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Polivka hat einen Traum (German Edition)

Polivka hat einen Traum (German Edition)

Titel: Polivka hat einen Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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Österreich ist dafür eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten zu verhängen).
    Was also hat sich Polivka schon groß zuschulden kommen lassen? In erster Linie Folgendes:
    6. Nichterfüllung einer Dienstanweisung Oberst Schröcks. Nach österreichischem Recht kann dies zu einer Ermahnung, einer Abmahnung oder auch der sofortigen Kündigung führen.
    «Das Video», sagt jetzt Sophie, «zeig deinem Chef das Video.» Sie zieht Jacques’ Speicherkarte aus der Tasche.
    «Ah, Sie sprechen also Deutsch, Madame. Bemerkenswert. Nicht einmal sechs Prozent aller Franzosen beherrschen das Deutsche, während immerhin vierzehn Prozent aller Deutschen Französisch … Wie auch immer. Jedenfalls bin ich nicht hergekommen, um mit Ihnen fernzusehen.»
    «Aber Herr Oberst …», wagt Polivka einzuwerfen.
    «Herr Bezirksinspektor», schneidet Schröck ihm barsch das Wort ab, «ich will weder fernschauen noch mit Ihnen diskutieren. Ich bin nur hier, um Ihren Urlaub zu verlängern. Sagen wir, auf unbestimmte Zeit – am besten gleich für immer.»
    «Wenn Sie wüssten, Herr Oberst …»
    «Was ich weiß, genügt mir, Polivka. Ich weiß zum Beispiel, dass ich heut am frühen Nachmittag ein denkbar unerquickliches Telefonat mit unserem Polizeipräsidenten hatte. Warum unerquicklich? Weil ich mich von ihm darüber informieren lassen musste, dass sich einer meiner Mitarbeiter in gewisse internationale Angelegenheiten mischt, die seine jämmerlichen Kompetenzen mehr als überschreiten. ‹Mit Verlaub, Herr Präsident›, hab ich darauf gesagt, ‹der Polivka ist in Paris, als Krankenpfleger, Urlauber und Bräutigam.› Worauf mir der Herr Präsident – gewissermaßen durch den Hörer – mit dem nackten Hintern ins Gesicht springt. ‹Wenn Sie keine Ahnung haben›, brüllt er, ‹dass der Kerl gerade in Brüssel ist und sich dort aufführt wie ein Elefant im Porzellanladen, dann sollten Sie sich auf der Stelle überlegen, Ihren Hut zu nehmen! Oder glauben Sie, ich lass mich vom Innenminister zur Sau machen, weil meine Dienststellenleiter ihrer Arbeit nicht gewachsen sind?›»
    «Vom Innenminister», murmelt Polivka. Sein Schädel arbeitet auf Hochtouren. Kann es sein, dass Tilman Stranzer beim Minister interveniert hat? Dass er die Farce von Herrn von Trappenberg und Elsje Swanepoel bereits durchschaut, die beiden als Sophie und Polivka identifiziert und geradewegs im Ministerium angerufen hat? Nein, dazu ist seit dem Abschied vorm Hotel zu wenig Zeit vergangen. Stranzer kann noch nicht einmal ein neues Handy haben, abgesehen davon, dass der arme Schröck ja schon am frühen Nachmittag vom Polizeipräsidenten aus seinem beschaulichen Dauerzustand gerissen wurde. Auch John Gallagher scheidet als Aufwiegler aus: Der Chef einer Brüsseler Sicherheitsfirma mag sich vieles leisten können, aber bestimmt keine dreiste Einflussnahme auf ein österreichisches Regierungsmitglied. Nein, einen Minister kann man sich nur leisten, wenn man selbst den Spitzen der Gesellschaft angehört …
    «Um es kurz zu machen, Polivka», schnarrt Schröck jetzt weiter, «weder unser Herr Minister noch unser Herr Präsident wollen über Ihre Blödheit stolpern. Schließlich hat man eine Familie zu ernähren. Auch ich … Na ja, zumindest eine Katze. Irgendwer wird aber stolpern müssen, Herr Bezirksinspektor. Also schlag ich vor, Sie räumen jetzt in aller Ruhe Ihren Schreibtisch aus. Dann Urlaub, wie gesagt, und so in ein, zwei Monaten, wenn Gras über die Angelegenheit gewachsen ist, versetze ich Sie in den Innendienst. Und bittschön keine Widerrede: Wenn sich Ihre reizende Frau Mutter nicht wie eine Löwin für Sie eingesetzt hätte, könnten Sie sich heut noch bei der Post bewerben.»
    «Meine … Meine Mutter ?» Polivkas Verdauungsfeuer, von der Standpauke des Obersten zu einem Schwelbrand angefacht, lodert nun vollends auf. «Was soll das heißen, meine Mutter!»
    «Spielen S’ mir da jetzt nicht den wilden Mann», gibt Schröck unwirsch zurück. «Nachdem Sie es ja vorgezogen haben, durch die Weltgeschichte zu flanieren und auch auf Ihrem Handy nicht erreichbar waren, hab ich die Klinik ausfindig gemacht, in der der Hammel liegt – Ihr schwer verwundeter Kollege, falls Sie sich an ihn erinnern. Irgendjemand muss sich schließlich um ihn kümmern. Also ruf ich in Paris an, lass mich von der Concierge ins Krankenzimmer durchstellen, und wer geht dort an den Apparat?»
    Polivka schweigt – Schröcks Frage ist ja sowieso eine rhetorische

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