Polifazios Vermächtnis (German Edition)
Westen zu gehen. Langsam wurde es um sie herum dunkel. Dennoch marschierte die Gruppe unbeirrt weiter.
„Hmm, es ist, wie ich vermutet habe. Über diesem Wald liegt ein mächtiger Zauber, der Unbefugten den Eintritt in dessen Herz verwehrt. Es ist so, wie es in den Geschichten erzählt wird. Würde ich bloß über meine volle Zauberkraft verfügen, dann …“ dachte Levicia laut.
Kurz bevor völlige Dunkelheit im Wald einkehrte, kamen die Drei auf eine Art Lichtung zu. Einige Schritte von ihnen entfernt schimmerten einige letzte verirrte Sonnenstrahlen in den Wald hinein. Offensichtlich hörte der Wald an dieser Stelle abrupt auf. Hoffnungsvoll steuerten die Drei auf diese Lichtung zu. Doch als sie dort ankamen, da trauten sie ihren Augen nicht. Vor ihnen erstreckte sich plötzlich eine kleine Bucht, mit weißem Sandstrand und mit einer frischen Feuerstelle in dessen Mitte. Sie waren wieder dort herausgekommen, wo sie heute Morgen gestartet waren.
„Aber wie ist das Möglich, wir sind nur geradeaus gegangen?!“, stammelte Mugel ungläubig.
Doch Levicia überraschte das Ergebnis ihrer Wanderung nicht. Sie hatte bereits von der Magie gehört, die über dem Güldenen Wald lag. Es musste einen anderen Weg geben, um in das Herz des Waldes zu gelangen. Und dort würden sie auch endlich den Fluss finden.
Hohle Baumstämme und viel Verwirrung
Die zweite Nacht am Strand verlief ziemlich ereignislos. Bis auf eine winzige Kleinigkeit. Mitten in der Nacht zog ein Unwetter auf und es regnete bis zum frühen Morgen. Klitschnass wachten die drei Kameraden mitten in der Nacht auf und suchten Schutz unter dem dichten Blätterdach des Waldes. Zwar war es hier wesentlich trockener als am Strand, dennoch schaffte es immer noch eine große Menge Regen durch die Blätter hindurch. Nass und zitternd kauerten die Drei unter einem mächtigen Baum. Für den Rest der Nacht fanden sie keinen richtigen Schlaf mehr. Lange dösten sie vor sich hin, bis sie es schließlich nicht mehr aushielten. Ihre Sachen klebten an ihren Körpern und hatten sich bis zur letzten Pore mit Wasser vollgesogen. Als es am Morgen langsam wieder hell wurde, hörte der anhaltende Regen auf. Plötzlich fiel Mugel, dem schrecklich der Magen knurrte, etwas ein.
„ Oh nein! Wir haben unser ganzes Gepäck am Strand gelassen!“ sagte er mit einem Male erschrocken, warf seine Decke von sich und rannte sofort runter zur Bucht.
An ihrem alten Lagerplatz lagen die Taschen mit all ihrem Gepäck noch genauso, wie die Freunde sie am Abend zuvor hergerichtet hatten. Seufzend öffnete er die völlig durchnässten Taschen. Resigniert holte er das aufgeweichte Brot heraus, das sofort in sich zerfiel, als er das weiße Küchentuch aufschlug, das um das Brot herumgewickelt war.
„So ein Mist!“, fluchte er und warf das Brot in den Sand.
Mittlerweile waren Himbi und Levicia ebenfalls am Strand angekommen. Sie knieten sich neben Mugel in den Sand und halfen ihm die Lebensmittel auszusortieren, die der Regen vernichtet hatte.
„Vielleicht hätten wir doch wasserdichte Taschen besorgen sollen“, sagte Himbi nach einer Weile.
Es dauerte nicht lange und sie hatten alles aus den Taschen geholt, was verdorben war. Nun gab es kein Brot mehr, keinen Kuchen und auch keine Kekse. Doch zum Glück hatten sie noch genügend haltbare Lebensmittel wie Dörrfleisch oder Käse dabei, die der Regen nicht vernichten konnte. Trotzdem waren alle ihre Sachen klitschnass, und selbst ihre Kleider zum Wechseln hatte der Regen nicht verschont. Die Stimmung war betrübt und gedrückt. An diesem Morgen redete kaum einer von ihnen. Nachdem sie alles aussortiert hatten, schnappten sie sich die Taschen und trugen sie zu den anderen an ihren neuen Lagerplatz. Dort aßen sie ein karges Frühstück, ohne Feuer und ohne Kaffe, da dieser ebenfalls vernichtet war. Und ein Feuer hätten sie heute Morgen sowieso nicht anbekommen.
„Ich hab das jetzt immer noch nicht ganz verstanden. Wir sind gestern nur geradeaus gegangen und trotzdem sind wir jetzt wieder hier. Wie ist das möglich?“ fragte Mugel, als er das leidige Schweigen nicht mehr aushielt.
„ Über dem Wald liegt ein mächtiger Zauber, der ihn schützt. Er bewirkt, dass man zwar die Ausläufer des Waldes betreten kann, jedoch nicht ins Herz des Waldes gelangt, wenn man den Eingang nicht kennt.“ antwortete Levicia, während sie sich ihr schwarzes, klammes Haar mit einer groben Bürste
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