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Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen

Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen

Titel: Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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Auftraggeber Leonardos war. Und Cecilia war Ludovico Sforzas Geliebte.
     Sie mochte 20 Jahre alt sein, kaum älter, als sie von Leonardo in ein Bild gebannt wurde, das heute im Czartoryski Museum
     in der Krakauer Altstadt hängt: ein frühes, ein bekanntes Kunstwerk der Renaissance.
    Oft passiert es, daß die Vorfreude auf ein Ereignis uns täuscht und wir ernüchtert sind, sobald es eintritt. Cecilia enttäuscht
     mich nicht, auch wenn sie an mir vorbeischaut, den Betrachter mißachtend. Ihr Bild prägt sich sogleich ein, in der Unruhe,
     das es in sich birgt, changierend zwischen Gefahr und Frieden, und einmal mehr, auch hier in Krakau, zwischen Schuld und Unschuld.
    Tagelang hatte ich in Krakau nur den Papst vor Augen. Jetzt recherchiere ich nicht mehr, suche nicht mehr, lasse mich treiben.
     Wie am ersten Tag meiner Reise, als ich in der Krakauer Kneipe Piękny Pies den Tango entdeckte, den Tanz der ungleichen Zeit,
     des Abschieds und der Wiederkehr, der Nähe und Ferne. Und |157| wie ein Tanz erscheint mir, aus dem kleinen Museum tretend, meine bisherige Reise. Nie sind Gegenwart und Vergangenheit eins;
     wie Tangopartner, die sich in eigenmächtigen, voneinander wegstrebenden Bewegungen verlieren, klaffen sie auseinander und
     sind doch miteinander verbunden: Die neuerlichen Begegnungen mit Tadek und Grażyna haben die trügerische Erinnerung an meine
     polnische Vergangenheit aufgeweckt, spuken immer wieder hinein in die Gegenwart.
    Ich wollte von Polen lange Zeit nichts wissen, und suche in diesem Land nun wieder nach polnischen Wörtern, vergessenen Wörtern,
     an die ich mich plötzlich erinnere. Es gibt nun Gespräche, da erkennt man meinen deutschen Akzent erst spät. Jetzt, in Krakau,
     ist Deutschland weit entfernt, selbst die deutsche Sprache, da ich beginne, auf polnisch zu denken, scheint zu verblassen.
    Die Renaissance, die Wiedergeburt. Sie ist in der gesamten Stadt gegenwärtig. Doch anders als in Warschau ist es nicht die
     Phantasmagorie der Warenwelt, die eine Renaissance erlebt, sondern die Renaissance selbst. Als Epoche. Die Zeit, in der Krakau
     der Mittelpunkt der Welt war, Hauptstadt Polens bis 1596 und Zentrum des mächtigsten Staates Europas. Damals, als Polen sich
     mit Litauen verband. Der Einfluß von Polen-Litauen reichte vom Baltischen zum Schwarzen Meer, von der Adria bis vor die Tore
     Moskaus. Es war die Zeit, als italienische Künstler und Handwerker nach Krakau zogen. Und der |158| Staat, die Adelsrepublik mit Gewaltenteilung, griff der Moderne weit vor.
    Der überreizte Prunk, die blendende Verschwendung, der alte Reichtum, sie kehren zurück, strahlen einen an, seitdem die Stadt
     nach der Wende aufwendig renoviert wurde. Keine Bausünde im Stadtbild, statt dessen feingliedrige Ornamente an üppig verzierten
     Aristokratenhäusern, die Gassen, nach Heiligen benannt, stoßen auf den riesigen Marktplatz mit dem Marktgebäude in seiner
     Mitte, den Tuchhallen, in deren hoch aufschießenden Gewölben heute nur noch billiger Ramsch feilgeboten wird: Schachspiele
     aus Taiwan, glitzernde Papstuhren und gläserne Perlenketten.
    Zu jeder vollen Stunde ertönt auf dem Platz ein Trompetensignal, das jäh abbricht. Es erinnert an einen Wächter der Kirche,
     der von einem tatarischen Pfeil niedergestreckt wurde. Es gibt auch eine andere Erzählung zu der unvollkommenen Melodie: Die
     Marienkirche hat zwei Türme, die unterschiedlich hoch sind. Zwei Brüder hätten sie errichtet, und der eine habe dem anderen
     im Wettstreit, damit dessen Turm in jedem Fall kleiner bliebe, einen Pfeil durch den blanken Hals geschossen. Von einem Turm
     zum anderen.
    Gebrochen wird die museale Illusion Krakaus durch die Flut der immer gleichen Jeans- und Uhrenläden, durch Schuhgeschäfte
     und Fast-Food-Ketten, die sich über die Stadt ergießen. In kommunistischer Zeit wurde die Stadt durch Rauchschwaden verrußt,
     die aus dem |159| Industrieviertel Nowa Huta jahrzehntelang hierherzogen und die Substanz der Altstadt angriffen. So verdeckte der Kommunismus
     mit seinen giftigen Abgasen das aristokratische Erbe eine Zeitlang. Doch oftmals schon war Krakau dem Untergang geweiht und
     überlebte immer wieder die drohende Zerstörung. Als die Hauptstadt nach Warschau verlegt worden war, verarmte und entvölkerte
     sich Krakau. Und als der Zweite Weltkrieg dem Ende entgegeneilte, legten die Nazis Sprengkörper in die Kellergewölbe, um sie
     in die Luft zu jagen. Doch die Rote Armee kam ihnen zuvor.
    Damit

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