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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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tanzen, während du über mein Angebot nachdenkst?« war eine Frage, die während wichtiger Handelsabschlüsse immer häufiger fiel.
Da meine Vorführungen fast ausschließlich in Schenken stattfanden, war es nur eine Frage der Zeit, wann ich einem Zuschauer, der seine Hände nicht bei sich behalten konnte, beweisen mußte, daß ich auch mit Messern umzugehen verstand. Gallak hatte mit einem schielenden Burschen namens Kreblar verhandelt, und ihr Feilschen war in eine Sackgasse geraten. In dieser verfahrenen Situation griff Gallak zu seiner wichtigsten Waffe – zu mir. Er war mittlerweile überaus geschickt darin, mich in seine Verhandlungen einzubeziehen. Er ließ also seinen Vorschlag, ich solle für sie und die übrigen Gäste der Schenke tanzen, elegant in die Unterhaltung einfließen. Kreblar hatte bereits ein paar Krüge zuviel von dem gehaltvollen nadrakischen Bier getrunken und schien anzunehmen, ich tanze für ihn allein.
Nach Abschluß meiner Darbietung, als ich zu dem Tisch zurückstolzierte, an dem wir drei saßen, überschritt er die unsichtbare Grenze. Sein schielendes rechtes Auge starrte etwa in Richtung der Rückwand, während er mich grob am Arm packte. »Braves Mädchen!« grölte er. »Komm schon, gib mir einen Kuß!« Er begann nach mir zu grabschen.
In diesem Augenblick kam mir meine Erfahrung als Ärztin zugute. Ich riß mein Knie hoch und traf ihn an der Kinnspitze, während ich gleichzeitig das Messer aus meinem Stiefel zog. Sein Kopf schnellte zurück, doch ich ignorierte seine dargebotene Kehle und zog ihm das Messer statt dessen einmal quer über die Brust. Seine Rippen würden schon verhindern, daß meine Klinge zu tief eindrang.
Sein Kreischen war durchdringend, und er glotzte voller Entsetzen auf das Blut, das aus dem sauberen Schnitt hervorquoll, mit dem ich soeben sein Hemd durchtrennt hatte. »Du solltest dich besser benehmen!« schimpfte ich ihn aus, ohne die Stimme zu erheben. Ich wischte mein Messer an seinem Kragen ab, steckte es wieder in meinen Stiefel und ließ den Blick über die übrigen Gäste wandern. »Hat hier irgend jemand zufällig Nadel und Faden?« fragte ich sie. »Wir waten bald alle knöcheltief im Blut, wenn ich den armen Kreblar nicht wieder zusammenflicke.«
Ein Schneider überreichte mir das Gewünschte, und ich hieß Gallak und vier Gäste Kreblar mit dem Rücken auf den Tisch drücken und festhalten. Dann nähte ich, leise vor mich hinsummend, Kreblars von Armbeuge zu Armbeuge verlaufende Wunde mit sauberen kleinen Stichen wieder zusammen. Sein beständiges Winseln überhörte ich einfach.
Ich weiß nicht genau, warum, aber ich bin der festen Überzeugung, daß das Nähen der Wunde das heiße Blut der Zuschauer weit mehr abkühlte als der Messerschnitt selbst. Die Menschen sind manchmal schon komisch.
Mit der Zeit verbreitete sich mein Ruhm in Yar Nadrak, und schließlich erhielt Gallak, wie ich ohnehin schon erwartet hatte, eine Einladung, ›im Palast vorzusprechen und Polanna mitzubringen‹. Endlich hatten sich das Üben und die vielen Darbietungen in den Schenken gelohnt.
König Drostas Palast befand sich im Zentrum von Yar Nadrak, und soweit ich feststellen konnte, war er das einzige Steingebäude in der gesamten Stadt. Nadraker verstehen sich allerdings nicht sonderlich gut auf das Bauen mit Steinen, und so war der Palast nicht minder schief als alle anderen Gebäude. Als Gallak und ich den Thronsaal betraten, erblickte ich dort den einzigen Grolim, der mir während meines ganzen Aufenthalts in Yar Nadrak begegnete. Behutsam schickte ich einen prüfenden Gedanken nach seinem Geist und fand dort rein gar nichts vor. Er war ein Grolim, das schon, aber kaum talentiert, und soweit ich es beurteilen konnte, hatte er die letzten zehn Jahre lang keinen nüchternen Atemzug mehr getan. Toraks Kontrolle über die Nadraker war verbesserungsbedürftig, um es gelinde auszudrücken.
König Drosta wirkte eigentlich zu jung, um eine Krone zu tragen, und schien wohl der Auffassung, seine vornehmste Herrscherpflicht bestehe darin, sich zu amüsieren. Er war dünn, fast mager, sein Gesicht übersät mit rot entzündetem Ausschlag und tiefen Narben. Sein Haar war struppig, schwarz und ziemlich spärlich, seine teure gelbe Kleidung nicht allzu reinlich.
Da eine Vorstellung bei Hof ein förmlicher Anlaß ist, trug ich meine Kette, und Gallak führte mich auf eine gesellschaftlich akzeptable Weise an ihr herum. Ich trug mein Tanzkleid, und darüber ein blaues Obergewand.

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