schrillem, erbärmlichem Quaken auf der Sitzfläche seines Throns in jene froschtypische Hockstellung. Dann fügte ich die Warzen hinzu.
Ich hatte weder Alregs Größe verändert, noch seine Kleidung in irgendeiner Weise angetastet. Da saß also eine menschengroße Kröte mit hervorquellenden Augen und Kettenhemd auf dem königlichen Thron, ein Schwert am Gürtel um seine dicke Taille, und quakte in den höchsten Tönen des Entsetzens.
Der ganze Vorgang hatte mehrere Minuten in Anspruch genommen, und da Alregs Thron auf einem Podest stand, war er für jeden Chereker in der Halle, betrunken oder nüchtern, deutlich sichtbar gewesen.
Ich spürte, wie einer der kräftigen Chereker hinter mir nach seinem Schwert griff. Als er das umfaßte, was er für seinen Schwertgriff hielt schloß er seine Finger jedoch statt dessen um Kopf und Hals einer sehr großen, sehr ungehaltenen Schlange. »Mach das nicht noch einmal«, riet ich ihm, ohne mir die Mühe zu machen, mich umzudrehen. »Du befiehlst deinen Lehnsmännern hier besser, sich zu benehmen, Alreg«, schlug ich der inthronisierten Kröte vor. »Es sei denn, du hast Ersatz zur Hand. Mein Vater möchte nicht, daß ich Leute töte, aber ich denke, das läßt sich umgehen. Ich begrabe sie einfach, ohne sie vorher zu töten. Dann werden sie eines natürlichen Todes sterben – nach einer Weile –, und Vater hat nicht den geringsten Grund zur Klage. Das seht Ihr doch auch so?«
»In Ordnung!« wimmerte das warzige Geschöpf auf dem Thron. »Ich tue alles, was Ihr sagt! Bitte, Polgara! Verwandelt mich zurück!«
»Seid Ihr sicher, Alreg?« fragte ich liebenswürdig. »Ihr wirkt ziemlich beeindruckend so. Denkt nur, mit welchem Stolz es Eure Krieger erfüllen würde, aller Welt zu erzählen, daß sie von einer Kröte regiert werden! Nebenbei bemerkt, Ihr habt all diese faulen, bärtigen, biertrinkenden Lümmel hier herumhängen. Gebt ihnen eine nützliche Aufgabe – laßt sie Fliegen für Euch fangen! Na, läßt Euch der Gedanke an eine fette schwarze Aasfliege nicht das Wasser im Maul zusammenlaufen?«
Ich glaube, sein Verstand hielt das nicht mehr aus, denn das schrille Kreischen verstärkte sich, und er hüpfte von seinem Thron und begann, im Kreis umherzuhopsen.
Mit einem einzigen Gedanken gab ich ihm seine eigene Gestalt zurück, doch war er sich dessen offenbar nicht sofort bewußt, fuhr er doch fort, herumzuhüpfen und zu quaken. Seine Krieger wichen mit dem Ausdruck des Entsetzens und der Abscheu auf dem Gesicht vor ihm zurück.
»O Alreg, erhebt Euch!« tadelte ich ihn. »Ihr seht absolut lächerlich aus, wenn Ihr das macht«
Er stand auf und taumelte am ganzen Leib zitternd zu seinem Thron zurück. Er sank auf ihm zusammen und starrte mich mit purem Entsetzen
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