Polgara die Zauberin
deswegen machen?«
»Könntest du um meinetwillen nicht wenigstens so tun, als würdest du dich sorgen?«
Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Miene vorweggenommenen Entsetzens, die absolut grotesk wirkte. »Wie wär's damit?« meinte er.
Ich mußte lachen. »Ich gebe mich geschlagen«, sagte ich. Brand sah zwar Kamion rein äußerlich überhaupt nicht ähnlich, aber in ihrer Art gab es einige ausgeprägte Übereinstimmungen, und die Übereinstimmung in ihrem Verhältnis zu mir waren noch ausgeprägter.
»Gut«, sagte er. »Mein Unterkiefer wird auch langsam steif. Lange halte ich das nicht mehr durch.«
»Der Name deiner Frau ist Aren, nicht wahr?«
»Ja. Warum?«
»Ich denke, sie und ich sollten uns besser kennenlernen. Du und ich, wir werden in den nächsten Jahren eine Menge Zeit miteinander verbringen. Deshalb möchte ich sicherstellen, daß sie nicht irgendwann eifersüchtig wird.«
»Aren ist eine vernünftige Frau. Sie weiß, daß ich nie etwas Ungehöriges tun würde.«
»Brand«, sagte ich mit fester Stimme, »ich bin sicher, du bist ein guter Verwalter und ein furchterregender Krieger, aber von Frauen weißt du nicht sehr viel.«
»Ich bin jetzt seit über zwanzig Jahren mit Aren verheiratet, Pol«, verwahrte er sich.
»Das spielt dabei überhaupt keine Rolle, Brand. Sie wird nicht mehr ganz so hübsch sein, wenn sie vor Eifersucht plötzlich dunkelgrün anläuft, und deine körperliche Verfassung wird sich erheblich verschlechtern, wenn sie dir für die nächsten zwanzig Jahre gekochtes Heu vorsetzt.«
»Das würde sie doch nicht tun – oder?«
»Laß uns lieber sicher gehen, Brand.« Ich dachte darüber nach. »Wenn du mich mit Aren bekanntmachst, stell mich als ›Uralte Polgara‹ vor. Wir sollten es ganz auf mein Alter abstellen.«
»Bitte keine Witze, Polgara. Ihr seid doch nicht alt.«
»Liebes Jungchen«, sagte ich, liebevoll seine Wange tätschelnd. »In Wahrheit zähle ich zweitausendachthundertundsiebenundsechzig Lenze. Sei so frei und protze vor Aren mit dieser Zahl. Keine Frau, die ihren Verstand beisammen hat, ist auf eine alte Vettel eifersüchtig.«
»Jeder, der Euch so nennt, wird sich auf Tod und Leben vor mir verantworten müssen, Pol«, erklärte er leidenschaftlich.
»Wir verstehen uns immer besser, Brand.« Ich lächelte ihn an. »Das ist auch nur eine Ausflucht, um Aren die Zähne zu ziehen, bevor sie dich beißt.«
»Meines Erachtens übertreibt Ihr die Gefahr, Pol, aber ich füge mich in dieser Angelegenheit ganz Euren Wünschen.«
»Du bist mir wirklich das beste Jungchen auf der lieben weiten Welt will ich mal sagen.«
»Es tut mir leid, Pol, aber ich verstehe nicht warum Ihr so merkwürdig sprecht.«
»Das ist eine lange Geschichte, Brand – eine sehr lange Geschichte. Eines Tages, wenn wir viel Zeit haben, erzähle ich sie dir.«
Nachdem Vater und ich die alornischen Könige mit sanfter Gewalt gezwungen hatten, ihr Hauptquartier nach Tol Honeth zu verlegen, begaben wir uns beide zur Feste, um einen Blick auf ihre Verteidigungsanlagen zu werfen.
Bei unserer Ankunft auf der Feste erwartete mich eine unliebsame Überraschung. Meine jüngsten Begegnungen mit verschiedenen Göttern hatten in mir ein Gefühl von Vorherbestimmtheit, Zielgerichtetheit und, ja, Ordnung wachsen lassen. Dabei geriet der pure Zufall offensichtlich in Vergessenheit. Garel, der Erbe von Eisenfausts Thron, war mit einigen algarischen Freunden ausgeritten, um das umliegende Grasland nach etwaigen Vorhuteinheiten der anrückenden Eroberer auszukundschaften. Garels Pferd war ins Straucheln geraten, und hatte Garel abgeworfen. Jeder, der sich auf ein Pferd setzt wird gelegentlich abgeworfen. Es ist unangenehm, aber für gewöhnlich auch nicht mehr. Garel jedoch schlug unglücklich auf und hatte sich beim Aufprall auf den Boden das Genick gebrochen. Er war sofort tot.
Seine Frau, Aravina, wurde fast wahnsinnig vor Kummer, und auch Adana, seine Mutter, schien darüber fast den Verstand zu verlieren. Ich ging praktisch vor und verabreichte Aravina so viele Kräutermixturen, daß sie kaum zur Besinnung kam, und das über einen längeren Zeitraum hinweg. Meine Hauptsorge galt – wie immer – dem kleinen Jungen, Gelane. Im Laufe der Jahrhunderte habe ich eine Menge Erfahrung gesammelt im Trösten kleiner Jungen. Ich wußte also, was zu tun war. Vielleicht werde ich aber eines Tages auch einen Weg finden, meine eigene Trauer zu bewältigen.
Toraks Armee rückte unterdessen auf die Feste vor, und so blieb mir keine
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