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Polifazios Vermächtnis (German Edition)

Polifazios Vermächtnis (German Edition)

Titel: Polifazios Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Riedel
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verschwand, riss sie sich noch einmal aus dem Griff ihres Vaters los und rannte wieder hinaus auf die Empore des Tempels. Sie warf Himbi ein Lächeln und einen Kuss zu, bevor sie sich wieder umdrehte und in ihr Schicksal ergab. Es brach Himbi das Herz, Iria so zu sehen. Einer der Zwerge, die neben ihm auf dem großen Tempelplatz stand, klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. Himbi hielt es hier einfach nicht mehr aus. Er drehte sich um und rannte so schnell er konnte aus der Halle. Was hatte er sich bloß dabei gedacht, hier aufzukreuzen? Es hatte alles nur noch viel schlimmer gemacht. Und plötzlich wusste Himbi, was nun zu tun war. Zielstrebig rannte er quer durch die Stadt in das Arbeiterviertel. Ohne zu zögern, rannte er zu seiner alten Stammkneipe, dem „Rostigen Hammer“. Der „Rostige Hammer“ war eine heruntergekommene, schäbige Spielunke, in der sich die Minenarbeiter mit Vorliebe aufhielten, weil das Bier hier sehr billig war. Himbi und sein Vater hatten hier viele Stunden gemeinsam mit ihren Kollegen verbracht. Es war nicht das Etablissement, das diese Kneipe so anziehend machte. Vielmehr waren es die Besucher. Sie machten die heruntergekommene Kneipe zu einem Ort der Geselligkeit und Freundlichkeit. Und das war genau der richtige Ort um all seine Probleme und Sorgen, wenigstens für ein paar Stunden, zu vergessen. Himbi öffnete die Tür und trat ein. Die Kneipe war trotz der frühen Tageszeit recht gut gefüllt. Das besondere an der Kneipe war, dass sie einfach immer geöffnet war. Himbi konnte sich nicht daran erinnern, dass sie jemals geschlossen hatte. Manchmal fragte er sich, wie der alte einbeinige Wirt das überhaupt schaffte. Gerüchte besagten, dass er ohne jeglichen Schlaf auskommen würde. Seinem Aussehen nach zu urteilen hätten diese Geschichten durchaus stimmen können. Doch es waren schließlich nur Geschichten, die aus irgendwelchen Trinklaunen heraus entstanden waren. Mit strammem Schritt ging Himbi geradewegs zur Theke und setzte sich auf einen noch freien Barhocker. Er stellte seinen Rucksack zu seinen Füßen. Dabei fühlte er den alten Bierkrug seines Vaters in ihm. Mit einem Lächeln öffnete er den Rucksack und holte den Krug heraus.
     
    „Ein Starkbier, Wirt!“, sagte er mit kräftiger Stimme und knallte den Bierhumpen auf den Tresen.
     
    Der Wirt guckte Himbi an und erkannte ihn sofort. Er und sein Vater waren schließlich Stammgäste in seinem Lokal. Und er kannte auch Foboschs Marotte, immer aus diesem Krug zu trinken. Er lächelte Himbi, so freundlich sein grimmiges Gesicht es zuließ, an, nickte kurz, und füllte ihm den Krug bis zum Rand mit köstlichem, dunklen Starkbier auf. Himbi nahm den Krug wieder entgegen. Dabei fiel ihm auf, dass der Wirt neuerdings eine Augenklappe trug.
     
    „Was ist denn mit dir passiert?“, fragte er ihn neugierig.
     
    Der Wirt winkte bloß flapsig ab und sagte:
     
    „Ach, mein Weib!“
     
    Dann ging er zu einem der Tische, wo eine Gruppe von Zwergen und Zwerginnen eine neue Runde bestellen wollte. Himbi trank einen kräftigen Schluck aus dem Krug. Und wirklich, dass sonst eher gewöhnungsbedürftige Bier schien auf einmal viel besser zu schmecken. Vielleicht war doch etwas an der Sache dran, dass Fobosch niemals aus einem anderen Krug trank. Himbi lachte und trank den Humpen mit einem einzigen Zug leer. Anschließend bestellte er sich noch einen. Das ging fast den ganzen Tag so weiter und gegen Abend war Himbi bereits mächtig betrunken. Dennoch, es half ihm, wenigsten für einige Stunden, mit seinem Kummer fertig zu werden. Die Stunden verstrichen und mittlerweile waren fast keine Gäste mehr im Lokal. Plötzlich fiel Himbi ein hager aussehender Höhlentroll auf, der ihm schräg gegenüber an der Theke saß. Erst jetzt bemerkte er, dass dieser Troll, genau wie er auch, den ganzen Tag hier gesessen, und ebenfalls ein Bier nach dem anderen getrunken hatte. Ihm fiel auf, dass der Troll ziemlich verstört aussah. Immer wieder blickte er sich ängstlich zu der Eingangstür der Kneipe um. Wann immer sie sich öffnete und neue Gäste eintraten, zuckte der Troll regelrecht zusammen. Fast so, als erwarte er irgendein Übel, das ihm nachsuchen würde. Wie er den Höhlentroll so ansah, blickten sich die beiden plötzlich in die Augen. Die beiden merkten sofort, dass sie aus ähnlichen Beweggründen hier in der Kneipe saßen. Und geteiltes Leid war ja schließlich halbes Leid. Sie nickten einander kurz zu und setzten sich schließlich

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