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Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen

Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen

Titel: Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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einer Kleinstadt vor den Toren Krakaus, steht sein Geburtshaus.
     Mittlerweile ist aus ihm ein kleines Museum geworden, das täglich fast 2 000 Menschen aufsuchen. Umsäumt von Kitschläden,
     in denen man Rosenkränze aus Plastik, Papstbilder, Papstuhren und Papst-DVDs erstehen kann, werden eine alte Skiausrüstung
     Wojtyłas, seine zerbeulte Suppenschüssel, Holzstifte und ein Nachttischlämpchen ausgestellt. Daneben eine Flut von Soutanen.
     In der Basilika auf dem Marktplatz, in der man Wojtyłas Taufbecken bewundern darf, prangt ein übergroßes Konterfei des Papstes,
     eingefaßt in einen mächtigen Goldrahmen. »Lolek« (Lut scher ), |153| so nennen die Einwohner von Wadowice ihren berühmtesten Sohn. Das war einst der Kosename des Jungen mit dem runden Gesicht.
     Von der Kirche hat man einen guten Blick auf das Rathaus. Es ist mit einem riesigen Banner verziert: »Die Stadtverwaltung
     von Wadowice glaubt immer an Johannes Paul II.«
    Ein jeder in Polen kann einem erzählen, weshalb die katholische Kirche so wichtig ist. Die schwarze Madonna in Tschenstochau
     hat das Invasionsheer der Schweden 1655 abgewendet, so die Legende. Als Polen zwischen 1795 und 1918 unter Preußen, Österreich
     und Rußland aufgeteilt war, hat die Kirche die imaginäre Nation zusammengehalten. Polnische Priester kämpften schon 1920 mit
     der Waffe in der Hand gegen die Rote Armee, dann gegen den nationalsozialistischen Terror. Johannes Paul II. schließlich wurde
     zum Sinnbild des Widerstandes gegen die Kommunisten.
    Als die Demokratisierung Polens einsetzte, hat die katholische Kirche langjährige Forderungen durchsetzen können: das Verbot
     der Abtreibung, die Einführung des Religionsunterrichts sowie die Rückgabe ihres enteigneten Grundbesitzes. Nur die Bevölkerung
     spielte nicht mehr mit, wählte sogar 1995 einen früheren Kommunisten, Aleksander Kwaśniewski, zum Staatspräsidenten. Selbst
     Sonntagsmessen verzeichneten Mitte der 90er Jahre einen Besucherrückgang. Polen schien einer weitgehenden Säkularisierung
     anheimzufallen.
    Doch etwas hat sich in diesem Land verändert. Der |154| katholische Wertekanon ist mittlerweile massiv zurückgekehrt, mitsamt einer klerikal angehauchten Regierungspartei und dem
     Erfolg des Radiosenders
Radio Maryja
, der bisweilen antijüdische Propaganda schürt und besonders auf dem Land jede Eckkneipe beschallt. Selbst der Vatikan bekämpft
     ihn mittlerweile mit Verve.
    Das alles hat nichts mit meinem Papst zu tun. Mein Papst war der Papst des Dorfes, in dem ich die Sommermonate meiner Kindheit
     verbrachte. Mein Papst war die Ordnungsmacht meiner Großeltern, er verschmolz mit Biskupiec, dem Ort, in dem die Nächte so
     dunkel waren wie an keiner anderen Stelle des Globus, von keiner Leuchtreklame an Hauswänden und von keiner Straßenlaterne
     war Biskupiec in meiner Erinnerung jemals beschienen. Nur der Papst blickte auf die Menschen herab, und zwar sehr milde. So
     sehr waren sie sich seiner Gnade gewiß, daß sie sündigten, gerne und häufig.

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IN KRAKAU
    ICH BIN DER EINZIGE BESUCHER. Von Raum zu Raum, an Wärtern vorbei, Rüstungen passierend, suche ich sie. Bis ich sie entdeckt
     habe. Eine junge Frau mit blassem Gesicht, die langen Haare streng vom Mittelscheitel weggekämmt. Eine Perlenkette, die sich
     um ihren Hals windet, und das schlichte, gleichwohl edle Gewand lassen an eine Hofdame denken.
    Sie blickt an mir vorbei, ein Raubtier, ein kleines Hermelin, auf ihrem linken Arm tragend. Der weiße Winterpelz des Tieres
     verspricht, das besagt die Mythologie, Reinheit und Unschuld. Doch das schlangenartige Wesen mit dem spitzen Kopf, den winzigen
     schwarzen Augen, kleinen Ohren und Krallen, die sich in ihrem Gewand verhaken, ist teuflisch. Man ahnt es, sieht vor dem geistigen
     Auge, wie es sich jeden Augenblick recken könnte, zum Biß bereit. Sein weißer Pelz verdeckt die schwarze Seele, das Hermelin
     ist ein Sinnbild der Verstellung.
    Warum nur streichelt die junge Frau es so zärtlich mit ihrer Rechten? Während sie gelassen zur Seite |156| blickt, gebannt, mit freundlichen Augen. Das Tier, das so bedrohlich wirkt, trägt sie wie beiläufig, als sei es ein Schoßhund.
     Lächelt sie? Ja, aber es ist nur der Hauch eines Lächelns, dem Lächeln der Mona Lisa verwandt.
    Die Frau ist Cecilia Gallerani und wurde von Leonardo da Vinci Ende des 15. Jahrhunderts porträtiert. Am Hof von Ludovico
     Sforza in Mailand, einem intriganten Herrscher, der ein

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