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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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bereits Vaters Bücher, Notizen und sorgsam konstruierten kleinen Modelle obskurer mechanischer Vorrichtungen auf den Boden.
Mein Vater hat immer den Ruhm für das, was Beldin an jenem Abend gelang, für sich in Anspruch genommen, da er eine Idee so rasch wie jedes andere Stück fremden Eigentums für sich zu vereinnahmen vermag. Aber meine Erinnerung an den Vorfall ist sonnenklar. Beldin legte die übergroße Schriftrolle, die Luana für uns hatte anfertigen lassen, auf den Tisch und löste das Band, das sie zusammenhielt. »Ich werde hier ein wenig Licht brauchen«, verkündete er.
Beltira streckte seine Hand mit der Innenfläche nach oben aus, um sich dann einen Moment zu konzentrieren. Ein pulsierender Ball reiner Energie erschien dort, der dann emporstieg und wie eine winzige Sonne über dem Tisch hängen blieb.
»Angeber«, murmelte Vater ihm zu.
»Ich hab' dir doch gesagt, du sollst den Mund halten«, rief Beldin ihm ins Gedächtnis. Dann verzog sich sein häßliches Gesicht nachdenklich. Wir alle spürten und hörten die Woge, als er seinen Willen freisetzte.
Sechs leere Schriftrollen tauchten auf dem Tisch auf, drei auf jeder Seite des ursprünglichen Dokumentes. Dann begann mein zwergenwüchsiger Onkel mit auf das Manuskript gerichtetem Blick den Kodex aufzurollen. Die leeren Schriftrollen, nun nicht länger leer, rollten sich im Gleichtakt dazu auf, während er seine Augen durch das lange, nahtlose Manuskript wandern ließ, das Flinkfuß uns geschickt hatte.
»Das habe ich ja noch nie gesehen!« staunte Beltira mit höchster Bewunderung in der Stimme. »Wann ist dir die Idee gekommen?«
»Jetzt eben«, gab Beldin zu. »Würdest du wohl bitte dieses Licht ein bißchen höher halten?«
Vaters Miene wurde immer verdrießlicher. »Hast du ein Problem?« fragte Beldin.
»Du mogelst.«
»Natürlich mogle ich. Wir mogeln alle. Das ist unsere Hauptbeschäftigung. Fällt dir das erst jetzt auf?«
Vater schäumte fast vor Wut.
»Du liebe Güte!« seufzte ich.
»Was ist los, Pol?« fragte mich Beltira.
»Ich lebe mit einem Haufen weißhaariger kleiner Jungen zusammen, Onkel. Wann werdet ihr alten Männer jemals erwachsen?«
Bei dieser speziellen Bemerkung sahen sie alle etwas beleidigt drein. Das tun Männer meiner Erfahrung nach immer.
Beldin fuhr fort, den Originalkodex aufzurollen, während die Zwillinge rasch die Abschriften Zeile für Zeile verglichen. »Irgendwelche Fehler bis hierhin?« fragte der Zwerg.
»Nicht ein einziger«, antwortete Beltira.
»Dann habe ich es vielleicht richtig gemacht.«
»Wie lange brauchst du denn noch?« meldete Vater sich zu Wort.
» So lange. Gib ihm was zu essen, Pol. Schaff ihn mir aus den Augen.«
Vater stapfte weg, wobei er leise vor sich hinmurrte.
Tatsächlich brauchte Beldin nicht viel länger als eine Stunde, da er den zu kopierenden Text nicht wirklich las. Später am Abend erläuterte er uns seine Vorgehensweise. Er machte eigentlich nichts anderes, als das Bild des Originals auf jene leeren Rollen zu übertragen. »Nun gut«, sagte er zu guter Letzt »das war's. Jetzt können wir uns alle mit dem blöden Ding ins Bett kuscheln.«
»Welches ist das Original?« fragte Vater, während er sich die sieben auf dem Tisch aufgereihten Schriftrollen besah.
»Was spielt das schon für eine Rolle?« grummelte Beldin.
»Ich will meine Originalabschrift.«
Und in diesem Augenblick, während ich gleichzeitig den Schinken begutachtete, den es zum Abendessen geben sollte, lachte ich sie aus.
»Das ist nicht komisch, Pol«, tadelte mich Vater.
»Es klingt aber recht erheiternd. So, warum geht ihr euch jetzt nicht frischmachen? Das Essen ist beinahe fertig.«
Nachdem wir gespeist hatten, nahm jeder von uns eine Abschrift von Bormiks wirrem Gefasel und dann wählte jeder einen der Sessel in Vaters Turm, um allein zu sein mit dem Wort der Götter – beziehungsweise mit dem Wort jener unsichtbaren ABSICHT, die das Leben eines jeden Geschöpfs auf dieser Erde bestimmte.
Ich nahm meine Schriftrolle in meinen übergroßen Lieblingssessel neben dem Kaminfeuer in der Küchenecke mit und löste das Band, das sie zusammenhielt. Im Innern befand sich eine kurze Notiz von Luana. »Lady Polgara«, begann Bormiks Tochter. »Hiermit erfülle ich meinen Teil unserer Abmachung. Ich fühle mich verpflichtet, Euch noch einmal für das Geschenk zu danken, das Ihr mir gemacht habt. Ich lebe jetzt in Mittelalgarien, und Ihr werdet es kaum glauben, aber ich habe einen Verehrer. Er ist natürlich schon etwas

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