Polgara die Zauberin
vielleicht in Erwägung ziehen, diese Neffen, um die Ihr Euch kümmert, bei verschiedenen Handwerksmeistern in die Lehre zu geben. Ein Zimmermann muß nicht erklären, warum er ständig von Stadt zu Stadt zieht. Handwerker ziehen nun einmal durch die Welt, und niemand interessiert sich besonders für ihre Gründe – solange ein Zimmermann sich auf sein Handwerk versteht. Jede Stadt hat einen oder zwei Zimmerleute, eine Reihe Maurer, einen Apotheker und so weiter. Ein Gewerbetreibender gehört sozusagen zum Inventar, und für Fremde bleibt er unsichtbar.«
»Hattan, Ihr seid ein Schatz!«
» Das ist vielleicht ein bißchen übertrieben, Lady Polgara.«
»Ihr habt soeben ein Problem gelöst, über das ich mir nun schon seit etlichen Jahren den Kopf zerbreche. Ihr habt mir gerade offenbart, wie ich eine lange Generationenfolge junger Männer unsichtbar machen kann, und Unsichtbarkeit zu erreichen ist sehr schwer. Ich hab's schon versucht, deshalb weiß ich Bescheid.«
»Ich denke, die größten Probleme dürften Euch die jungen Männer selbst bereiten«, fuhr er fort. »Möglicherweise ist es sicherer, ihnen nicht zu erzählen, wer sie wirklich sind. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, daß der eine, wenn es soweit ist, es wissen muß. Schließlich wird er gewisse Dinge tun müssen – und unter Umständen muß er einiges davon sehr kurzfristig tun.« Er lächelte schief. »Ein interessantes Problem, das Ihr da habt, Polgara. Aber die Lösung überlasse ich wohl lieber Euch.«
»Danke, Hattan«, entgegnete ich sarkastisch.
»Keine Ursache, Mylady.« Dann lachte er.
Die Hochzeit fand im Spätsommer desselben Jahres statt. Hattan und ich überstimmten Laynas Wünsche bezüglich Prunk und Aufwand. Mein algarischer Freund und ich waren ohnehin der Meinung, daß Geran und Eldara die Feierlichkeiten nur verschwommen wahrnehmen würden. Die Gründe dafür, möglichst wenig Aufhebens zu machen, lagen ja auf der Hand. In unserer Lage wäre es nicht unbedingt klug gewesen, die Neuigkeit vom Stadtschreier von den Dächern von Muros ausrufen zu lassen. Hattan hatte zwar einige Schwierigkeiten, seine Gemahlin davon zu überzeugen, daß diese Hochzeit nicht unbedingt in die Geschichtsbücher von Muros eingehen mußte, aber ich lenkte sie ziemlich geschickt ab, indem ich das Thema von Eldaras Hochzeitskleid anschnitt. Ich bediente mich dabei großzügig bei den Entwürfen meiner Lehrerin in der Heilkunst. Ich ging nicht soweit, Arells Entwurf für Beldarans Hochzeitsgewand zu kopieren – nun, jedenfalls nicht sklavisch –, aber ich bekenne mich zu einem gerüttelt Maß schöpferischer Nachahmung. Die Tatsache, daß Eldara im Gegensatz zu Beldarans hellblondem rabenschwarzes Haar hatte, machte ohnehin gewisse Änderungen nötig, aber alles in allem wurde das Gewand sehr ansehnlich, wie ich fand. Eldara sah absolut umwerfend aus, als ihr Vater sie in die Hochzeitskapelle geleitete, und Gerans Reaktion glich bis aufs Haar derjenigen seines Urahns väterlicherseits.
Ich erinnere mich noch sehr gut, daß ich die Tränen zurückhalten mußte, als der Priester am Ende der Zeremonie den Segen der Götter auf die beiden herabrief. Die sendarische Religion zeichnet sich durch nahezu übertriebene Duldsamkeit aus. Ökumenische Tendenzen bilden ihren Kern. Religiöse Toleranz mag ja schön und gut sein, aber als der freundliche alte Priester Torak bat, die Verbindung zu segnen, die letztendlich den Mann hervorbringen sollte, der ihn tötete, bekam ich fast einen hysterischen Anfall. Hattan, der zwischen seiner in Tränen aufgelösten Gattin und mir saß, umfaßte mit festem Griff mein Handgelenk und murmelte: »Ruhig Blut!«
»Wißt Ihr, was dieser Priester gerade getan hat?« flüsterte ich mit gedämpfter Stimme zurück.
Er nickte. »Es war ein wenig unpassend, nehme ich an, aber es ist reine Formsache. Ich bin sicher, Torak ist zu beschäftigt, um aufmerksam zu werden.« Er hielt inne. »Vielleicht solltet Ihr trotzdem mit einem Auge nach einem Drachen Ausschau halten, der sich möglicherweise in den nächsten Wochen vor der Stadt herumdrückt.«
»Einem Drachen?«
»Nennen die Murgos Torak nicht den ›Drachengott von Angarak‹? Ich bin sicher, Ihr würdet mit ihm fertigwerden, Polgara, aber mir wäre es dennoch lieber, er würde uns keinen Besuch abstatten. Kühe sind sehr scheu, und wenn Torak anfängt, feuerspeiend über Muros herumzufliegen, könnte das dem Geschäft schaden.«
»Versucht Ihr, komisch zu sein, Hattan?«
»Ich?
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