Polifazios Vermächtnis (German Edition)
sahen und sie wunderten sich, wie er es schaffte, trotz dieser kurzen Beine, überhaupt so schnell zu laufen. Fast hätte man denken können, er liefe so schnell wie ein richtiges Pferd. Nach einiger Zeit hatten die Schmetterlinge offenbar genug von dieser Verfolgungsjagd. Plötzlich stiegen sie direkt über Brunos Kopf in die Höhe und flogen dort kurz im Kreis umher. Bruno blieb sofort stehen und versuchte alles, um einen der Schmetterlinge zu erwischen. Er stellte sich auf seine Hinterbeine und sprang trotz seines Gepäcks immer wieder in die Höhe. Dennoch erreichte er keines der listigen Geschöpfe. Nach wenigen Sekunden lösten die Schmetterlinge plötzlich ihre Formation und flogen blitzschnell in einer Reihe hintereinander in ein riesiges Loch, das sich in dem Baumstamm eines mächtigen und riesigen Baumes befand. Verwundert schaute Bruno den Schmetterlingen hinterher und grinste sogleich verschmitzt und voller Vorfreude. Die Schmetterlinge saßen in dem riesigen Loch in der Falle und Bruno brauchte ihnen nur noch zu folgen, um sie endlich zu erwischen. Ohne lange zu zögern, betrat Bruno das große, schwarze Loch im Baum. Noch bevor sie ihren Esel erreicht hatten, sahen die Drei, wie Bruno in dem Baum verschwand. Ehe sie etwas rufen konnten, war er auch schon im Baum verschwunden. Die Drei waren nun ziemlich außer Puste, mobilisierten aber dennoch ihre restlichen Kraftreserven und rannten so schnell, wie sie es noch konnten zu dem Baum. Sofort guckten sie in das riesige Loch, sahen aber nichts außer völliger Dunkelheit. Kein Lichtstrahl erhellte das Innere des Baumstammes. Es schien so, als könnte das Licht, aus irgendeinem unbekannten Grund, nicht ins Innere des Baumes gelangen.
„Bruno?! Komm da heraus!“ rief Mugel sauer in die Dunkelheit.
Doch nichts passierte. Besorgt sahen die Drei sich an.
„So ein Mist! Der arme Bruno, ihm ist bestimmt etwas passiert!“ sagte Himbi besorgt.
„ Was viel schlimmer ist, unser ganzes Gepäck ist weg!“, sagte Levicia trocken.
„ Meine Güte, kannst du mir vielleicht mal sagen, was für ein Problem du eigentlich hast? Wie es scheint, hast du nicht den kleinsten Funken von Mitgefühl in dir, und das, obwohl Bruno einen großen Teil dazu beigetragen hat, dich aus den Gewölben der verwunschenen Burg zu retten! Du denkst immer nur an deinen eigenen Vorteil! Wie es anderen ergeht, das ist dir scheinbar völlig egal! Wahrscheinlich hast du uns in der Krypta der Burg auch nur vor den Skeletten gerettet, weil du ohne unsere Hilfe niemals entkommen wärst!“ Schrie Himbi sie außer sich vor Wut an.
Ihm war Levicias kalte und berechnende Art schon seit Längerem aufgefallen. Bis jetzt hatte er sich immer zurückgehalten, wenn sie einen ihrer überflüssigen Kommentare machte, doch nun platzte ihm endgültig der Kragen. Levicia sah ihn mit angegriffener Mine an.
„Ach, lasst mich doch in Ruhe!“, erwiderte sie Himbis Vorwurf.
Himbi wurde noch wütender und wollte gerade noch einmal etwas zu ihr sagen, als ihn Mugel an der Schulter fasste.
„Lass gut sein, jetzt müssen wir erst mal den blöden Esel aus diesem Baum holen!“, sagte er und drehte Himbi mit einem Ruck zum Loch um.
Mugel hatte recht, er würde später noch mal versuchen, mit Levicia über deren Verhalten zu sprechen. Wieder rief Mugel in den Baumstamm hinein. Und wieder passierte nichts.
„Also gut, wir müssen da jetzt rein und ihn holen!“, sagte er schließlich und marschierte ohne eine Antwort abzuwarten direkt in das Loch hinein.
Plötzlich wurde um ihn herum alles stockduster. Ängstlich drehte Mugel sich im Kreis. Krampfhaft versuchte er, sich in der völligen Dunkelheit zu orientieren. Doch dies war ein hoffnungsloses Unterfangen. Sobald er sich im Inneren des Baumes befand, konnte er nicht einmal mehr nach draußen sehen. Mugel hatte völlig die Orientierung verloren und wusste nicht einmal mehr, in welche Richtung er gehen musste, um wieder aus dem Baum heraus zu kommen.
„Bruno?“, versuchte er zu rufen.
Doch kein Laut verließ seinen Mund. Jedes Geräusch blieb in seinem Halse stecken. Immer wieder schrie er, so laut er konnte, Brunos und Himbis Namen, doch obwohl er genau spürte, wie er etwas brüllte, hörte er nichts. Nach kurzer Zeit glaubte er, taub zu sein. Panik kam in ihm auf und so ging er schließlich einfach los. Wenn er erst die Wand des Baumes erreichen würde, dann würde er auch wieder herausfinden. Genau in dem
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