Polifazios Vermächtnis (German Edition)
essen konnte. Doch die anfängliche Skepsis war wie weggeblasen, als sie die ersten Fischröllchen probiert und feststellten, mussten, dass diese Röllchen außerordentlich lecker waren. Nach fast drei Stunden hatten sie alles von ihrem Leben erzählt, was sie preisgeben wollten. Aber auch sie hatten im Gegenzug viele spannende Geschichten von den Dorfbewohnern erfahren. Nachdem alles gesagt wurde, was gesagt werden musste, wurde weiter gefeiert, was das Zeug hielt. Die Tische wurden beiseitegeschoben, um allen Beteiligten Platz zum Tanzen zu verschaffen. Einige Kinder, denen die Wanderer anfangs nicht ganz geheuer waren, verloren schon bald jegliche Angst und tanzten mit ihnen von einem Ende des Raumes in den anderen. Irgendwann, während die Freunde lustig tanzten, kam der Dorfälteste auf die Tanzfläche und wies die beiden an, ihm in eine ruhigere Ecke Raumes zu begleiten. Die Drei setzten sich an einen kleinen Tisch, an dem ein breitschultriger, gut gebauter Mann saß.
„Dies hier ist Kalle. Ich habe ihm bereits alles über euer Anliegen erzählt. Er wird euch mit seinem Segelboot nach Berol bringen.“ sagte Hein und zeigte auf den erfahren aussehenden Seemann.
„ Danke schön, das ist wirklich sehr nett von ihnen!“ bedankten sich die beiden.
Kalle sah die beiden grimmig an.
„Bedankt euch bei mir, wenn wir Berol lebend erreicht haben. Die See vor der Insel ist launisch und stürmisch. Viele Boote, die nach Berol aufgebrochen sind, wurden nie wieder gesehen. Es wird eine harte und gefährliche Überfahrt und ich kann für nichts garantieren. Ich hoffe nur, dass ihr einen wirklich wichtigen Grund dafür habt, nach Berol reisen zu wollen. Wenn mich Hein nicht ausdrücklich gebeten hätte euch zu fahren, dann würde ich es nicht tun!“ sagte er mit harter, rauer Stimme.
Die beiden Gefährten sahen sich besorgt an. Was Kalle gerade gesagt hatte, beunruhigte sie noch viel mehr, als sie die Sache mit der erneuten Schifffahrt sowieso beunruhigte.
„Ja, es ist wichtig. Es hängt mehr davon ab, dass wir diese Insel erreichen, als wir euch sagen können. Und wenn es nicht so wichtig wäre, dann würden wir euch nicht in diese Gefahr bringen.“ sagte Mugel nach einer kurzen Pause.
Kalle nickte ihm, ohne seine grimmige Mine zu verziehen, zu.
„Also gut. Wir stechen morgen früh mit der Flut in See!“ sagte Kalle, stand auf, und verschwand so schnell, dass die beiden Freunde nichts mehr sagen oder fragen konnten.
„ Macht euch keine Sorgen. Wenn es einer fertigbringt, die Insel unbeschadet zu erreichen, dann ist es Kalle. Er ist der beste Seemann hier im Dorf und er hat bereits alle Weltmeere besegelt. Ich zeige euch jetzt euer Zimmer. Dort könnt ihr euch ausruhen. Die Überfahrt könnte anstrengend werden. Kommt!“ sagte Hein und ging eine Treppe im Haus nach oben.
Himbi und Mugel folgten ihm. Zielstrebig führte Hein sie in ein kleines Gästezimmer, in dem drei frisch bezogene Betten standen.
„So, jetzt ruht euch erst einmal aus. Morgen wird ein anstrengender Tag!“ sagte Hein und schloss die Tür, als seine Gäste den Raum betreten hatten.
„ Danke Hein, danke für alles!“, sagte Himbi, doch Hein winkte bloß mit einem flapsigen Lächeln ab und schloss dann endgültig die Tür.
Sie waren froh, dass diese Menschen hier so gastfreundlich waren. Als sie nach all den Stunden endlich allein waren, spürten sie ihre müden Glieder und Knochen umso stärker. Müde ließen sie sich auf ihre Betten fallen. Doch trotz ihrer Müdigkeit machten sie in dieser Nacht kaum ein Auge zu. Die Gedanken an den morgigen Tag machten ihnen schwer zu schaffen. Immer wieder stellten sie sich vor, wie die riesigen Meeresbewohner, dessen Kiefer den Saal dieses Hauses schmückten, erst ihr Boot zum Kentern brachten, um sie dann mit sich hinab in die Tiefen der kalten und schwarzen See zu ziehen.
Im ewigen Eis
Früh am Morgen wurden Himbi und Mugel jäh aus ihrem unruhigen Schlaf gerissen. Vorsichtig rüttelte Hein an ihren Betten.
„ Aufstehen ihr Schlafmützen. Die Flut hat gleich ihren Höhepunkt erreicht. Es ist an der Zeit, dass ihr euch fertigmacht. Beeilt euch, und kommt dann herunter. Es gibt noch Frühstück, bevor ihr geht!“ sagte er mit seiner kräftigen Stimme, und verließ dann wieder das Zimmer.
Verschlafen sah Himbi Mugel an. Ihm war es offenbar genauso ergangen wie ihm. Die ganze, sowieso schon kurze Nacht, hatte er sich hin und her gewälzt.
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