Polgara die Zauberin
südostwärts, um das MurosMärchen zu untermauern, aber dann verlie ßen wir die kaiserliche Landstraße und nahmen eine Nebenstraße in die Hauptstadt Sendar. Während Vater sich unten am Hafen nach einem cherekischen Kapitän umhörte, der uns nach Val Alorn bringen konnte, begab ich mich in König Ormiks Palast, um mein Geld zu besu chen. Ich staunte nicht schlecht darüber, wie mein Ver mögen seit meiner letzten Geldentnahme gewachsen war. Wenn man Geld in Ruhe läßt vermehrt es sich fast so schnell wie Kaninchen. Wie dem auch sei, ich entnahm meinen Rücklagen fünfunddreißig Pfund in Goldmünzen und gesellte mich anschließend wieder zu Gelane, Enalla und Aravina, die in einem ruhigen Gasthof Unterkunft gefunden hatten. Ich machte kein Aufhebens von meiner kleinen Besorgung. Geld hat manchmal die seltsamsten Auswirkungen auf die Menschen.
Vater hatte einen stämmigen, bärtigen und vermutlich unzuverlässigen cherekischen Kapitän aufgetan, und am nächsten Morgen stachen wir mit Kurs auf Val Alorn in See.
Der Schlüssel zum Wohlstand Chereks und Drasniens ist stets die cherekische Meerenge gewesen, jener furcht einflößende Gezeitenmahlstrom, der die schmale Was serstraße zwischen dem nördlichen Zipfel Sendariens und dem südlichen Zipfel der cherekischen Halbinsel nahezu unpassierbar macht. Die Chereker finden eine Fahrt durch die Meerenge erfrischend. Ich nicht. Warum belassen wir es nicht dabei? Es war Herbst, als wir den Hafen von Val Alorn erreich ten, und Vater brachte uns in einer gediegenen Herberge unter, die weit genug vom Hafen entfernt lag, daß wir nicht mit den rauheren Vierteln der Stadt konfrontiert wurden. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, nahm Vater mich beiseite. »Ich gehe jetzt und rede mit Eldrig«, ließ er mich wissen. »Wir sollten Gelane diesmal vom Palast fernhalten. Er scheint sich mit seinem Leben abzu finden. Laß uns trotzdem keine schlafenden Hunde wecken, indem wir ihn in Kontakt mit Thronsälen und an derem königlichem Spielzeug bringen.«
»Gut gesagt«, murmelte ich.
Vater erzählte mir nie, mit welchen furchtbaren Dro hungen er König Eldrig dazu brachte zuzulassen, daß sein königlicher Besucher Val Alorn in Richtung Hinter land verließ, ohne seinen Besuch in Cherek zu einem geschichtsträchtigen Ereignis zu machen. Eldrig selbst mußte von unserer Anwesenheit in seinem Land wissen, sonst niemand.
Wir verließen Val Alorn am nächsten Morgen und folgten einer Straße, die sich in äußerst schlechtem Zu stand befand, in die Vorberge des cherekischen Gebirges bis zu einem Dorf namens Emgaard, welches etliche Meilen westlich der Hauptstadt lag.
»Hast du schon mal geangelt?« erkundigte Vater sich auf der Reise beiläufig.
»Hin und wieder, Großvater«, antwortete Gelane. »Se line liegt unmittelbar am Seeufer, aber mir persönlich hat es nie besonders Spaß gemacht. Wenn ich Fisch essen will, kaufe ich ihn auf dem Markt. Im Regen in einem lecken Boot zu sitzen und darauf zu warten, daß irgend wo ein Schuppentier Hunger bekommt, ist nicht sehr aufregend. Schließlich bin ich Unternehmer und habe Wichtigeres zu tun.«
»Zwischen dem Angeln auf einem See und dem An geln in einem Bach liegen Welten, Gelane«, ließ Vater ihn wissen. »Du hast recht, Seeangeln kann sehr langweilig sein. In einem Bergflüßchen die Rute auszuwerfen, ist dagegen etwas ganz anderes. Wenn wir in Emgaard sind, versuchen wir es einmal. Ich glaube, es könnte dir gefal len.« Was führte Vater jetzt schon wieder im Schilde? Emgaard war eins jener malerischen Bergdörfer mit Häusern, die aussahen, als wären sie einem Bilderbuch entsprungen. Es hatte steile Dächer, kunstvoll aufgerollte Dachtraufen und reinliche Höfe, auf denen die Hauszie ge für gleichbleibend niedrigen Graswuchs sorgte. Zie gen sind in einem Land, dessen Müllbeseitigung zu wün schen übrig läßt, das ideale Haustier.
Als wir uns der kleinen Ansiedlung näherten, eröffne te Vater uns, König Eldrig habe ihm versichert, daß hier keine Veteranen der Schlacht von Vo Mimbre wohnten.
Wir würden also aller Wahrscheinlichkeit nach nicht über ehemalige Waffenbrüder stolpern. Wir mieteten Zimmer im Dorfgasthof, und noch bevor wir richtig ausgepackt hatten, nahm Vater Gelane mit nach draußen, wo sie sich eine Reihe Angelruten schnitten.
»Angeln, Vater?« fragte ich. »Ist das deine neue Frei zeitbeschäftigung? Bis jetzt hast du nie großes Interesse dafür gezeigt.«
»Oh, Angeln ist wirklich nicht übel, Pol. Man
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