Polt - die Klassiker in einem Band
Vordergrund stehen, doch auch diese hatten etwas Paradiesisches an sich. Das lag natürlich vor allem an Amalie Pröstlers Kochkunst, die an diesem Tag, und an sonst keinem im Jahr, allen gehörte, eine großzügige Spende in des Pfarrers darbende Schatulle vorausgesetzt.
Diesmal hatte Virgil Winter seinen Garten geöffnet, um Frieden zu stiften. Sein Vorhaben war gleichzeitig gelungen und gescheitert. Das Leben war offensichtlich auch im ruhigen Wiesbachtal komplizierter, als es schien.
Heinz Hafner, dieser schwer begreifliche Mensch, und die Pfarrersköchin, Heinz Hafner und Grete Hahn, Karin Walter und Franz Fürst, Karin und Simon …, da sollte sich einer auskennen mit den Weibern.
Und dann noch Firmian mit seinem Lichtspieltheater. Polt hätte ihn gerne angerufen, um sich für den Hinweis auf das Preßhaus zu bedanken, doch ein Telefon konnte sich der Mesner nicht leisten. Erstaunlich, daß er alles mit heiterer Miene hinnahm. Bestimmt war auch Lebenslüge dabei, na ja, bei wem nicht. Polt kraulte Czernohorsky, der sich lautlos, aber gewichtig auf seinen Knien niedergelassen hatte, hinter dem rechten Ohr, schloß die Augen und dachte an ein dicht umwuchertes kleines Preßhaus. „Das wird was werden!“ murmelte er.
Am folgenden Morgen ließ sich Polt viel Zeit. Sein Nachtdienst begann erst um sechs. Nach dem Frühstück schlenderte er zur Raiffeisenkasse, hatte dort ein vertrauliches Gespräch mit dem Filialleiter und verließ das Institut mit einem wohlgefüllten Kuvert in der Hand. Sein nächstes Ziel war das kleine Haus von Firmian Halbwidl. Polt klopfte ans Fenster, hörte Geräusche, dann wurde die Hoftür geöffnet.
„Hereinspaziert, Simon!“ Polt folgte Firmian in eine altmodische Küche. „Jeder Komfort!“ Der Mesner zeigte lachend auf den fleckigen, nassen Verputz. „Sogar Fließwasser – an den Wänden.“
Polt griff ins Kuvert, zog einen blauen Schein heraus und gab ihn dem Mesner. „Recht so? Und vielen Dank für die Vermittlung. Hat schon geklappt!“
Firmian schob den Geldschein in seine Hosentasche. „Na, du hast es aber eilig. Und hoffentlich verdirbt der plötzliche Reichtum nicht meinen Charakter.“
Drei Tage später schaute Polt zum Burgheimer Kirchturm hinauf. Die große Uhr zeigte ein paar Minuten vor neun. Der Gendarm war um zwei große, aus Eisen geschmiedete Schlüssel reicher und um eine runde Summe Geldes ärmer. Hermi Petz und Peter Reiter hatten sich schon verabschiedet, und das war gut so. Polt wollte allein und ungestört sein. Bedächtig fuhr er los.
Oft und oft war er mit dem Fahrrad zur Burgheimer Kellergasse unterwegs gewesen, doch diesmal war alles anders. Er kam nicht als Besucher, sondern als einer, der hier begütert war. Einem Weinbauern mochte dieser Gedanke lächerlich erscheinen. Doch die siebenundfünfzig Quadratmeter, die Simon Polt soeben erworben hatte, bedeuteten, daß er erstmals in seinem Leben Grund und Boden besaß, ein eigenes Dach über dem Kopf und einen eigenen Keller darunter. Sein Vater war gezwungen gewesen, den Bauernhof und die Weingärten zu verkaufen. Der Sohn kaufte. Natürlich war ein Preßhaus kein Wohnhaus und schon gar kein Indiz für satten Wohlstand. Aber Polt war es, als stünde er nunmehr fester auf einem Boden, den er sehr mochte.
Die Burgheimer Kellergasse war eine der längsten im Lande. Polts Preßhaus stand als letztes in der Doppelreihe von hunderten kleinen, weiß gekalkten Gebäuden. Dahinter gab es nur noch ein paar Bäume und weithin offenes, unbebautes Land. Es war ein guter Platz für den Ignaz Reiter gewesen, eigensinnig und verschroben, wie er war, und es würde ein guter Platz für Simon Polt werden.
Auf halber Höhe der Kellergasse sah der Gendarm die Tür des Höllenbauer-Preßhauses offenstehen. Einerseits war er ungeduldig und erwartungsvoll, andererseits wollte er seinem Freund wenigstens Grüß Gott sagen und ihn vielleicht auch um Wein bitten, für später.
Ernst Höllenbauer war eben dabei, Flaschen zu verkorken. „Hallo, Simon. Den Großteil erledigt neuerdings die Maschine der Gutsverwaltung in ein paar Stunden. Aber den Meßwein fülle ich noch selbst ab, so viel trinkt der Herr Pfarrer auch wieder nicht. Na, und was ist mit deinem Preßhaus? Alles unter Dach und Fach?“
„Ja. Ein seltsames Gefühl für mich.“
„Du bist ja auch ein seltsamer Weinbauer, ohne Wein.“
„Ein würdiger Nachfolger vom Ignaz Reiter. Die paar Liter, die der zusammengebracht hat, haben wohl nicht einmal
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