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Polivka hat einen Traum (German Edition)

Polivka hat einen Traum (German Edition)

Titel: Polivka hat einen Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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Stranzers Körperhaltung wirkte anfangs noch gefasst und selbstbewusst, dann aber zunehmend bedrückt und unterwürfig. Sein heiseres Murmeln versiegte, bald schon stand er schweigend und gebeugt und nickte wie die kleinen Plüschhunde, mit denen in den späten Siebzigern die meisten Autohutablagen dekoriert gewesen waren.
    Es wurde kein langes Gespräch. Nach zwei Minuten kehrte Stranzer zu Sophie und Polivka zurück, zwar ohne Nicken, aber immer noch als Hund.
    «Es tut mir furchtbar leid, Herr von Trappenberg, aber ich habe beim besten Willen nichts ausrichten können. Mein Kunde … also meine anderen Geschäftspartner, die warten schon seit Wochen auf den heutigen Termin. Was uns betrifft, so könnten wir vielleicht noch morgen Vormittag …»
    «Unmöglich», fiel ihm Polivka ins Wort, «völlig unmöglich. Elsje kann Ihnen meine Agenda aufzählen, morgen bleibt mir kaum die Zeit zum Atmen. Aber», setzte er versöhnlich nach, «wir werden schon zusammenkommen, schließlich bin ich noch zehn Tage in Europa. Nächste Woche Straßburg, würde Ihnen das passen?»
    «Wunderbar!», rief Stranzer aus.
    «Dann rufe ich Sie an. Ich bräuchte dazu nur mein Handy wieder …»
    «Selbstverständlich, bitte um Verzeihung!» Stranzer streckte Polivka das Telefon entgegen.
    Der bedachte das Gerät mit einem liebevollen Blick, bevor er es in seine Hosentasche schob. «Ich weiß schon, dieses Ding ist reiner Schrott: ein kurzfristiger Notkauf. Leider ist mir nämlich vorgestern mit meinem Smartphone etwas Ähnliches passiert wie heut mit Ihrem. Allerdings war es kein Piper-Heidsieck, sondern eine Flasche Taittinger, soweit ich mich erinnere.»

    Ja, Polivka ist sehr zufrieden. Mit der Rechten streichelt er Sophies samtweiche Hand und mit der Linken seine Hosentasche: Wohlverwahrt steckt dort das Handy, dessen Speicher jetzt die Nummer des geheimnisvollen Omar birgt.
    «Wo darf ich Sie denn absetzen?», fragt Stranzer von vorne. «Ich muss, glaube ich, am Knoten Prater Richtung Norden abfahren.» Er streift den Chauffeur mit einem fragenden Blick und erntet ein wortloses Nicken.
    «Am Stadtpark. Hotel Intercontinental», sagt Polivka trocken.
    «Gut, okay. Dann … fahren wir eben einen kleinen Umweg.»

    Kurz nach sieben stehen Sophie und Polivka vor dem Hotel und schauen den Lichtern des Mercedes nach, die sich im Stau des frühen Abends mit zahllosen anderen vereinigen. Es wäre schön, denkt Polivka, wenn Herr von Trappenberg und Elsje Swanepoel jetzt an die Rezeption des Intercontinental treten würden, um sich ihren Zimmerschlüssel …
    «Schon ein bisschen schade, Friedhelm», unterbricht Sophie seine Gedanken, «dass wir keine Zeit haben, uns jetzt in unsere Suite zurückzuziehen.»
    «Und kein Geld», sagt Polivka. «Wir werden also schwarzfahren müssen, Fräulein Elsje.» Er verbeugt sich, bietet ihr den Arm, sie hakt sich unter, und gemeinsam queren sie die Straße, gehen hinüber zur U-Bahn-Station. Es hat zu nieseln begonnen.
    Auf der Fahrt bis zur Rossauer Lände schildert Polivka in kurzen Worten, was sich zwischen ihm und Stranzer zugetragen hat. Und er vermerkt mit stiller Freude, dass seine Geschichte bei Sophie auf Wohlwollen, Zustimmung, ja auf Begeisterung stößt.
    «Du hast den Scheißer hinters Licht geführt, sein Handy ruiniert und dich dafür auch noch von ihm nach Wien kutschieren lassen», meint sie lachend. «Polivka, vor dir muss man tatsächlich auf der Hut sein; du bist mit allen Wassern gewaschen.»
    «Ich hatte eine sehr charmante Lehrerin.»
    «Charmant? Wo ist sie? Zeig sie mir, ich kratze ihr die Augen aus.»
    «Das tust du nicht. Nicht diese Bernsteinaugen.»
    Gerade noch ein paar Sekunden Zeit für einen Kuss: Schon fährt der Zug in die Station Rossauer Lände ein.
    «Wir müssen raus», sagt Polivka.
    «Wohin denn eigentlich?» Sophie hält ihn am Jackenärmel fest. «Falls du in deine Wohnung willst: Die wird wahrscheinlich überwacht.»
    «Das glaube ich nicht. Noch nicht. Laut Stranzers Telefongespräch mit Gallagher besteigt der Brüsseler Killertrupp gerade erst den Abendflieger, und die Wiener Smart-Security-Solutions- Leute scheinen in der Sache ziemlich unbedarft zu sein.» Polivka zieht sein Handy aus der Hosentasche. «Ich will aber sowieso nicht in die Wohnung, sondern ins Präsidium. Nachdem der Stranzer so entgegenkommend war, uns Omars Nummer hier hineinzutippen, sollte der Polizeicomputer in der Lage sein, der Nummer einen Namen und dem Namen eine Postadresse

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