Polgara die Zauberin
Bad vor der Hochzeit und als sie aus dem Wasser stieg, salbten ihre Zofen ihren schimmernden Körper mit Rosenwasser. Dann mußten wir noch ihr Haar ordnen, und das nahm den Großteil des restlichen Morgens in Anspruch. Danach saßen wir alle in unseren Unterkleidern herum, um unsere Festgewänder nicht zu zerknittern.
So spät wie möglich kleideten wir uns an, und Arell musterte uns kritisch. »So wird's gehen, nehme ich an«, sagte sie. »Genießt die Hochzeit Mädchen. Und jetzt ab mit euch!«
Wir begaben uns alle in das Vorzimmer der Halle des rivanischen Königs, wo die Zeremonie stattfinden sollte.
Ich war ein wenig verblüfft über das Verhalten meiner Schwester, nachdem wir dieses Vorzimmer betreten hatten. Sie wirkte nahezu übermenschlich gefaßt. Alle Spuren ihrer vorherigen Nervosität waren von ihr abgefallen, und sie wirkte gedankenverloren und wie entrückt. Mutter erklärte mir später die distanzierte Haltung meiner Schwester. Ein Großteil dessen, was während der Hochzeit geschah, war symbolisch, und Beldaran befolgte lediglich einige sehr genaue Vorschriften.
Ich hielt Wache an der Tür, und so kam es, daß ich Riva, seinen Vater und seine Brüder kommen sah.
Alle trugen Kettenhemden, und an ihren Seiten hingen Schwerter! Ich wußte, daß Alorner ein kriegerisches Volk sind, aber trotzdem. Wohl als Zugeständnis an die Feierlichkeit des Anlasses waren ihre Kettenhemden allesamt auf Hochglanz poliert. Ich hoffte, sie hatten auch etwas gegen den typischen Rüstungsgeruch unternommen. Jede Art von Rüstung hat diesen ganz besonderen ›Duft‹ an sich, und es wäre gewiß nicht angemessen gewesen, wenn Beldarans Gefolge während der Zeremonie nach und nach der Ohnmacht anheim gefallen wäre.
Dann gesellte sich auch Vater zu uns, er roch nicht allzusehr nach Bier. Ich mache oft ziemlich Aufhebens um Vaters schlechte Gewohnheiten, aber ich gebe zu, daß er nicht ganz so viel trinkt, wie ich immer behaupte. Offenbar hatten seine Jahre an der Küste von Camaar das meiste davon aus seiner Blutbahn gespült. »Guten Morgen, meine Damen«, begrüßte er uns. »Ihr seht alle wundervoll aus. Sind wir bereit?«
»So bereit, wie man nur sein kann, vermute ich«, sagte ich ihm. »Hast du es geschafft, daß Riva gestern nacht nüchtern geblieben ist?«
»Ich mußte mich gar nicht anstrengen, Pol. Ich habe ihn genau im Auge behalten, er hat fast gar nichts getrunken.«
»Ein Alorner, der nicht versucht, sich kopfüber in jedes Bierfaß zu stürzen, über das er stolpert? Erstaunlich!«
»Entschuldige mich«, unterbrach er. »Ich muß mit Beldaran sprechen. Beldin und ich haben ein paar Vorbereitungen getroffen, von denen sie erfahren muß.«
Ein wenig später fand ich heraus, was er meinte.
Mein Vater hat ein ausgezeichnetes Gespür für den richtigen Zeitpunkt. Er ließ der Menge in Rivas Thronsaal eine Weile Zeit um Platz zu nehmen, und dann hörte ich ziemlich deutlich den Gedanken, den er Beldin übermittelte: »In Ordnung«, teilte er ihm wortlos mit, »fangen wir an.«
Onkel Beldin antwortete mit einer silberhellen Fanfare, gespielt auf Hunderten von Phantomtrompeten. Der Ton war so beeindruckend, daß alle Hochzeitsgäste schlagartig verstummten. Auf die Fanfare folgte eine Hochzeitshymne, die ganz sachte und leise von einem ätherischen, nicht existenten Chor gesungen wurde. Ich bin ja selbst so etwas wie eine Musikerin, und so beeindruckte mich die harmonische, vielschichtige Weise meines zwergenwüchsigen Onkels ungemein.
Dann trat Beldaran auf ein Zeichen meines Vaters durch die Tür des Vorzimmers und stellte sich mitten in das Portal zur Halle des rivanischen Königs. Dort blieb sie eine Weile stehen, um den Leuten Gelegenheit zu geben, sie gebührend zu bewundern, und der Meister erteilte ihr seinen Segen in Gestalt eines Strahls aus weißem Licht.
Wenn ich jetzt daran zurückdenke, erkenne ich, daß der Segen des Meisters dem ganzen rivanischen Geschlecht galt – jenem Geschlecht, das zu guter Letzt den Göttertöter hervorbringen sollte.
Ich legte meinen Umhang ab, und im Blick meines Vaters spiegelte sich gelindes Entsetzen. »Nettes Kleid«, preßte er zwischen geschlossenen Zähnen hervor. Manchmal ist mein Vater sehr inkonsequent. Die körperlichen Vorzüge anderer Damen weiß er durchaus zu schätzen, aber es regt ihn auf, wenn ich meine zur Schau stelle.
Wir nahmen unsere Plätze zu beiden Seiten von Beldaran ein und durchmaßen feierlichen Schritts den Gang, der an den Feuergruben
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